Jubeln, grölen und feiern ist in den nächsten drei Wochen erwünscht – aber nach 22 Uhr nur noch im Inneren der Gaststätten. Foto: dpa

Fußball-EM: In der Stadt feiern Fans mit angezogener Handbremse – zumindest vor Gaststätten.

Stuttgart - Wer draußen Fußball zeigen möchte, braucht eine Genehmigung vom Ordnungsamt. Das scheint allerdings kaum ein Gastwirt zu wissen. Denn bisher liegt beim Amt nur ein einziger Antrag vor – und der wurde abgelehnt.

Im Innenhof der Gaststätte im Stuttgarter Westen herrscht Hochstimmung: Die Fans jubeln, fallen sich um den Hals, eine Presslufthupe trötet, irgendwo zerschellt ein Bierglas auf dem Boden, der Stadionsprecher brüllt aus den Lautsprechern – Deutschland besiegt Portugal 3:1. Jetzt beginnt die eigentliche Party.

„Große Feiern bis deutlich nach Mitternacht werden wir nicht tolerieren“

Ob die Begegnung mit Portugal am Samstag genau so laufen wird, wie das Spiel um Platz drei bei der WM 2006, weiß keiner. Grölende Fans und Fernsehgeräte auf den Terrassen der Gaststätten soll es in dieser Form jedenfalls nicht geben – zumindest nicht nach 22 Uhr.

Dann herrscht nämlich Nachtruhe. Eine Ausnahmegenehmigung des Bundes für den Lärmschutz, wie es sie bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 und bei der Europameisterschaft 2008 gab, liegt in diesem Jahr nicht vor. „Es kommt nicht auf fünf Minuten an, aber große Feiern bis deutlich nach Mitternacht werden wir nicht tolerieren“, sagt Bernd Eichenauer vom Stuttgarter Ordnungsamt. Die Nachtruhe sei zwar nicht gesetzlich auf 22 Uhr festgeschrieben. Dennoch kann sie vor Gericht geltend gemacht werden. Sondergenehmigungen, die es den Gaststätten erlauben, länger draußen zu bewirtschaften, gibt es nicht – weder bei Fußballturnieren, noch bei Hochzeiten oder anderen Feierlichkeiten.

Bei mehrmaligem Verstoß verliert Gaststättenbetreiber Konzession

Um überhaupt einen Fernseher oder Beamer im Innenhof oder auf der Terrasse aufstellen zu dürfen, brauchen Wirte das Einverständnis des Ordnungsamts. Das gilt auch für Sperrzeiterweiterungen und wenn die Außengastronomie für ein bestimmtes Ereignis erweitert werden soll. Wer das nicht macht, muss mit einem Bußgeld rechnen. Bei mehrmaligem Verstoß verliert der Gaststättenbetreiber seine Konzession. Bisher liegt allerdings nur ein einziger Antrag vor, und der wurde abgelehnt. Das Zapata an der Pragstraße wollte auch montags, dienstags und mittwochs öffnen, um Spiele zu zeigen. Die Stadt lehnte die Betriebszeiterweiterung aus Lärmschutzgründen ab.

Eichenauer wundert sich, dass so wenige Gastwirte einen Antrag gestellt haben: „Entweder die Leute kennen die Regeln und halten sich dran, oder sie sind sich unsicher, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohnt“, sagt er. Schließlich könne man ein Sommermärchen wie 2006 nicht planen, „das entsteht einfach“.

Im Außenbereich sind Glasflaschen verboten

Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die Gastwirte nicht Bescheid wissen. Post vom Ordnungsamt hat Lutz Metzger, Wirt der Suite 212 an der Theodor-Heuss-Straße, zwar am Dienstag bekommen. Aber da ging es nicht um Lärmschutz oder eine Genehmigung, die er für seine „Tribüne“ vor dem Lokal bräuchte. Die Stadt teilte mit, dass im Außenbereich Glasflaschen verboten seien. „Weil wir ja schon seit Jahren bei großen Turnieren Fußball zeigen, waren wir darauf vorbereitet“, sagt er. Und hat eigens Hartplastikbecher besorgt. Die gegen Pfand ausgegeben werden. „Doch wer das nicht getan hat, und jetzt erst erfährt, dass Glasflaschen verboten sind, hat ein Problem.“ Dass er ein extra Einverständnis des Ordnungsamts bräuchte, davon weiß er nichts. Schließlich habe er eine Konzession am Wochenende bis 5 Uhr und an den Wochentagen bis 3 Uhr. Zudem seien die Leinwände draußen nicht auf öffentlichem Grund sondern auf eigener Fläche aufgebaut. „Bisher war das nicht nötig“, sagt er, „aber ich werde mich am Freitag noch einmal erkundigen.“

Barbara Schreiber und Andreas Göz vom Maulwurf in Vaihingen zeigen die Spiele nur in der Kneipe. Der Nachbarn wegen, die man nicht bis 23 Uhr beschallen könne. Wohl wissend, dass bei schönem Wetter so mancher Gast lieber in den Biergarten sitzt. Als Ersatz für die frische Luft gibt’s bei ihnen frisches Bier – aus allen 16 Ländern, die bei der EM mitkicken.

Wer im heimischen Innenhof, im Garten oder auf dem Balkon nach 22 Uhr schaut, hat vom Ordnungsamt nichts zu befürchten. Probleme machen dann eher die Nachbarn. „Es handelt sich um einen privaten Kreis, das ist ja bei Geburtstagsfeiern oder anderen Partys nicht anders“, sagt Eichenauer. Wer Stress vermeiden will, sollte die Hausgemeinschaft über die Feier informieren – oder die Nachbarn zum Mitfeiern einladen.