Der deutsche Nationaltorhüter Manuel Neuer Foto: Getty


Der Fußball-Nationaltorwart Manuel Neuer spricht im Interview über das anstehende Turnier des Weltmeisters in Frankreich und seine eigene Rolle innerhalb der Mannschaft.

Ascona – - Beim 1:3 gegen die Slowakei hat Manuel Neuer pausiert, gegen Ungarn wird er an diesem Samstag (18 Uhr/ZDF) wieder im Tor der DFB-Auswahl stehen. „Das ist der wichtigste Test des Jahres“, sagt der 30-jährige Münchner.
Herr Neuer, wie erleichtert sind Sie, dass das Trainingslager vorüber ist?
Ach, mir hat so etwas noch nie etwas ausgemacht. Mir macht es Spaß, auf dem Platz zu stehen. Ich liebe den Fußball.
Wie fällt Ihr persönliches Zwischenfazit aus?
Sehr positiv. Vor der WM 2014 war ich an der Schulter verletzt und konnte nicht richtig trainieren. Jetzt habe ich von Beginn an sehr konzentriert gearbeitet und die Zeit genutzt. Ich bin voll im Saft.
Und wie beurteilen Sie den Zustand der Mannschaft im Vergleich zur WM? Wichtige Führungsspieler haben aufgehört, junge Spieler sind dazugekommen.
Wir haben aber noch immer sehr viele erfahrene Spieler dabei, die Weltmeister geworden sind und auf dem Platz Entscheidungen treffen können. Das ist für ein Turnier ganz wichtig. Ich habe die Stimmung im Trainingslager sehr positiv erlebt, gleichzeitig aber ist sehr aggressiv trainiert worden. Das gibt mir ein gutes Gefühl.
Aber fällt es nicht sehr schwer, sich nach einem Weltmeistertitel neu zu motivieren?
Es war für mich eine große Überraschung, dass gerade wir Bayern-Spieler das vor zwei Jahren so gut weggesteckt haben und gleich wieder so erfolgreich in die Bundesliga gestartet sind. Wir waren nicht müde zu kriegen, weder körperlich noch mental.
In der Nationalmannschaft aber holperte es. Sami Khedira sprach von einem Mentalitätsproblem. Hat er recht?
Es war natürlich nicht einfach für uns – auch weil die Gegner seither noch motivierter sind, wenn es gegen den Weltmeister geht. Wir hatten immer wieder andere Formationen, haben junge Spieler integriert. Auch das hat alles eine Rolle gespielt. Ich denke aber, dass man ein Turnier nicht mit einer Qualifikation oder Testspielen vergleichen kann. Eine deutsche Mannschaft hat sich immer auf den Punkt vorbereiten können. Deshalb mache ich mir auch diesmal keine Sorgen, dass wir nicht die nötige Mentalität haben könnten.
Ab wann wäre die EM für Sie ein Erfolg?
Unser Ziel ist es natürlich, den Titel zu holen. Das heißt aber nicht, dass es automatisch eine Enttäuschung wäre, wenn uns das nicht gelingt. Für mich ist erst mal grundsätzlich wichtig, dass wir den deutschen Fußball gut repräsentieren. Das wollen wir tun – wir haben schließlich eine erfrischende, spielstarke Mannschaft. Es kann aber trotzdem immer passieren, dass man gegen einen starken Gegner verliert und ausscheidet. Auch Niederlagen kann ich akzeptieren.
Wie das Aus der Bayern im Champions-League-Halbfinale gegen Atlético Madrid?
Zum Beispiel. Diese Niederlage konnte ich akzeptieren, weil es irgendwie so gewollt war. Wie damals im Finale gegen Chelsea haben wir uns auch gegen Atlético gut verkauft und klasse Fußball gespielt. Das war keine Schande für uns. Wenn man das so betrachtet, kann es eine erfolgreiche EM werden, auch wenn wir am Ende nicht mit dem Pokal nach Hause kommen.
Wer sind Ihre schärfsten Konkurrenten?
Wie immer die üblichen Verdächtigen: Spanien, Italien, der Gastgeber Frankreich, dazu die Belgier. Ich finde, eine EM ist nicht einfacher als eine WM. Da hast du lauter Mannschaften, die gut ausgebildet sind und sich auf uns einstellen können. Sie alle kennen den deutschen Fußball. Und wir wissen, dass jetzt erst recht jeder den Weltmeister schlagen will.