Das Spiel gegen Portugal endetet für Deutschland 1:0. Im Bild: Mats Hummels und Joao Pereira. Foto: dpa

Auf einen erfolgreichen Turnierstart folgt für die deutsche Nationalelf häufig die Ernüchterung.

Charkow - Die erste Partie war schwer genug, aber im zweiten Spiel droht erst richtig Gefahr für das deutsche Team. Das hat nicht nur mit der Klasse des Gegners aus den Niederlanden zu tun, wie ein Blick auf die zurückliegenden Turniere zeigt.

Robin van Persie, Wesley Sneijder, Arjen Robben und wie sie alle heißen: Gegen die Niederlande sieht sich die Nationalmannschaft an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) einer geballten Offensivkraft gegenüber. Und als sei die nicht schon schwer genug abzuwehren, gibt es noch einen weiteren Gegner für die Auswahl des dreimaligen Weltmeisters: Das zweite Spiel eines Turniers hat es meist in sich – im negativen Sinn.

Joachim Löw weiß, wovon die Rede ist. Der Bundestrainer kennt den Fluch, der bei Welt- und Europameisterschaften über dem deutschen Team zu liegen scheint. Und er will ihn schleunigst brechen. Zweimal hat er ihn selbst in seiner Amtszeit zu spüren bekommen. „Wir haben es schon erlebt, dass wir das erste Spiel gewonnen haben und uns im zweiten das Leben wieder schwergemacht haben. Im dritten standen wir dann wieder unter einer großen Drucksituation. Wir werden versuchen, das zu vermeiden und schon alles klarzumachen für den Einzug ins Viertelfinale“, sagt er entschlossen.

In die Euro 2008 startete die deutsche Mannschaft mit einem 2:0 gegen Polen

Seit der Weltmeisterschaft 1998 gab es in sieben Anläufen in den zweiten Gruppenspielen nur einen Sieg, dafür aber drei Niederlagen und drei Unentschieden für Deutschland. Bei den Europameisterschaften 2000 und 2004 war die DFB-Auswahl sogar in der Vorrunde gescheitert. Den einzigen Sieg seit 1998 feierte Deutschland bei der Heim-WM 2006: ein 1:0 gegen Polen.

In die Euro 2008 startete die deutsche Mannschaft mit einem 2:0 gegen Polen. Doch statt vorzeitig den Weg ins Viertelfinale zu ebnen, setzte es danach mit einem 1:2 gegen Kroatien einen Rückschlag. Michael Ballack musste Deutschland und Löw mit seinem Freistoßtor beim 1:0 gegen EM-Gastgeber Österreich erlösen. Bei der WM 2010 gab es nach dem 4:0-Start gegen Australien eine 0:1-Pleite gegen Serbien. Wieder wurde gezittert, bis Mesut Özil gegen Ghana der umjubelte Distanzschuss zum 1:0-Sieg glückte.

Augenscheinlich handelt es sich bei dem Phänomen um ein mentales Problem. Denn die Rückschläge handelten sich die diversen Mannschaften ungeachtet der Klasse ihrer jeweiligen Gegner ein. Bei der EM 2004 reichte es nach einem 1:1 gegen die Niederlande nur zu einem 0:0 gegen Lettland, das 1:2 gegen die Tschechische Republik besiegelte das vorzeitige Aus. Bei der WM 2002 gab es nach einem 8:0 gegen Saudi-Arabien auch nur ein Unentschieden gegen Irland (1:1), mit einem 2:0 gegen Kamerun ging es weiter ins Achtelfinale. Bei der EM 2000 ging alles schief – 1:1 gegen Rumänien im ersten, 0:1 gegen England im zweiten und 0:3 gegen Portugal im dritten Gruppenspiel. Zwei Jahre zuvor trennte sich das deutsche WM-Team beim zweiten Auftritt mit einem 2:2 von Jugoslawien, eingebettet in zwei 2:0-Siegen gegen die USA und Iran.

Diesmal will Löw das große Bangen umgehen, obwohl die Niederländer ein anderes Kaliber sind als manch anderer Gegner der Vorjahre. Er mahnt volle Konzentration an: „Wir haben mit dem ersten Sieg nur ein kleines Etappenziel erreicht.“ Mit einem zweiten Sieg wäre ein großes Zwischenziel ganz nahe gerückt: der Einzug ins Viertelfinale.