Fast alle Nationalspieler im vorläufigen EM-Kader halten ihre Fans auf dem Laufenden und geben ihnen so das Gefühl, ganz nah dran zu sein an ihren Idolen. Foto: dpa

Fast alle Nationalspieler wollen über die sozialen Netzwerke von der EM berichten.

Stuttgart - „Ich bin bereit für den Sommer, die Vorbereitung läuft gut. My Time is Now.“ Diese zwei Sätze von Mario Götze haben rund 750.000 Fans auf Facebook und 15.150 Follower auf Twitter erreicht. Damit hat der Profi von Borussia Dortmund das getan, was fast alle Nationalspieler im vorläufigen EM-Kader tun: Sie halten ihre Fans auf dem Laufenden und geben ihnen so das Gefühl, ganz nah dran zu sein an ihren Idolen.

Bis auf Miroslav Klose und Lars Bender mischen alle mit im Spiel mit den sozialen Netzwerken. Bilder, Videos,wichtige bis banale Fakten – und das alles ohne Zeitverzögerung direkt auf die Bildschirme derer, die sich dafür brennend interessieren. „Durch Facebook und Twitter bekommen die Fans das Gefühl, an der Welt eines Fußballprofis teilnehmen zu können“, sagt Hans Georg Felder, Kommunikationschef der Agentur Sports Total, die neben Mario Götze auch Toni Kroos, Benedikt Höwedes und Marco Reus berät.

Es reiche vielen Fans nicht mehr, nur ins Stadion zu kommen, weiß Felder, „sie wollen ihnen nah sein und mit ihnen in Kontakt treten. Sie wollen das Gefühl haben, live dabei zu sein.“ Das geben ihnen die Spieler und ihre Berater gerne, weil sie wissen, dass sie damit auch die Chance haben, ein Image aufzubauen. „Durch Facebook und Twitter sollen auch die Sympathiewerte des Spielers gesteigert werden. Dadurch ergeben sich auch andere Vermarktungsmöglichkeiten“, erklärt Felder eine weitere Motivation für das Posten (etwas auf Facebook hochladen) und Twittern (dt.: zwitschern).

Özil ist der Facebook-König unter den deutschen Nationalspielern

Nicht alle Spieler verfassen allerdings ihre Einträge selbst. Oft sind es die Berater, die in Absprache mit den Spielern in deren Rollen schlüpfen, Bilder oder Videos hochladen und sie mit griffigen Kommentaren versehen. „Einige werden von ihren Medienberatern dazu gedrängt“, glaubt der Technikphilosoph Sandro Gaycken von der FU Berlin, „es herrscht im Moment das Paradigma, dass man auf Facebook aktiv sein muss, wenn man die junge Generation erreichen möchte. Manche Fußballer bekommen das also aufgedrückt, selbst wenn sie es nicht möchten.“

Mesut Özil gehört wohl nicht dazu. Der Star von Real Madrid ist der Facebook-König unter den deutschen Nationalspielern – er hat unglaubliche 5,1 Millionen Fans auf Facebook. Da muss Torhüter Tim Wiese (6093 Fans) noch ordentlich aufholen. Er könnte von mehr Anhängern profitieren. „Durch Facebook und Twitter bekommen die Spieler ein direktes Feedback, nicht durch andere Medien gefiltert“, sagt Gaycken, betont aber auch: „Die meisten Nachrichten werden im Alltag nicht benötigt. Wer wann welche Schuhe trägt, das ist für die Fans nicht überlebensnotwendig.“

Dass beim fröhlichen Zwitschern und Posten auch mal etwas schiefgehen kann, hat André Schürrle bereits am eigenen Leib erfahren. „Hey Leute!!“, schrieb der Leverkusener am 15. November 2011, wenige Stunden vor dem Länderspiel gegen Holland: „Ich kann heute leider nicht spielen :(( Ein grippaler Infekt hat mich erwischt.(...). Deswegen fliege ich heute Mittag nach Hause!! Liebe Grüße an euch!!!“ Es dürfte nicht lange gedauert haben, bis die lieben Grüße, inklusive des wichtigen Aufstellungshinweises, auch Bondscoach Bert van Marwijk erreicht hatten. Bundestrainer Joachim Löw jedenfalls war nicht erfreut.

Damit sich so etwas bei der EM in Polen und der Ukraine nicht wiederholen kann, hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Regeln für den Umgang mit sozialen Netzwerken aufgestellt. „Wenn sich ein Spieler auf der Terrasse fotografiert und das Bild dann auf seine Seite stellt, ist das okay“, sagt Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff, „aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Intimität verlieren und den Mannschaftsgeist verraten. Kein Spieler darf Angst haben, dass plötzlich etwas an die Öffentlichkeit kommt, was er nicht möchte.“

Posts oder Tweets über Verletzungen und Aufstellungen sind dabei ebenso tabu wie negative Kommentare gegenüber gegnerischen Mannschaften und Schiedsrichtern, Kritik an anderen Spielern oder gar Kollegen. Kontrolliert werden die Accounts vom DFB nicht. „Wir setzen auf die Vernunft der Spieler“, sagt Bierhoff – und hofft auf möglichst viel Gezwitscher am späten Abend des 1. Juli. Sinngemäß sollten die Tweets dann lauten: „Hey Leute!!! Wir haben es geschafft! Europameister 2012 !!! :-)))))“