Kylian Mbappé und Benjamin Pavard bilden die aufregendste Flügelzange der Fußball-WM. Wirbeln die beiden Franzosen auch die Kroaten am Sonntag im Finale durcheinander?
Stuttgart - Es ist gut zu wissen, dass in Benjamin Pavard noch ein Fußballfilou steckt. Man musste ja schon befürchten, dass dieses feine Füßchen aus Maubeuge von seinem Nationaltrainer Didier Deschamps derart in ein taktisches Korsett gezwängt wird, dass es der 22-jährige Franzose nur noch sprengen darf, wenn er meint, gegen Argentinien ein spektakuläres Tor erzielen zu müssen, um die Niederlage zu verhindern. Ansonsten herrscht Disziplin auf dem Platz. Was dem Profi des VfB Stuttgart offenbar nicht schadet, da er zu den großen WM-Entdeckungen zählt.
Doch für einen Augenblick schien bei Pavard während des Halbfinalerfolgs gegen Belgien der alte Bolzplatzkicker durch. Mitte der zweiten Hälfte war es, als der Ball auf Brusthöhe auf die rechte Seite flog, immer weiter. Mit einem Sprung und per Hacke stoppte Pavard das Spielgerät, jonglierte noch zweimal – wie früher als Kind und anfangs beim VfB, als er dabei war, sich den Beinamen Bruder Leichtfuß zu erarbeiten. Doch der Lockenkopf wurde zurückgepfiffen. In Stuttgart vom damaligen Trainer Hannes Wolf, der dem Franzosen die Flausen austrieb, und zuletzt in St. Petersburg von Schiedsrichter Andrés Cunha, weil der Ball im Seitenaus gewesen sei.
Teurer als die Mona Lisa?
Also lief Pavard wieder zurück auf seine Position. Als rechter Verteidiger hat er vor allem eines zu erledigen: hinter Kylian Mbappé dicht zu halten. Nach vorne einschalten darf er sich zwar auch, aber die Räume sollen für das Wunderkind frei gehalten werden. So tempo- und fintenreich dribbelt der 19-Jährige dort hinein, dass die Gegner selten hinterherkommen und die „Bild“-Zeitung schrieb: „Schneller als die Concorde, größer als der Eiffelturm und teurer als die Mona Lisa“.
Mit der Höchstgeschwindigkeit von 38 km/h wurde das Ausnahmetalent gemessen, seine Leistungen sind schon jetzt so gut, dass der Stürmer von Paris St. Germain dabei ist, zum Wahrzeichen der Stadt aufzusteigen. Und bald könnte Mbappé gar zum teuersten Spieler des Planeten werden und preislich in eine neue Dimension vorstoßen – wie das Gemälde von Leonardo da Vinci, das über einen Versicherungswert von einer Milliarde Euro verfügt.
Wie Kunst mutet es auch an, wenn Mbappé den Ball wie gegen die Belgier streichelt. Blaise Matuidi spielte ihn im Strafraum an, und mit einer zauberhaften Rechts-Links-Kombination passte Mbappé per Sohle zu Olivier Giroud weiter – samt Drehung. Als der schönste WM-Moment gilt diese Szene. „Wahnsinn“, entfährt es auch dem VfB-Manager Michael Reschke. Diese Wucht, diese Finesse und dann noch diese Rückendeckung – oh la la.
VfB-Manager Reschke sieht nichts Vergleichbares
„Fußballerisch gibt es nichts Vergleichbares“, sagt Reschke über das Duett in Blau: Mbappé vorne und dahinter Pavard. Die Magie des Flügelspiels entfaltet sich mit ihnen. Da verblassten selbst Neymar und Marcelo als die Schokoladenseite Brasiliens. Von den Deutschen Joshua Kimmich und Thomas Müller, wie sie sich in Russland präsentiert haben, gar nicht zu reden.
Selbst wenn Pavard zuletzt gegen Eden Hazard anfangs Probleme hatte – gegen einen der besten Dribbler überhaupt. Im Finale gegen Kroatien wird es Pavard nun mit der körperbetonten Spielweise eines Ivan Perisic oder Ante Rebic zu tun bekommen. Da ist es gut für die Franzosen, dass Pavard mittlerweile nicht nur fein, sondern ebenso robust verteidigen kann.