Luft für den libyschen Machthaber Gaddafi wird dünner. Er hat fast die ganze Welt gegen sich.

Deauville/Tripolis/Kairo - US-Präsident Barack Obama und sein französischer Kollege Nicolas Sarkozy beharren auf einem Rückzug des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi von der Macht. „Gaddafi muss gehen“, meinte Gastgeber Sarkozy am Freitag am Rande des G8-Gipfel im Seebad Deauville. „Die Libyer haben ein Recht auf Demokratie.“ Solange Gaddafi die Macht habe und auf Zivilisten schießen lasse, könne die Nato-Militäraktion in Libyen nicht beendet werden, pflichtete ihm Obama bei. Selbst Moskau schwenkte auf diese Linie ein: Falls ein Rücktritt Gaddafis zur Beilegung des Konflikts beitrage, werde Russland dabei helfen, erklärte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow nach Angaben der Agentur Interfax beim Gipfel.

Nato bombardierte erneut Tripolis

Die Nato bombardierte in der Nacht zum Freitag erneut die libysche Hauptstadt Tripolis. Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete, seien fünf starke Explosionen registriert worden. Es sei auch ein Areal getroffen worden, das von Gaddafi genutzt werde. Großbritannien entschied indes, Hubschrauber bei der Bekämpfung der Truppen Gaddafis einzusetzen, hieß es am Donnerstagabend in Regierungskreisen in London.

Auch Frankreich plant, wie schon früher angekündigt, die Entsendung von Kampfhubschraubern. Damit soll die Treffgenauigkeit der Angriffe gegen die Gaddafi-Truppen erhöht werden. Libyen und die seit mehr als zwei Monaten laufende Nato-Kampagne waren eines der wichtigeren Themen beim Treffen der großen westlichen Industriestaaten und Russlands im französischen Deauville. „Wir sind entschlossen, die Arbeit zu Ende zu bringen“, sagte US-Präsident Obama nach einem Gespräch mit Sarkozy. Auch die - von Russland mitgetragene - Abschlusserklärung des G-8-Treffens hält unmissverständlich fest: „Gaddafi (....) hat keine Zukunft in einem freien, demokratischen Libyen. Er muss gehen.“ Russland schloss sich damit erstmals dem internationalen Druck auf Gaddafi an. Das ergab sich auch aus den Äußerungen von Vize-Außenminister Rjabkow. Trage der Abgang Gaddafis zur Lösung des Konflikts bei, wolle Moskau dabei helfen, zitierte ihn die Agentur Interfax.

Moskau soll Gaddafi zum Gang ins Exil überreden

Erst Stunden zuvor hatte der libysche Ministerpräsident Al-Baghdadi Al-Mahmudi in einem Telefongespräch mit Außenminister Sergej Lawrow um Hilfe bei der Vermittlung eines Waffenstillstandes gebeten, verlautete am späten Donnerstagabend aus dem Kreml. Moskau möge bei „Verhandlungen ohne Vorbedingungen“ vermitteln, habe der libysche Regierungschef vorgeschlagen. Einem russischen Zeitungsbericht zufolge soll nun Moskau Gaddafi zum Gang ins sichere Exil überreden. Im Gegenzug werde dem Diktator freies Geleit zugesichert, schrieb die Zeitung „Kommersant“. Moskau pflegt gute Beziehungen zum Gaddafi-Regime, das einer der wichtigsten Käufer russischer Waffen ist. Dennoch hatte die UN-Vetomacht Russland die Resolution des Weltsicherheitsrates gegen Gaddafi durch Enthaltung ermöglicht. Die Situation erinnert Beobachter an die Rolle, die Moskau bei der Beendigung des Nato-Luftkriegs gegen das damalige Jugoslawien im Jahr 1999 spielte. Das nordatlantische Bündnis hatte damals sogar ohne Mandat des Weltsicherheitsrates und gegen den ausdrücklichen Willen Russlands Serbien und seine Truppen im Kosovo angegriffen. Schließlich war es aber Moskau, das den damaligen serbischen Machthaber Slobodan Milosevic zum Abzug aller Truppen aus dem mehrheitlich albanisch bevölkerten Kosovo überredete. Für einen reinen Waffenstillstand und Truppenentflechtungen dürfte es aber in Gaddafis Libyen längst zu spät sein.

Auf die diplomatischen Bemühungen Al-Mahmudis reagierte die Nato-Sprecherin Oana Lungescu am Freitag kühl. „Das (Gaddafi-)Regime hat früher ähnliche Erklärungen veröffentlicht und dann mit dem Beschuss von Zivilisten weitergemacht“, sagte sie vor Journalisten in Brüssel. Die Nato habe darüber hinaus Erkenntnisse, dass die Gaddafi-Truppen in der Nähe der Aufständischen-Enklave Misrata international geächtete Landminen ausgelegt hätten.