Der Landesligist ist auf den Abstiegs-Relegationsrang gestürzt – Trainer, Sportdirektor und Fußball-Chef nehmen das Team in die Pflicht. Das ist auch eine Frage der Mentalität.
Das Spiel des TSV Heimerdingen beim SV Kaisersbach liegt nun bereits fünf Tage zurück, doch bei Uwe Sippel stellt sich noch immer eine massive Fassungslosigkeit ein, wenn er sich die Partie in Erinnerung ruft. „An eine solche Horror-Hälfte wie die zweiten 45 Minuten kann ich mich in meinen mehr als 40 Jahren Fußball-Vergangenheit nicht erinnern“, stöhnt der Heimerdinger Abteilungschef, „mir fehlen da schlicht die Worte.“
3:4 hatte der TSV nach einer 3:0-Führung gegen das Kellerkind verloren, es war die vierte Pleite des Ex-Verbandsligisten in den vergangenen fünf Begegnungen – und nun klebt der Club vor der Heimpartie an diesem Sonntag (15.30 Uhr) gegen den SSV Schwäbisch Hall auf dem Relegationsplatz.
Dem Abstiegs-Relegationsplatz wohlgemerkt, und Uwe Sippel erwartet eine Reaktion der Mannschaft. „Es gibt keine Ausreden mehr“, betont der 60-Jährige in Manier eines Klassenlehrers, der seine schläfrigen Pennäler wachrütteln will, „die Mannschaft ist jetzt in der Pflicht – und zwar jeder Einzelne, der am Sonntag auf dem Platz steht.“
Das Team muss es richten, den Karren aus dem Dreck ziehen und wieder in die Erfolgsspur finden. Doch diese Forderung umzusetzen, ist an der Weissacher Straße beileibe nicht ganz so einfach wie einen sauberen Flachpass über zehn Meter zu spielen. Denn es gibt da offenbar ein durchaus ernst zu nehmendes Problem, wie Daniel Riffert erläutert. „Wir haben derzeit kein verlässliches Gerüst im Team“, bekennt der Sportdirektor des TSV Heimerdingen, „es fehlen uns die Kontinuität und die Konstanz.“
Aufstellung ist ein Puzzlespiel
Soll heißen: Immer wieder läuft die Truppe in unterschiedlicher Aufstellung aufs Spielfeld, wichtige Korsettstangen auf zentralen Positionen müssen wegen verschiedener Gründe (Urlaub, Verletzung) ersetzt werden, was im vorhandenen Kader mutmaßlich nicht ausreichend kompensiert werden kann. „Der Trainer muss immer wieder umbauen“, betont Riffert, „das ist wie ein Puzzlespiel, das nie fertig wird.“
Die Erklärung, dass Leistungsträger wie Sebastian Bortel, Gabriel Fota oder Daniel Geppert nicht durchgängig zu Verfügung stehen, und nicht 1:1 ersetzt werden können, ist zweifellos nachvollziehbar, doch sie kann kaum die alleinige Ursache dafür sein, dass der Motor des TSV ohne diese wichtigen Spieler so ins Stottern gerät als würde ein Vierzylinder nur noch auf drei Töpfen laufen.
Das weiß Daniel Riffert natürlich, und Trainer Markus Koch gräbt in seiner Analyse der Ergebniskrise deshalb noch ein paar Meter weiter – über die fußballerischen Schichten hinaus bis in die psychologischen Tiefen. „Es ist noch nicht im Bewusstsein des Teams angekommen“, umreißt der Chefcoach nüchtern, „dass wir uns in jedem Spiel strecken müssen, um Erfolg zu haben.“ Es liege, so ist Koch überzeugt, weniger an den Qualitäten, die seine Schützlinge als Fußballer mitbrächten, sondern vielmehr daran, dass Ergebnisse im Fußball eben auch im Kopf der Akteure ihren Ursprung hätten.
Als Trainer ist Markus Koch gefordert, die mentalen Disbalancen zu umreißen und auszuräumen – heißt: Er muss durchgreifen, wie es von einem Übungsleiter erwartet wird, wenn die gelieferten Resultate den eigenen Ansprüchen nicht entsprechen. In der neu formierten Truppe ist jeder Spieler mit eigenen Erwartungen und Zielen in die Runde gestartet, nun kam es zum Rückschlag, zur Mini-Krise, es entstehen erste Differenzen im Team – jetzt ist jeder Einzelne gefordert damit umzugehen, sich zu hinterfragen und seine Rolle in der Mannschaft neu zu finden.
„Es werden entscheidende Veränderungen stattfinden“, beschreibt Markus Koch seine Strategie, „es darf nicht einfach weiter so dahinplätschern.“ Es gibt keine Erbhöfe mehr in der Fußball-Welt des TSV Heimerdingen, ganz gleich ob Club-Urgestein oder Neuzugang, die Hierarchie wird neu geschrieben. Die Frage lautet: Will ich Teil des Problems sein oder Teil der Lösung?
Eine Herausforderung für Spieler und das Trainerteam – eine unabdingbare Grundlage scheint gegeben: Uwe Sippel, Daniel Riffert und Markus Koch sind überzeugt, dass die Chemie im Team stimme. Am Sonntag kann die Mannschaft gegen den SSV Schwäbisch Hall die entsprechende Reaktion zeigen – ganz wie von Fußball-Chef Sippel gefordert.