Das Abbrennen von Feuerwerk ist abseits der Silvesterzeit ohnehin verboten. Während der Fußball-WM 2014 blieb das Verbot in Stuttgart aber wirkungslos. Foto: Leif Piechowski

Wegen schlechter Erfahrungen während der Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2014 erlässt die Stadt für die Spiele der Europameisterschaft strenge Regeln. Ob sie durchgesetzt werden, ist offen.

Böblingen - Im Amtsdeutsch heißt das Schnaps- und Glasverbot: „Allgemeinverfügung zur Untersagung des Konsumierens und Mitbringens von branntweinhaltigen Getränken und Behältnissen aus zerbrechlichen Materialien sowie pyrotechnischen Gegenständen in dem Bereich der Innenstadt.“ Was nach dieser Überschrift auf anderthalb Seiten folgt, liest sich nicht flüssiger, und der dritter Teil ist im Grunde überflüssig. Denn der Verkauf, zumal das Abbrennen von Pyrotechnik, sprich Feuerwerk, ist außerhalb der Silvesterzeit ohnehin verboten.

Im Klardeutsch besagt jene Verfügung: Während der Spiele der Fußball-Europameisterschaft darf auf öffentlichen Plätzen in Böblingens Zentrum nicht aus Gläsern und Flaschen getrunken werden. Schnaps oder Schnapsmischgetränke sind ganz verboten. Das Verbot gilt bis drei Stunden nach Spielende und hat seine Einschränkungen. Erlaubt ist, Flaschen gleich welchen Inhalts durch die Stadt zu tragen. Sie dürfen nur nicht vor Ort geleert werden. Bekannt gemacht wurde die Verfügung einem eher eingeschränkten Personenkreis – im Amtsblatt. Bei der Verbreitung der Nachricht hofft die Stadt auf die Presse und das Internet.

Zur WM kamen auch Gewalttäter

Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 „war Böblingen ein Schwerpunkt“, sagt der städtische Pressesprecher Wolfgang Pfeiffer, „aus der ganzen Umgebung sind Fans zum Autocorso hierher gekommen“. Nicht die Fahrer seien das Problem, eher die Beifahrer und vor allem das an den Straßenrändern versammelte Publikum. Darunter waren polizeibekannte Gewalttäter aus dem Dunstkreis des Fußballsports. Deren Ausschreitungen zu verhindern, ist Ziel des Verbots. Jedenfalls waren die Folgen der Feiern unübersehbar: Müll, Schnapsleichen, vor allem Scherben. Glas wurde nicht nur zerbrochen, sondern auch geworfen. Allein weil Heimkehrer durch ein regelrechtes Scherbenmeer wateten, registrierte die Polizei etliche Verletzte. Zudem musste sie vereinzelt ausrücken, um Streit zu schlichten. Auch derlei Auswüchse sollen mit dem Verbot verhindert werden.

Wirten steht es allerdings frei, Alkoholisches zu verkaufen, auch Schnäpse in Gläsern. Die dürfen aber nur an der Theke gekippt werden. Wer seine Gäste außerhalb der Kneipe mit Bier oder Wein bewirten will, muss in Papp- oder Plastikbechern ausschenken.

Die Polizei soll die Verbote durchsetzen

Durchsetzen soll die Verfügung die Polizei, „in einem abgestuften Vorgehen“, wie Pfeiffer sagt. Wer ertappt wird, soll zunächst nur auf sein Vergehen aufmerksam gemacht werden. Im Zweifel ist eine Strafe von 300 Euro möglich. Taschenkontrollen sind in der Verfügung ausdrücklich vermerkt, genauso wie die Beschlagnahmung von Getränken. Gleichsam als Höchststrafe gilt der Platzverweis. Wer ihn missachtet, kann mit bis zu 5000 Euro Strafe belegt werden. Allerdings kann die Polizei gegen Störer ohnehin Platzverweise aussprechen und tut dies regelmäßig.

In Leonberg ist das Leo-Center nach den Spielen Fan-Treffpunkt. Die Feste dort verliefen in der Vergangenheit aber vergleichsweise ruhig. Dort Ähnliches zu verfügen ist aus Sicht der Polizei unnötig. Gleiches gilt für Herrenberg und Sindelfingen, schlicht weil von dort „innerhalb kurzer Zeit nach den Spielen viele Fans nach Böblingen kommen“, sagt die Polizeisprecherin Tatjana Wimmer.

Wie weit das Verbot durchgesetzt wird, bleibt einigermaßen offen: Die Polizei setzt während der Spiele mehr Personal ein. Allerdings sind keine gesonderten Kontrollen geplant. „Wir wollen den Leuten natürlich das Feiern nicht vermiesen“, sagt Wimmer, „schließlich feiern wir außerhalb der Dienstzeiten selbst mit“. Sofern die Polizeistreifen auf Volltrunkene stoßen, werde deren Alkoholvorrat durchaus einmal beschlagnahmt. Das gilt allerdings nicht nur zu Zeiten des Schnapsverbots. sondern grundsätzlich.