Der Ballzauberer von London: Mit der Form von Mesut Özil steht und fällt das Offensivspiel des FC Arsenal. Foto: Getty

Steueraffäre hin, Vertragspoker her – den deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil interessiert vor allem eines: der Titelgewinn mit Arsenal.

London - Mesut Özil hatte sich darauf gefreut. Sehr sogar, und das schon seit Wochen. Endlich wollte er mit seinem Kumpel Ilkay Gündogan nicht nur telefonieren, sondern ihn persönlich treffen. Doch nun fällt die erste Begegnung der beiden Westfalen mit türkischen Wurzeln auf einem englischen Fußballplatz aus. Gündogan hat sich verletzt und Özil ist nichts anderes anderes übrig geblieben, als seinem Nationalmannschaftskollegen die besten Genesungswünsche zu übermitteln.

Von London nach Manchester gingen diese, wo Özil an diesem Sonntag mit dem FC Arsenal antritt. Und auch wenn die beiden Kreativspieler aus Gelsenkirchen nicht miteinander auf dem Feld konkurrieren werden, so fehlt es dem Verfolgerduell bei ManCity nicht an Brisanz. Beide Teams sind hoch ambitioniert, beide Teams müssen aber darum kämpfen, nicht den Anschluss an den Spitzenreiter FC Chelsea zu verlieren.

„Die Liga ist noch lange und der Weg zur Meisterschaft weit“, sagt Özil, der davon überzeugt ist, dass die Titelvergabe in der Premier League diesmal über den FC Arsenal führt: „Diese Saison sind wir reifer und stärker als zuvor.“ Das hat der 28-jährige Techniker kürzlich bei einem Termin der Laureus-Stiftung, für die er als Botschafter tätig ist, in London ausgeführt. Und bis vergangenen Dienstagabend hätte dem Spielmacher auf der Insel niemand widersprochen. Doch dann kam das schwache 1:2 beim FC Everton – und schon stellt sich in England die Frage, ob die Mannschaft von Trainer Arsène Wenger in eine ihrer stets wiederkehrenden Krisen stürzt – oder ob die Gunners gleich nach der zweiten Saisonniederlage ihre ebenfalls stets wiederkehrende Zuversicht zurückgewinnen.

Das Spiel bei Manchester City ist enorm wichtig

Für Özil ist die Antwort klar: „Wir sind nicht nur als Team gewachsen, sondern man sieht, dass wir an uns glauben.“ Allerdings lässt sich das Ende aller Selbstzweifel nicht ausrufen, die neue Widerstandsfähigkeit muss schon demonstriert werden – gerade wenn es sich um so eine feinfüßige Elf handelt.

Das Spiel im Etihad Stadium bietet nun die vielleicht beste Gelegenheit, die These der ewigen Zerbrechlichkeit des Altmeisters von 2004 zu widerlegen. Denn es geht gegen ein Team, das sich mit seinem neuen Trainer Pep Guardiola ebenfalls dem filigranen Stil verschrieben hat. Bedingungslos, aber zuletzt hat ManCity eben nicht durch Konstanz geglänzt. Einem fulminanten Start folgte eine Reihe von Partien, die Zweifel an der Spielphilosophie des früheren Bayern-Coaches säten. Am Mittwoch gab es mit dem 2:0 gegen den FC Watford jedoch wieder einen Sieg zu verbuchen.

Ob der FC Arsenal nach zuvor 14 Spielen ohne Niederlage wieder in die Erfolgsspur findet, hängt auch an Özil. Wahrscheinlich hängt es sogar vor allem an Özils linkem Zauberfuß. Er ist schließlich der ungekrönte Vorlagenkönig. Schon vor einem Jahr hieß es, die Nummer elf der Londoner habe den inoffiziellen Bestwert (eine gesicherte Statistik gibt es nicht) von Juan Roman Riquelme übertroffen. Bei dem Argentinier wurden angeblich 181 Pässe gezählt, die direkt zu Toren führten. Bei Özil kommt man auf vergleichbar viele Vorlagen, die durch Treffer seiner Mitspieler veredelt wurden.

Der Vorlagenkönig will mehr Geld

Das ist auch sein Spiel – und sein Selbstverständnis. Immer den Blick für den Nebenmann haben und trotz aller individueller Klasse nie den Teamgedanken aus den Augen verlieren. In der laufenden Runde hat der Weltmeister in der Premier und Champions League aber auch schon neun Treffer selbst erzielt. Und diesen neuen sportlichen Wert für den Achtelfinalgegner des FC Bayern in der Königsklasse will er in einen höher dotierten Vertrag umgemünzt sehen. 300 000 Euro statt bisher 165 000 Euro pro Woche sollen aufgerufen sein.

Seit Monaten läuft der Poker, um das Arbeitspapier über 2018 hinaus zu verlängern. Was Wenger nervt. Denn der Trainer weiß, dass solche Konstellationen hemmen können. Zumal auch Torjäger Alexis Sanchez verhandelt und Özil noch die Steueraffäre aus seiner Zeit bei Real Madrid anhängt. Laut der Enthüllungsplattform „Football Leaks“ soll mächtig getrickst worden sein, um den spanischen Fiskus zu umdribbeln. Doch im Gegensatz zu seinem früheren Mitspieler Cristiano Ronaldo, der seine Vermögensverhältnisse für 2015 (227,2 Millionen Euro) offenlegte und sich wie „ein Unschuldiger im Gefängnis“ fühlt, schweigt Özil zu dem Thema. Er will lieber wieder seine Füße sprechen lassen.