Gegen Island verschießt Lionel Messi einen Foulelfmeter – Torhüter Hannes Halldorsson wird zum Helden Foto: AFP

Lionel Messi bleibt beim WM-Auftakt mit Argentinien ziemlich blass, Portugals Cristiano Ronaldo dagegen brilliert.

Moskau - Knapp 77 Minuten waren gespielt, als Lionel Messi am Samstagnachmittag in einer Pose tiefer Enttäuschung zusammensank. Der Kopf des Superstars berührte fast den Boden, so weit knickte sein Oberkörper nach vorne, sekundenlang stand er so da und bot ein trauriges Bild der Freudlosigkeit. Wieder war ein Schussversuch missglückt, hängen geblieben am Körper des Kollegen Ever Banega, längst war klar, dass dieser erste Auftritt Argentiniens bei der Weltmeisterschaft nicht mehr zu einem guten Ende kommen würde. Der Finalist des Turniers von 2014 musste sich mit einem enttäuschenden 1:1 (1:1) gegen kunstvoll verteidigende Isländer begnügen, was aber womöglich noch schlimmer ist: Neben den beiden Punkten ist der Albiceleste an diesem Nachmittag auch eine Menge Zuversicht verloren gegangen.

Messi fühlt sich wie tot

Das war die Botschaft, die Messis Körpersprache in die Welt sendete. „Es ist bitter, dass wir nicht gewonnen haben, weil wir es verdient gehabt hätten“, sagte er später, „denn mit einem Sieg in ein Turnier zu starten, ist immer wichtig“. Und Messi trägt eine Hauptverantwortung für diesen unbefriedigenden Auftakt. Er hatte die beste Chance auf den Sieg vergeben, mit einem schwach geschossenen Strafstoß, halbhoch, nicht wirklich platziert. „Nach dem Fehlschuss habe ich mich wie tot gefühlt“, sagte Messi. Es war der Höhepunkt einer Darbietung, die zwar einige gute Momente hatte, die insgesamt jedoch erschreckend elegisch wirkte. „Meeeesssi, Meeeesssi“, riefen die südamerikanischen Fans zur Aufmunterung, wenn ihr Held sich wieder mal im isländischen Abwehrgestrüpp verheddert hatte. Doch die Schultern sanken immer tiefer. „Es ist alles normal, schließlich ist Messi auch nur ein Mensch. Wir müssen ihm beistehen. Heute war es nicht sein Tag, aber er kann zu jeder Zeit eine Partie entscheiden“, sagte Sergio Agüero

Vernichtendes Urteil durch Islands Trainer

Es ist WM, und Messi hat bislang keinen Spaß an der großen Bühne. „Ich finde es schwierig, seine Arbeit heute zu bewerten, weil es ein sehr unbequemes Spiel war“, versuchte Trainer Jorge Sampaoli seinen Star zwar in Schutz zu nehmen, doch der isländische Kollege Heimir Hallgrimsson sprach ein vernichtendes Urteil über die trägen Argentinier und ihren an guten Tagen so unberechenbaren Anführer: „Es gab nichts, was uns überrascht hat.“

Verstärkt wurde der Eindruck vom traurigen Lionel noch durch die Bilder aus Sotschi, die am Abend zuvor um die Welt gegangen waren. So eine Weltmeisterschaft ist ja immer auch eine Show der Superstars, und Messis ewiger Gegenpart Cristiano Ronaldo hatte bei Portugals 3:3 gegen Spanien ein Meisterwerk der Stürmerkunst dargeboten. Das war eine Sensation, auch weil in den Stunden vor der Partie aus Gerichtsquellen durchgesickert war, dass Ronaldo wegen seiner Steuervergehen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war und 18,8 Millionen Euro nachzahlen muss. Aber der 33-Jährige ist fest entschlossen, bei dieser WM unsterblich zu werden, so eine irdische Lappalie scheint ihn da im Moment nicht ernsthaft zu berühren.

Ronaldos Schwester dankt Gott

Die Glückwünsche prasselten am Wochenende jedenfalls aus aller Welt auf den Star von Real Madrid ein. Portugals Premierminister Antonio Costa, gerade auf Staatsbesuch in den USA unterwegs, gratulierte, Jose Mourinho schwärmte im russischen Fernsehen von seinem Ex-Torjäger, und Ronaldos Schwester Katia Aveiro wandte sich inmitten all der Hysterie via Instagram gar an Gott: „Gebenedeit sei die Mutter, die dich zur Welt gebracht hat.“

Ronaldo will Weltmeister werden, unbedingt. Mit diesem Titel würde er endgültig zum bislang besten Spieler dieser Erde werden. „Wir sind nicht der Topfavorit, aber wir sind Kandidaten“, verkündete er vielsagend. Wie groß seine Entschlossenheit ist, seine Karriere mit genau diesem Triumph zu vollenden, hatte er schon vorher beim Jubeln angedeutet. Nach seinem Treffer zum 1:0 kratzte er sich an einem imaginären Ziegenbärtchen, die Botschaft der Geste ist ziemlich eindeutig: Ziege heißt auf englisch „Goat“ und dieser Code steht im Sport seit Muhammad Ali für „Greatest of all Time“ (Der Größte aller Zeiten).

In die Phalanx der wenigen Spieler, die in vier unterschiedlichen WM-Turnieren getroffen haben ist er schon an diesem Abend vorgestoßen, neben dem Brasilianer Pele, Miroslav Klose und Uwe Seeler. Außerdem hat Ronaldo hat bereits fünf Champions-League-Siege gesammelt, den EM-Triumph, fünf Weltfußballer-Trophäen, vier Weltpokaltitel und etliche nationale Pokalerfolge und Meisterschaften. Wenn nun auch noch ein WM-Sieg hinzukommt, können weder Zinedine Zidane, noch Diego Maradona, Pele, Andres Iniesta oder Franz Beckenbauer mithalten. Und Lionel Messi sowieso nicht.