Bereit für ein letztes Turnier: Gianluigi Buffon Foto: Getty

Die EM in Frankreich ist die große Bühne der Fußballstars. Wer bringt es zu beson­deren Ehren? Wir haben – analog zur Oscar-Verleihung – vorab nominiert. Der letzte Teil unserer Serie: Die Kandidaten in der Kategorie „Lebenswerk“.

Stuttgart - Den echten Fußball-Experten ist mit Sicherheit der Name Ahmed Hassan ein Begriff. Bei Europa- und Weltmeisterschaften konnte der seit drei Jahren inaktive Mittelfeldspieler zwar nie seine Fußballkunst zeigen, was daran lag, dass Ahmed Hassan als Ägypter für eine relativ unbedeutende, afrikanische Fußballnation antrat. Und doch ist das sportliche Lebenswerk des Ex-Profis, der unter anderem für Besiktas Istanbul und den RSC Anderlecht spielte sowie bei sieben Afrika-Meisterschaften (vier Siege) am Ball war, kein unbedeutendes: Immerhin darf sich Ahmed Hassan nach 184 Einsätzen für Ägypten Welt-Rekordnationalspieler nennen, was zeigt, dass die Legenden des Fußballs nicht immer für die besten Teams gespielt haben müssen.

In den Geschichtsbüchern des Fußballs scheinen die Podiumsplätze für die drei größten Fußballer aller Zeiten ja ohnehin längst vergeben: Platz eins, da sind sich die Chronisten einig, geht an den Brasilianer Pelé. Denn Edson Arantes do Nascimento, so sein bürgerlicher Name, vereinte fußballerische Brillanz mit Charisma und Erfolg, was seine drei gewonnenen WM-Titel (1958, 1962, 1970) zeigen.

Hand Gottes

Auf Platz zwei der Wertung für das beste fußballerische Lebenswerk liegt der Argentinier Diego Maradona, jener „Pibe de Oro“ (Goldjunge), der einmal gegen England mit der „Hand Gottes“, aber meistens mit seinem genialen linken Fuß die Fußballwelt verzauberte. Dritter ist Franz Beckenbauer, der Fußballkaiser aus Europa, der als Einziger neben dem Brasilianer Mario Zagallo als Spieler und Trainer Weltmeister wurde.

Tatsächlich wird die Legendenbildung aber gerade auf dem europäischen Kontinent wesentlich durch starke nationale Strömungen geprägt. So ist etwa der semmelblonde Torwart Peter Schmeichel, der 1992 mit seinen für das Team Jugoslawien nachnominierten Dänen zum EM-Titel stürmte, in seiner Heimat ein Volksheld. Gleiches gilt – aller Korruptionsaffären zum Trotz – weiter für den Franzosen Michel Platini, der der Équipe Tricolore mit seinem Freistoßtor im EM-Finale von 1984 den Weg zum Titel ebnete. Zudem gibt es die One-Hit-Wonder, die Stars für ein Turnier, wie etwa den Italiener Mario Balotelli, dessen Stern bei der EM 2012 aufging – der diesmal aber in Italiens Aufgebot fehlt.

Dicht auf den Fersen

Zweimal Europameister (2008, 2012) und einmal Weltmeister (2010) mit Spanien wurde jener Mann, der in der Heimat lange Zeit als „San Iker“ verehrt wurde – und der mit 166 absolvierten Länderspielen dem Ägypter Hassan dicht auf den Fersen ist. Doch der Torhüter Iker Casillas, der 2015 nach 17 Jahren bei Real Madrid zum FC Porto wechselte, ist drauf und dran, seinem Denkmal ernste Kratzer zuzufügen. Im Tor der Seleccion ist er jedenfalls umstritten. Bei der EM werden dem Konkurrenten David de Gea von Manchester United bessere Startelf-Chancen eingeräumt. Was zeigt, dass wahre Legenden auch eines schaffen müssen: rechtzeitig den Absprung.

Die Nominierten in der Kategorie „Lebenswerk“:

Gianluigi Buffon


Der Torwart der italienischen Nationalelf hat schon deshalb das Potenzial zum Fußball-Denkmal, weil er aus der Marmorstadt Carrara stammt. Seit 1997 hütet der viermalige Welttorhüter des Jahres das Tor der Squadra Azzurra, hat 156 Länderspiele absolviert. Unlängst hat der 38-jährige Weltmeister von 2006 erklärt, bis ins Alter von 40 Jahren spielen zu wollen.

Bastian Schweinsteiger


Mit blutunterlaufenem Auge war der kampf- und willensstarke Bastian Schweinsteiger bereits nach dem gewonnenen WM-Finale von Rio der gefühlte Kapitän. Inzwischen hat der „Schweini“ nach dem Rücktritt von Philipp Lahm diese Rolle auch offiziell inne. Nach 114 Länderspielen könnte der 31-Jährige mit dem EM-Titel seine Karriere krönen. Das Problem: Schweinsteiger ist noch nicht fit.

Zlatan Ibrahimovic

Beinahe wäre der Abgang des langen Schweden als Nationalspieler ein unvollendeter gewesen. Dann aber zeigte der Superstar seine Qualitäten. Beim Play-off-Rückspiel in Dänemark schoss der 34-Jährige beim 2:2 beide Tore – und der Weg zur EM war frei. „Ich mache mich gerade erst warm“, sagt Ibrahimovic, für den das Alter nur eine Zahl ist .

Sergio Ramos

Das letzte Souvenir seiner ruhmreichen Karriere ist ein Stück des Tornetzes aus dem Mailänder Stadion Giuseppe Meazza. Das sicherte sich der Kapitän von Real Madrid nach dem Sieg im Finale der Champions League über den Stadtrivalen Atlético. Wenn der Begriff harter Knochen auf einen Profi zutrifft, dann auf Ramos, der neben seiner beeindruckenden physischen Präsenz stets auch zerrt, zieht und zupft. Doch der Erfolg gibt dem 30-Jährigen Recht: Ramos wurde unter anderem Weltmeister, zweimal Europameister, holte zweimal die Champions League und drei spanische Meisterschaften.

Wayne Rooney


Der „Mirror“ hat es etwas drastisch ausgedrückt: Bisher, so das Blatt angesichts von zehn Siegen der Engländer um Kapitän Wayne Rooney in zehn Quali-Spielen gegen die Schweiz, Slowenien, Estland, Litauen und San Marino, sei es ja nur gegen „Eskimos, Teletubbies, Wombles, Tweenies und Hosenscheißer“ gegangen. Dann aber machte das 3:2 in Deutschland Ende März mehr Mut, das England nach 50 Jahren wieder einen Titel holt. Wayne Rooney, 30, darf also im Herbst seiner Karriere auf den großen Coup hoffen.