Die mentale Vorbereitung auf die Partie gegen Italien hat begonnen – auf beiden Seiten.

Danzig - Die Erinnerung ist auch nach 16 Jahren nicht verblasst, die Erinnerung an jenen 16. Juni 1996. „Wir hatten ein wichtiges Spiel gegen Italien“, sagt Andreas Köpke und relativiert: „Damals hatten wir auch ein bisschen Glück gegen eine starke Mannschaft.“ Glück – und Köpke.

Am Donnerstag trifft die deutsche Mannschaft bei der EM in Warschau auf Italien – so wie 1996 in Manchester. Köpke stand im Tor, fing reihenweise die Bälle und hielt das 0:0, das Italien ins Aus und Deutschland ins Viertelfinale beförderte. Das Selbstbewusstsein hatte sich der Bundes-Torwarttrainer nach neun Minuten geholt, als er einen Elfmeter von Gianfranco Zola hielt.

Der Mann kennt sich also bestens aus mit Italien und Elfmetern. Und mit Italienern und ihren Psycho-Spielchen: „Auch am Donnerstag werden die Nerven eine große Rolle spielen.“ 1996 war Köpke (50) der Sieger. Wer hält diesmal dem Druck stand? Den Anfang machte am Sonntagabend Andrea Pirlo mit seinem lässig getretenen Elfmeter gegen England. Es war mutig, wie er den Ball über Torwart Joe Hart hinweg ins Tor schnibbelte. Eine offene Provokation für die Engländer, die daran zerbrachen – und vor dem Halbfinale auch ein Signal des Selbstbewusstseins an die deutsche Elf.

Köpke war von Berufs wegen schon immer ein Torverhinderer, kein Torschütze

Andreas Köpke kann seine Bewunderung nicht verhehlen, obwohl er jetzt doch eigentlich ein Pokerface aufsetzen müsste. „Das war schon frech“, sagt er anerkennend, „als Torhüter rechnet man mit so etwas am allerwenigsten. Dabei lagen die Italiener ja zurück. Aber das zeigt Pirlos Nervenstärke.“

Nun war Köpke von Berufs wegen schon immer ein Torverhinderer, kein Torschütze. Dass er in dieser Rolle die Psycho-Spielchen so gut beherrscht wie die Italiener, hat er schon 2006 bewiesen, als er Jens Lehmann vor dem WM-Viertelfinale den legendär gewordenen Zettel zusteckte. Darauf waren die argentinischen Schützen im Elfmeterschießen und ihre bevorzugten Ecken notiert, aber unvollständig. Es hat trotzdem geklappt, was zeigt: Gut geschummelt ist halb gewonnen.

„Ja, meine Zettelwirtschaft, die läuft auf Hochtouren“, sagt Köpke nun so laut, dass es auch die italienischen Spieler hören müssen. Es ist Psycho-Teil zwei, diesmal aus deutscher Sicht. „Im Halbfinale wird es auf Nuancen ankommen, und wir werden vorbereitet sein“, kündigt Köpke an. Zettel wird er keine schreiben, „wir haben uns was anderes überlegt“. Was genau? Das interessiert die Deutschen, aber viel mehr noch die Italiener – garantiert.