Teil einer überragenden Offensive: Bernhausens Neuzugang Bogdan Rangelov. Foto: Günter Bergmann

Der Filderclub feiert gegen den Verein vom Kräherwald den zweiten Ausrufezeichen-Sieg der Rückrunde. Auf dem Feld und in der Tabelle laufen die Bernhausener dem Lokalrivalen allmählich den Rang ab.

Es glich einer Wachablösung in der Landesliga, Region Stuttgart. Der Aufsteiger TSV Bernhausen demontierte den MTV Stuttgart mit 6:0 auf dessen eigenem Rasen. Von der ersten Minute an stellten die Gäste klar, wer auf dem Feld das Sagen hat – und nun auch in der Tabelle. Jetzt punktgleich mit dem MTV, zogen die Bernhausener dank eines ordentlich aufgehübschten Torverhältnisses auch im Klassement am Verein vom Kräherwald vorbei. Der Filderclub liegt damit auf dem fünften Platz, ein Rang vor dem MTV.

 

„Seit der Winterpause läuft es“, sagt Roko Agatic, Trainer der Bernhausener, gut gelaunt nach Abpfiff. Dem furiosen 5:1 im Auftaktspiel gegen die SG Bettringen ließ der Filderclub jetzt also den nächsten Kantersieg folgen. Macht elf Tore und nur ein Gegentreffer bei zwei Spielen. Die Qualität der Offensivreihe sei ohnehin über alle Zweifel erhaben, unterstreicht Agatic – im Gegensatz zur Hinrunde rufe sie aber nun ihr volles Potenzial ab. Sechs Tore von sechs verschiedenen Schützen untermauerten die Flexibilität im Angriff. „In der Hinrunde waren wir in vielen Spielen nicht bis zur letzten Minute voll da, haben billige Gegentore kassiert“, konstatiert Agatic. Nicht so in der Rückrunde. Gegen den MTV lieferten die Filderstädter vom Anpfiff weg eine Glanzleistung. Toptorjäger Ivan Matanovic eröffnete mit seinem zwölften Saisontor nach 19 Minuten die Bernhausener Torsause. „Genau so haben wir uns das vorgestellt. 100 Prozent Einsatz. So mittelmäßige Sachen interessieren mich nicht“, stellt Agatic klar.

Und auf der anderen Seite? Waren die Kräherwald-Kicker selbst vom Mittelmaß noch meilenweit entfernt. Leblos, lethargisch und kampflos wurde das Derby hergeschenkt. Spätestens in der zweiten Hälfte war das bisschen Feuer, das die Mannschaft in Hälfte eins noch auf den Rasen brachte, verglüht. So zum Beispiel eine kleine Rudelbildung kurz nach dem 2:0 durch Bernhausens Filip Jordacevic (30.), die noch als Aufbäumen des MTV verstanden werden konnte.

Kurz vor der Pause erhöhte Mikail Gümüssu dann für die Gäste, die mit dem 3:0 in die Kabine gingen. Nach Wiederanpfiff schien es, als wäre die Mannschaft des MTV am liebsten in ebenjener geblieben. Von Gegenwehr keine Spur. Mihail Tomic schraubte das Ergebnis auf 4:0 (67.): Bernhausens überragender Jordacevic spielte den Pass in die Tiefe, Flon Ajvazi legte quer und Mihael Tomic musste nur einschieben. Ein Treffer, wie er an diesem schwarzen MTV-Nachmittag mehrmals fiel: einfacher Bernhausener Fußball nach Lehrbuch, Absender und Empfänger des Balls sind völlig unbedrängt, und ein frei stehender Zielspieler im nahezu verwaisten MTV-Strafraum.

„Manchmal ist man einfach machtlos“

Auch der Trainer des Gastgebers, Björn Lorer, war bedient. Ob sich seine Elf in der zweiten Halbzeit bereits aufgegeben habe? „Es sah ganz so aus“, gab er zu. Der Coach verbrachte den Großteil der zweiten Hälfte reglos an der Seitenlinie, die Hände in den Jackentaschen vergraben. „Manchmal ist man einfach machtlos“, sagt der 34-Jährige. „In der Kabine war ich laut und hab’ dann auf eine Reaktion gehofft. Die kam aber nicht.“ Eine Erklärung für den Leistungsabfall im Vergleich zum souveränen Auftakt gegen den TSV Bad Boll? „Ich hab keine und werde auch nie eine finden.“

In Sachen Einstellung hatten seine Schützlinge jedenfalls sicht- und hörbaren Nachholbedarf. „Da geht noch was, komm, wir machen weiter“, brüllte Mikail Gümüssu rund zehn Minuten vor Schluss – beim Spielstand von 5:0 (Oli Lujic, 76.) für die Seinen wohlgemerkt. Und tatsächlich ging noch was. Neuzugang Mehmet Karakus schob zum finalen Ergebnis von 6:0 ein. Der Mittelfeldspieler war in der Winterpause von der Spvgg Cannstatt gekommen, erzielte jetzt seinen Premierentreffer.

Nach dem Sieg kann sich der Aufsteiger aus Bernhausen allmählich in Richtung Tabellenspitze orientieren. Am Kräherwald dagegen heißt es Wundenlecken.

Spieler des Spiels:

Filip Jordacevic: Als wieselflinker Antreiber im Mittelfeld war er an fast allen Offensivaktionen beteiligt. Zeigte aber auch immer wieder in der Rückwärtsbewegung Vollblut-Einsatz – samt erfolgreicher Grätsche an der eigenen Strafraumgrenze. (Nominierungen: 2)

MTV Stuttgart: Zimmermann – Janzen, Sufaj, Mägerle (53. Weippert), Gaiser - Primorac (53. Carbone), Graham (62. Hug), Özocak (67. Lukic), Dougarmagi (35. Triantafillou) – Hahn, Flach.

TSV Bernhausen: Livancic – Alber, Lujic, Sterian, Meinlschmidt – Gümussu (88. Medina) – Rangelov (74. Karakus), Tomic (74. Ajvazi), Jordacevic, Walz (78. Stanisic) – Matanovic.