Tausende Menschen nehmen Ende November 2016 in Medellin an einer Gedenkveranstaltung zu Ehren der bei einem Flugzeugabsturz verunglückten Spieler des brasilianischen Provinzclubs Chapecoense teil. Foto: dpa

Im November kam fast das ganze Team des brasilianischen Fußballclubs Chapecoense auf dem Weg nach Medellín ums Leben. Nun sind die neue Mannschaft und vier Überlebende die Route noch einmal geflogen.

Medellín - Jackson Follmann kann wieder lachen. „Hallo, meine Freunde in Medellín“, sagt er bei der Ankunft in der kolumbianischen Metropole. Was für Millionen Menschen tagtäglich nicht besonderes ist, die Ankunft an einem Flughafen, ist für den Brasilianer ein riesiger Schritt zur Bewältigung der größten Tragödie seines Lebens.

Vor fast einem halben Jahr, am 28. November 2016, lag Follmann 20 Kilometer entfernt in den Trümmern der abgestürzten LaMia-Maschine. Von 77 Passagieren überlebten nur sechs, darunter er, der 25 Jahre alte Ersatztorwart des brasilianischen Provinzclubs Chapecoense. Er verlor den rechten Unterschenkel und wird nie wieder Fußball spielen können.

Beim Landeanflug war die Maschine an einem Berg zerschellt, weil die Chartergesellschaft am Treibstoff gespart hatte. Es war kein Tropfen mehr im Tank, daher explodierte der Flieger beim Aufprall auch nicht.

Eine Woche zuvor hatte der Verein aus dem südbrasilianischen Chapecó den größten Erfolg der Vereinsgeschichte gefeiert. Der Club schaffte gegen San Lorenzo, den argentinischen Lieblingsclub von Papst Franziskus, den Einzug in das Finale der Copa Sudaméricana.

Auch der damalige Held, Torwart Danilo, der in der 95. Minute mit einer Glanzparade den K.o. verhindert hatte, starb beim Absturz. Der dritte Torwart, der zu Hause geblieben war, beendete seine Karriere.

Allein 19 Spieler kamen ums Leben, dazu Trainer, Betreuer, Flugbegleiter, Piloten und mitreisende Journalisten. Die ganze Welt nahm Anteil, im Sommer darf das neue Team von Chapecoense im Camp Nou gegen den FC Barcelona antreten. Der Finalgegner, Atlético Nacional aus Medellín, überließ „Chape“ damals den Copa-Titel.

Im Januar, beim ersten Spiel des neu formierten Teams, bekam Follmann den Pokal für den Chapecoense zugesprochenen Titel der Copa Sudaméricana überreicht - es ist der zweitwichtigste Clubwettbewerb in Südamerika und vergleichbar mit der Europa League. Follmann nahm unter Tränen den Pokal entgegen, hinter ihm standen die Witwen der beim Absturz gestorbenen Mitspieler und Betreuer mit ihren Kindern.

Die Geschichte seither ist eigentlich unglaublich, das Team spielt wieder, über 25 Spieler sind neu im Kader integriert worden. Follmann ist nun TV-Kommentator. Gerade hat „Chape“ die Regionalmeisterschaft des Bundesstaates Santa Catarina gewonnen. Die Rückkehr nach Medellín sah das Schicksal vor, weil Atlético der Gegner um den Supercup ist.

Zur Erklärung: In der ersten Jahreshälfte wird Südamerikas Champions League ausgespielt, die Copa Libertadores, die gewann Atlético. In der zweiten Hälfte wird dann die Copa Sudaméricana ausgespielt, wieder dominierte der kolumbianische Top-Club Atlético den Wettbewerb - den Titel bekam dann aber eben „Chape“ nach der Absturztragödie.

Damals trauerten im Stadion in Medellín 50 000 Menschen zu dem Zeitpunkt, als das Spiel steigen sollte. Das Supercup-Rückspiel am Mittwoch - das Hinspiel gewann Chapecoense 2:1 - ist Nebensache. Die medizinische Betreuung damals war bestens, Follmann und die ebenfalls angereisten überlebenden Spieler Alan Ruschel und Neto haben sich bei den Ärzten zum Besuch angekündigt, die damals ihr Leben retteten.

Sie trafen mit einem anderen Flieger kurz vor der Linienmaschine der Gesellschaft Avianca ein, hier war die neue Mannschaft an Bord. Bei der Ankunft wurde der Flieger mit Wasserfontänen von der Feuerwehr getauft, es wirkte wie eine symbolische Neu- oder Wiedergeburt.

Eine Ehrengarde schritt auf, noch auf dem Rollfeld wurden Erinnerungsfotos mit einer riesigen grün-weißen Vereinsfahne geschossen. Auch Rafael Henzel, der einzige Journalist, der damals überlebte, hat seine Angst überwunden und ist nach Medellín geflogen. Im Flughafen sagt er: „Wir sind so glücklich, nun zum ersten Mal hier anzukommen.“