Gibt es wegen des Sturmgewehrs G36 bald einen Untersuchungsausschuss? Foto: dpa

In der G36-Affäre wird ein Untersuchungsausschuss wahrscheinlicher. Ministerin von der Leyen sperrt sich nicht dagegen - und räumt ein pikantes Zusammenspiel in ihrem Haus ein.

Berlin - Die Affäre um das umstrittene Sturmgewehr G36 wird voraussichtlich von einem Untersuchungsausschuss durchleuchtet. Die Grünen-Fraktion im Bundestag forderte am Donnerstag eine parlamentarische Untersuchung. Zuvor war bekanntgeworden, dass der Hersteller Heckler & Koch und Beamte des Verteidigungsministeriums Ende 2013 wegen negativer Medienberichte über das Gewehr versucht hatten, den Militärischen Abschirmdienstes (MAD) einzuschalten.

Dabei ging es auch darum herauszufinden, welche Beamten des Ministeriums Informationen zu dem Gewehr an Journalisten weitergegeben hatten. Der damalige Präsident des MAD, Ulrich Birkenheier, hatte dieses Ansinnen damals zurückgewiesen. Die Linkspartei zeigte sich offen für den Vorschlag der Grünen, bat aber noch um Bedenkzeit. „Wir sind noch mitten im Selbstfindungsprozess“, sagte ein Verteidigungspolitiker der Linken. Der Verteidigungsausschuss des Bundestages kann sich seit der Stärkung der Minderheitenrechte im vergangenen Jahr als Untersuchungsausschuss konstituieren, wenn die Ausschussmitglieder der Opposition dafür stimmen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte: „Wenn sich das Parlament dieser Angelegenheit im Rahmen eines Untersuchungsausschusses annehmen möchte, ist dies sein gutes Recht.“ Gleichzeitig trat sie Kritik der Opposition an ihrem angeblich mangenden Aufklärungswillen entgegen.

Von der Leyen betonte, sie habe den Parlamentariern bereits Tausende Seiten Akten übersandt und zwei Kommissionen unter unabhängiger Führung eingerichtet, um den gesamten Sachverhalt rund um das G36 aufzuklären. Außerdem sei der Abteilungsleiter, der damals an den MAD-Präsidenten geschrieben hatte, inzwischen seines Postens enthoben. Es sei gut und richtig gewesen, dass Birkenheier das „absurde Ansinnen“ des Ministerialbeamten abgelehnt habe.

Das G36 ist das Standardgewehr bei der Bundeswehr

Aus Sicht der Grünen ist das nicht genug. „(Ex-Verteidigungsminister Thomas) De Maiziere und von der Leyen müssen dazu klar Stellung nehmen, ihr Versagen muss aufgeklärt werden“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. „Es ist eine besondere Frechheit, dass offensichtlich gegenüber dem Parlament jahrelang die Unwahrheit gesagt worden ist“, fügte er hinzu.

Von der Leyen hatte im vergangenen April erklärt, das G36 habe wegen mangelnder Treffsicherheit in der Bundeswehr keine Zukunft. Experten haben eine Studie vorgelegt, nach der die Trefferquote des G36 bei extremer Erhitzung von den erforderlichen 90 auf nur noch 7 Prozent sinkt. Ähnlich schlechte Ergebnisse gab es unter Dauerfeuer.

Das Sturmgewehr ist das Standardgewehr der Bundeswehr. Nach bisherigen Erkenntnissen gab es Hinweise auf die Hitzeproblematik beim G36 schon unter von der Leyens Vorgänger de Maizière.

Der Waffenhersteller Heckler & Koch betonte, er habe nicht versucht, Journalisten im Zusammenhang mit dem Sturmgewehr G36 auszuspähen. „Heckler & Koch hat zu keinem Zeitpunkt die Ausspähung von Journalisten gefordert oder forciert“, teilte das Unternehmen in Oberndorf mit. Es habe keine gemeinsame Operation mit dem Verteidigungsministerium initiiert, um Berichterstattung über das Sturmgewehr G36 zu unterbinden.

Das Nachrichtenportal „Spiegel Online“ hatte berichtet, führende Beamte des Verteidigungsministeriums hätten Ende 2013 in enger Absprache mit Heckler & Koch versucht, kritische Berichterstattung über das Gewehr mit allen Mitteln abzuwürgen.