Der Echterdinger siegen in Weilimdorf mit 2:0 und beenden eine zwölfeinhalbmonatige Serie ihres Gegners. Ein Aufschwung des zuvor kriselnden Favoriten, der seine Gründe hat.
Rinis Krasniqi trat wütend gegen ein Sitzklappgestell am Spielfeldrand. Und sein Trainer schüttelte ungläubig den Kopf. „Dreimal“, murmelte Oliver Stierle hadernd vor sich hin. Ja, würde es im Fußball nach Torgebälktreffern gehen, dann hätten die Seinen einen tollen Nachmittag gehabt: Eben dreimal hatten Stierles Kicker des TSV Weilimdorf den Ball gegen das Aluminimumgestänge gedroschen. Dreimal eine Frage von Zentimetern. Doch da das, was in der Sportart zählt, eben immer noch Tore und nicht Beinahe-Tore sind, gestalteten sich die Dinge schließlich ganz anders. Die Nord-Stuttgarter unterlagen am Samstag im Verbandsliga-Derby deutlich effizienteren Gästen von Calcio Leinfelden-Echterdingen mit 0:2 – womit die Kraftverhältnisse fürs Erste wieder gerade gerückt sind.
Aufsteiger unterliegt Absteiger. Klassenneuling zieht gegen ursprünglichen Klassenmitfavoriten den Kürzeren. Während die Weilimdorfer nach zuvor drei Siegen erstmals wieder leer ausgingen, stehen die Echterdinger nun ihrerseits bei drei gewonnenen Spielen am Stück. Oder, anders formuliert: bei drei Schritten aus der Krise, nachdem der letztjährige Noch-Oberligist zwischendurch gar auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht war. Aktuell zeigten die Italo-Schwaben, dass ihr 2:1-Coup vom vergangenen Spieltag gegen den bis dahin ungeschlagenen Spitzenreiter Young Boys Reutlingen nicht nur ein Strohfeuer war. Im Ergebnis erkennt der Calcio-Trainer Francesco Di Frisco „einen ganz, ganz wichtigen weiteren Beitrag“ zum Umschwung. „Von der Qualität unseres Kaders“, betont er, „waren wir eh immer überzeugt.“
Das Plus: Inzwischen ruft die Mannschaft jene auch mehr und mehr ab. Wohl nicht zuletzt begünstigt dadurch, dass das wilde Aufstellungspuzzle der ersten Saisonwochen beendet scheint. Nach dem personellen Großumbruch hat sich eine Stammformation herauskristallisiert. Auf dem Kunstrasen an der Giebelstraße bot Di Frisco zum ersten Mal in dieser Runde die exakt selbe Elf wie in der Vorwoche auf. Die Rädchen greifen immer besser ineinander. Zudem geht der Plan mit einer neuen Spielweise gerade auf, auch wenn diese im Echterdinger Anhang manch einem so fremd vorkommen mag wie Pizza und Pasta im China-Restaurant.
Der aus den vergangenen Jahren gewohnte Angriffsfußball? Hat Pause. Das neue Calcio-Hauptaugenmerk liegt auf einer stabilen Defensive. Den Ball überließen die Gäste überwiegend ihrem Gegner. Sie selbst lauerten auf Umschaltmomente. Steter Zielspieler dabei: der knapp Zwei-Meter-Mann Pero Mamic. Und dass der mit seiner Körpermasse, Ballgewandtheit und Spielübersicht schwer zu verteidigen ist, bekam auch die Weilimdorfer Abwehr zu spüren. Seufzen darf man auf Echterdinger Seite schon jetzt ob des Umstands, dass Mamic den Verein in der Winterpause wie berichtet zurück in seine kroatische Heimat verlassen wird.
