Flüchtlinge auf dem Mittelmeer: Die G20-Afrika-Initiative soll das Leben der Menschen verbessern, damit sie bleiben können, wo sie sind. Foto: ANSA

Deutschland will im Rahmen einer G20-Initiative private Investitionen in Afrika stärken. Denn bis 2050 dürfte sich die Bevölkerung Afrikas verdoppeln. Wenn die Wirtschaft nicht wächst und Jobs rar bleiben, sei mit neuen Flüchtlingsströmen zu rechnen, so die Kanzlerin.

Berlin - Es war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Afrika zum Schwerpunkt der diesjährigen G20-Präsidentschaft Deutschlands machte. Nun soll also geliefert werden. Auf einer zweitägigen Afrika-Konferenz in Berlin, die am Montag begann, wurden G20-Reformpartnerschaften mit fünf ausgewählten afrikanischen Ländern vereinbart, weitere stehen auf der Warteliste. Knapp vier Wochen vor dem G20-Gipfel in Hamburg nutzte Kanzlerin Angela Merkel das Stelldichein zahlreicher Staats- und Regierungschefs außerdem zu vertraulichen Gesprächen mit mehreren afrikanischen Staatschefs in Berlin, unter anderem mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und dem Vorsitzende der Afrikanischen Union, Guineas Staatspräsident Alpha Condé.

Mit der aktuellen Afrika-Initiative soll die wirtschaftliche Entwicklung in reformwilligen Ländern vorangetrieben werden. Um das zu schaffen, seien vor allem private Investitionen notwendig, so die Haltung der Bundesregierung. Diese scheiterten allerdings noch zu häufig an wenig verlässlichen Rahmenbedingungen, so die Analyse. Misswirtschaft, Korruption, Bürokratie, aber auch Probleme bei der Kreditvergabe und eine in weiten Teilen rückständige Infrastruktur hemmten das dringend notwendige Wirtschaftswachstum. Dem zu begegnen ist das Ziel der G20-Afrika-Partnerschaft („Compact with Africa“), ein Konzept, das im Finanzministerium maßgeblich entwickelt wurde. Die Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien sind die ersten fünf Kandidaten. Ghana und Äthiopien dürfen sich berechtigte Hoffnung machen.

Die Sache ist keineswegs selbstlos, daraus macht die Bundesregierung keinen Hehl. Die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas müsse unbedingt mit dem rasanten Bevölkerungswachstum Schritt halten, sagte Angela Merkel bei der Eröffnung der Konferenz. Andernfalls, so ihre Prognose, würden fehlende Perspektiven die Jugend zur Flucht bewegen, um sich „woanders auf der Welt ein Leben zu suchen“, so Merkel. Es sei dies deshalb der Versuch, „auch den Migrationsdruck zu mindern“, heißt es im Kanzleramt.

Der Auswahlprozess war alles andere als transparent. Die Afrikanische Entwicklungsbank, die Weltbank und der Weltwährungsfonds hätten mit interessierten afrikanischen Ländern zunächst einmal auf die Situation in den jeweiligen Ländern zugeschnittene Konzepte entwickelt, die dann den G20-Partnern vorgelegt worden seien, hieß es zum Verfahren im Bundesfinanzministerium. Diese drei Organisationen sollen auch für das Monitoring zuständig sein. Halbjährlich sollen Prüfberichte erstellt werden, allerdings ist nichts darüber bekannt geworden, welche Sanktionen bei Verstößen gegen Vereinbarungen drohen.

300 Millionen Euro Entwicklungshilfe

Tunesien, die Elfenbeinküste und Ghana werden vom Entwicklungsministerium über die Compact-Initiative hinaus speziell gefördert. Schwerpunkte dieser Unterstützung sollen der Ausbau erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Entwicklung des Finanz- und Bankensektor sein. Die drei Länder dürfen sich über 300 Millionen Euro aus dem so genannten „Marshall-Plan“ des Entwicklungsministeriums für Afrika freuen, mit denen die Reformvorhaben unterstützt werden sollen.

Weitere Länder seien an G20-Partnerschaften interessiert. Gut möglich, dass bereits bei der Herbsttagung der G20-Finanzminister weitere Vereinbarungen unterzeichnet würden, hieß es im Bundesfinanzministerium. „Die Weltgemeinschaft hat ein Interesse daran, dass Afrika eine bessere wirtschaftliche Entwicklung nimmt“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Man wolle den afrikanischen Ländern eine Plattform bieten, um auf Investoren zuzugehen und so das Engagement des privaten Sektors in Afrika zu steigern.

Entwicklungshilfeorganisationen kritisierten das Konzept. Oxfam monierte, dass durch die Fokussierung der G20-Staaten auf private Investoren allein deren Interessen berücksichtigt würden. Es sei außerdem ein Unding, dass die Zivilgesellschaft nicht bei der Entwicklung der Konzepte eingebunden werde. Planungssicherheit bei Investitionen sei sicher wichtig, aber im Zentrum aller Überlegungen müssten die Menschen stehen.