Rasante Entwicklung: Nachwuchskicker Grischa Prömel Foto: dpa

Grischa Prömel von 1899 Hoffenheim II ist bei der U-20-Weltmeisterschaft für Deutschland am Ball – und bestätigt damit seine rasante Entwicklung.

Christchurch - Die Zeiten der Quertreiber und Individualisten im Fußball, „die auch mal außen vorgeprescht sind“, sind vorbei, sagt Frank Wormuth, der Trainer der deutschen U 20, die gerade bei der WM in Neuseeland mit 16 Treffern durch die Gruppenphase gerast ist und an diesem Donnerstag im Achtelfinale in Christchurch auf Nigeria trifft. Das liege daran, dass aufmüpfige Spieler in den seit 2000 aufgebauten Nachwuchsleistungszentren unerwünscht sind und aussortiert werden, „deshalb fehlen sie jetzt auch bei uns“. Trotzdem macht der in Berlin geborene Ex-Trainer des SSV Reutlingen und des VfR Aalen in seiner Nachwuchself zwei Persönlichkeitstypen aus, die trotz ihrer Unterschiede gut harmonieren: jene, die jede Mutter gerne als Schwiegersohn hätte, und „die positiv Verrückten, die die Kappe verkehrt herum auf dem Kopf tragen und ‚Cool, Trainer‘ sagen“. Aber bitte, sagt der 54 Jahre alte Coach fast im selben Atemzug, „bitte niemanden in Kategorien stecken“.

Sei’s drum. Kategorie oder nicht. Grischa Prömel bei diesem Nachwuchs-Championat am anderen Ende der Welt zu beschreiben ist einfach. Der Typ Liebling aller Schwiegermütter ist die Personifizierung des Wortes Glück. Die strahlenden Augen des gebürtigen Esslingers, der in Diensten des Regionalligisten 1899 Hoffenheim II steht, erzählen die Geschichte des wahr gewordenen Traums eines hoffnungsvollen Talents, das unverhofft zur festen Größe in der deutschen U-20-Nationalmannschaft geworden ist.

Selbst als die durch die Zweitliga-Relegation aufgehaltenen Stammspieler Julian Weigl und Maximilian Wittek von 1860 München zum letzten Vorrundenspiel gegen Honduras aufliefen, zählte der 20-jährige Schwabe noch immer zur ersten Elf. „Natürlich ist es ein Traum, als Viertliga-Spieler bei einer WM zu spielen“, sagt Prömel, dessen Eltern und zwei Brüder noch immer im Esslinger Stadtteil Hohenkreuz wohnen. „Einige in der Mannschaft spielen in der Bundesliga oder zweiten Liga, und einige haben schon eine WM gespielt. Da muss ich mich als Regionalliga-Spieler erst mal hinten anstellen. Deshalb freut es mich umso mehr, dass ich hier Deutschland vertreten darf.“

Und wie! Der Spätstarter, der erst auf sanften Druck seines Vaters Roland und mit in Aussicht gestellten Belohnungen beim TSV/RSK Esslingen mit dem Fußballspielen begann und mit 14 Jahren zu den Stuttgarter Kickers wechselte, zeigte keinerlei Anlaufschwierigkeiten, wurde zum Aktivposten im defensiven Mittelfeld und erzielte gegen Fidschi und gegen Honduras je einen Treffer. „Ein Tor bei einer WM zu erzielen, davon träumt, glaube ich, jeder Kleine, der Fußball spielt“, sagt Prömel, „so war’s bei mir auch. Ich bin ja nicht davon ausgegangen, dass ich Stammspieler werde. Und wenn man dann noch ein Tor erzielt . . . Da hat man was zu erzählen, wenn man mal älter ist. Alles ist bei mir so rasant gegangen.“

Der Schlüssel zum unverhofften Erfolg war der Wechsel von Degerloch nach Hoffenheim 2014, fast direkt nach dem Abitur. „Das ist eine andere Welt“, sagt Prömel, „nicht bloß, weil ich dort mit der U 19 auf Anhieb deutscher Meister geworden und vorher mit den Kickers abgestiegen bin. Die Bedingungen sind optimal.“ Die Aufstiegschancen auch, das zeigt die Nominierung für die U-20-WM in Neuseeland. Dort erlebte Prömel am Sonntag eine Gratwanderung zwischen Traum und Albtraum, als er sich in der letzten Spielminute, als das deutsche 5:1 gegen Honduras längst feststand, in einen Zweikampf stürzte und danach humpelte. „Das war eine unnötige Aktion, bei der ich mich ein bisschen verletzt habe“, sagte er selbstkritisch. Zum Glück zeigte die Ultraschalluntersuchung keine Schädigung des Sprunggelenks. Einer Fortsetzung von Prömels Höhenflug im Land der flugunfähigen Kiwis steht also nichts im Wege.