Andreas Beuth, Versammlungsleiter der umstrittenen Demonstration „Welcome to Hell“, spricht im Millerntor-Stadion mit Journalisten. Foto: dpa

Für tausende Journalisten aus aller Welt gibt es in den Hamburger Messehallen ein Pressezentrum. Im Millerntor-Stadion, nicht weit entfernt, organisieren G20-Kritiker ein alternatives Medienzentrum.

Hamburg - Viele Menschen eint der Frust darüber, dass der G20-Gipfel in Hamburg stattfindet. Dazu gehört der Medienwissenschaftler Oliver Leistert. Als „kolossale Fehlentscheidung“ bezeichnet er die Veranstaltungen mitten in der Innenstadt. Deshalb hat er zusammen mit rund 480 anderen das alternative Pressezentrum auf die Beine gestellt, das im Bauch des Millerntor-Stadions zu finden ist – der Heimat des FC St. Pauli.

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Während der G20-Woche ist ein Teil des Stadions Anlaufstelle für Journalisten, Blogger und Aktivisten. Die Idee dahinter: beim Gipfel eine kritische und pluralistische Medienberichterstattung zu gewährleisten. „Wir wollen ein Zeichen der Hoffnung setzen, dass kritischer Journalismus möglich ist“, sagt Oliver Leistert. Deshalb gibt es im Zentrum drei voll ausgestattete Studios, Arbeitsplätze mit Strom- und Internetanschluss, Versorgung mit Essen und Trinken – und das kostenlos.

Sammelplatz für Journalisten, Blogger und Aktivisten

Bisher haben sich mehr als tausend Freiberufler, Redakteure und Medienaktivisten beim Medienzentrum akkreditiert. Die Krise, die der Journalismus heute erlebt, sei ebenfalls Ausgangspunkt für das Zentrum gewesen. „Viele Journalisten, besonders Freiberufler, haben es schwer, sich heute über Wasser zu halten“, sagt Leistert. Mit dem Projekt soll ihnen die Möglichkeit geboten werden, mit ihrer Arbeit bei G20 dabei zu sein.

Das Zentrum soll laut Leistert vor allem eins sein: eine Plattform, die Menschen zusammenbringt, die dafür sorgen, dass man noch länger auf diesem Planeten leben kann. Neben den Arbeitsplätzen gibt es auf der Südtribüne des Stadions jeden Tag Pressekonferenzen mit verschiedenen Personen und Bündnissen, die in Hamburg aktiv sind.

„Natürlich ist das Projekt politisch“

„Zusammen sind wir wirkungsvoller, als wenn es viele kleine Pressekonferenzen gibt“, erklärt Leistert. Bei den Konferenzen kommen dann Bündnisse wie der Veranstalter der „Welcome to hell“-Demo zu Wort. Daneben vermitteln sie Interviewpartner und betreiben über ihre Website eine Art Nachrichtenticker. Als das Projekt im März entstand, war nur klar, dass etwas getan werden muss. In der Gruppe, die sich zusammenfand, waren viele Medien- und Kulturschaffende. Aufgrund der Zusammensetzung zeichnete sich schnell ab, was aus der Idee werden sollte: eine Alternative zum offiziellen Pressezentrums des Gipfels. „Dass Projekt ist dadurch entstanden, dass viele Leute keinen Bock auf G20 haben. Insofern – ja, das Projekt ist natürlich politisch“, sagt Leistert.

Finanziert wird das Projekt durch Spenden. Bis auf die Reinigungskräfte, die sich um die Sanitäranlagen kümmern, und die Sicherheitskräfte seien alle Mitarbeiter ehrenamtlich vor Ort. Das Projekt zeige auch, was in einer Solidargemeinschaft möglich ist. Der Kaffee kommt vom Hamburger Kaffeekollektiv, viele Geräte sind von Theatern, Firmen und Vereinen geliehen. Der FC St. Pauli habe sich bei der Vermietung der Räume sehr solidarisch gezeigt und verlange nur wenig. „Das Projekt ist vielleicht auch ein Ausdruck dafür, dass man nicht alles mit Geld machen muss“, sagt Leistert.