Ulici und Seemann als Torschützen
Freilich, die beiden Gästetreffer entstanden dann aus Standardsituationen heraus. Beim 0:1 verlängerte Qlirim Zekaj einen Einwurf von Stefan Todorovic, ehe Casian-Matei Ulici per Seitfallschuss zur Stelle war (35.). Und dem letztlich entscheidenden 0:2 ging eine Freistoßflanke von Julian Unger voraus. Philipp Seemann drückte die Kugel als finaler Abnehmer über die Linie (89.) – für den im Formhoch befindlichen Mittelfeldmann bereits sein vierter Saisontreffer.
Vor allem das erste Gegentor regte den Weilimdorfer Coach Stierle auf. „Da haben wir unfassbar schlecht verteidigt“, konstatiert er, „wir stehen fünf Meter vom Gegner weg.“ Zuletzt stellte sich bei ihm und in seinem Team eine gewisse Ohnmacht ein: erneut viel investiert, erneut großen Aufwand betrieben, erneut alles versucht – an Durchschlagskraft und Fortune mangelte es aber dieses Mal. Auch dann, als Stierle im zweiten Durchgang auf zwei Spitzen umstellte. In Terry Offei und Daniel Baierle schickte er frische Angreifer aufs Feld. Letzterer, bisheriger Topscorer der Gastgeber, hatte infolge eines grippalen Infekts zunächst nur auf der Bank Platz genommen – wohingegen im Abwehrchef Erdinc Bozoglu (kurzfristige Geschäftsreise) und den weiterhin angeschlagenen Bastian Joas und Enis Küley drei Leistungsträger ganz fehlten.
Endresultat mit Seltenheitswert: Erstmals seit zwölfeinhalb Monaten blieb der Aufsteiger in einem Punktspiel ohne eigenes Tor. Letztmals war dies im September 2024 beim 0:0 gegen den SV Rohrau der Fall gewesen. Seitdem hatten die Weilimdorfer in 32 Liga-Begegnungen immer eingenetzt.
Aktuell, wie erwähnt, stand vor allem auch dieses verflixte Torgebälk im Weg. Samir Genc, Tamer Harun Fara, Riccardo Scarcelli – zweimal Latte, einmal Pfosten (11./38./90.+5). Es war in der Tat zum Kopfschütteln. Oder zum Dinge-Umtreten. Siehe Spieler Krasniqi. Für den Verteidiger gab es mit Gelb-Rot in der Nachspielzeit noch eine zusätzlich ärgerliche Zugabe. Er ist damit für die nächste Partie in Holzhausen gesperrt.
Weilimdorfer „Spieler des Spiels“
Andrew Addo (Nominierungen: 1). Der Sommer-Neuzugang (vom Staffelrivalen Holzhausen) wartete mit Allrounder-Qualitäten auf. In Hälfte eins ein mutig-forscher Offensivauftritt auf dem rechten Flügel, bei dem Addo mit einem Schlenzer nur knapp die frühe Weilimdorfer Führung verpasste. In Hälfte zwei dann eine solide Vorstellung in neuer Rolle als linker Verteidiger.
Calcio-„Spieler des Spiels“
Pero Mamic (Nominierungen: 3). Diesmal zwar ohne eigene größere Torchance, aber Schaltstelle und Turm im Echterdinger Angriff. Guter Körpereinsatz, gute Spielübersicht, kluge Zuspiele für die Teamkollegen. Vom Gegner kaum in den Griff zu kriegen.
TSV Weilimdorf: Barisic – Krasniqi, Zinram-Kisch, Sadikovic, Milenkovic (55. Offei) – Wojcik (68. Njie) – Addo, Genc (80. Kugiumtzidis), Scarcelli, Berretta (55. Baierle) – Fara.
Calcio Leinfelden-Echterdingen: Bozatziolou – Todorovic, Unger, Olteanu, Vieira – Constantinescu – Kaligiannidis (90.+3 Schlotterbeck), Philipp Seemann (90. Thompson), Zekaj (72. Amenta), Casian-Matei Ulici (78. Andrei-Lucian Ulici) – Mamic.