Redaktionsbesuch vor dem Start: Jürgen Kramny, Frank Schmidt, Ralph Hasenhüttl (v.li.) Foto: Pressefoto Baumann

Interview mit den Trainern von VfB II, 1. FC Heidenheim und VfR Aalen. Freitagabend startet die Saison.

Stuttgart - Dieses Treffen hat Tradition. Auch vor der Start der dritten Liga am morgigen Freitag brachten wir die Trainer der württembergischen Vertreter an einen Tisch. Das Trio Jürgen Kramny (VfB II), Frank Schmidt (1. FC Heidenheim) und Ralph Hasenhüttl (VfR Aalen) war sich einig: Diese Spielklasse ist ungemein attraktiv.

Meine Herren, froh, dass es los geht?

Kramny: Klar, meine Jungs sind heiß auf das erste Pflichtspiel am Samstag bei Arminia Bielefeld.

Hasenhüttl: Die Sommerpause in der schönsten Fußballzeit des Jahres ist sehr lang. Gut, dass es endlich losgeht. Auch wenn es die Aufgabe in Sandhausen gleich in sich hat.

Schmidt: Die Bundesliga startet erst in zwei Wochen, da zieht die dritte Liga noch mehr Aufmerksamkeit auf sich. Wir freuen uns riesig, dass unser Heimspiel am Freitag gegen Offenbach live im Fernsehen (Anm. d. Red.: 17.45 Uhr/SWR) übertragen wird.

Wie lief die Vorbereitung?

Kramny: Bei uns reibungslos, auch wenn wir natürlich immer wieder Spieler nach oben abgeben mussten. Aber es ist schließlich auch unser Ziel, dass die Jungs den Sprung in die Bundesliga schaffen.

Schmidt: Bei uns lief's eher durchwachsen. Unsere Philosophie ist es ja, keine fertigen Spieler zu verpflichten. Sondern meistens junge, hungrige Leute aus zweiten Mannschaften von Proficlubs aus dem süddeutschen Raum. Die müssen sich erst noch dran gewöhnen, im Rampenlicht zu stehen.

Hasenhüttl: Wir sind im Sommer den anderen Weg gegangen und haben erfahrene Drittligaspieler geholt, die aber auch charakterlich zu uns passen. Die Mischung stimmt. Bei Heidenheim war ein Grundstock von erfahrenen Spieler schon vorhanden.

Schmidt: Dazu muss man aber sagen, dass diese Akteure wie Erol Sabanov, Marc Schnatterer oder Martin Klarer erst bei uns zu gestandenen Spielern gereift sind.

Drittliga-Torschützenkönig Patrick Mayer, der 22 Treffer erzielte, hat sich nun Bundesliga-Aufsteiger FC Augsburg geholt ...

Kramny: Der Mann hat Tore garantiert. Das wird bestimmt nicht einfach für euch, den Jungen zu ersetzen.

Hat der Kollege Recht?

Schmidt: Also ich sehe das Ganze nicht so dramatisch. Patrick Mayer war von Eintracht Frankfurt II zu uns gestoßen. Jetzt haben wir Tobias Rühle vom VfB II und Scipon Bektasi vom SC Freiburg II geholt. Sie können sich entwickeln und für Patrick in die Bresche springen. Zum anderen ist es doch immer auch eine Frage, wo ich den Hebel ansetzte: Will ich 4:3 gewinnen oder reichen nicht auch mal ein oder zwei Tore, um ein Spiel für sich zu entscheiden. Wir können nicht immer nur attraktiv spielen.

Auch der VfB II muss seinen Top-Torjäger ersetzen. Sven Schipplock erzielte in 14 Spielen zehn Tore.

Kramny: Der Junge musste wechseln, zumal er dieses Jahr 23 wird. Jetzt müssen andere treffen - Soufian Benyamina, Pascal Breier, Alexander Aschauer, Alexander Riemann oder unser Neuzugang Christoph Hemlein.

Sie, Herr Hasenhüttl, haben Sturmtank Marco Grüttner freiwillig an Regionalligist Stuttgarter Kickers abgegeben. Warum?

Hasenhüttl: Weil ich vorne eher den flinken, wuseligen Typ haben wollte. Robert Lechleitner und die Neuen Christoph Sauter und Marco Calamita passen besser zu unserer Spielweise. Individuelle Qualität haben viele Teams in der Liga. Letztendlich aber müssen persönliche Ziele hinten anstehen und das mannschaftstaktische im Vordergrund stehen.

Aalen will mit Emotion Fußball spielen

Herr Kramny, wo erwarten Sie denn die beiden württembergischen Rivalen?

Kramny: In der oberen Tabellenhälfte.

Schmidt: Unser neunter Platz aus dem Vorjahr war nicht super gut, aber auch nicht super schlecht. Die dritte Liga ist für uns lebenswichtig. Deshalb müssen wir den Ligaverbleib so früh wie möglich sichern. Und wir wollen den WFV-Pokal verteidigen.

In Aalen wird traditionell schnell von der zweiten Liga geträumt.

Hasenhüttl: Wenn's so einfach wäre. Wir wollen uns in der Liga etablieren, leidenschaftlich und mit Emotionen Fußball spielen und unseren Zuschauerschnitt von rund 4000 erhöhen.

Heidenheim hatte...

Schmidt: ... exakt 6009 Besucher im Schnitt.

Kramny: (Lacht.) Das ist auch ein Ziel von uns.

Sie nehmen es mit Humor. Die wenigen Zuschauer im Gazistadion auf der Waldau machen es aber nicht einfacher für den VfB II. Wie schwer wird die neue Runde?

Kramny: Es wird eine extrem schwierige Saison für uns. Wir haben die jüngste zweite Mannschaft in der Geschichte des VfB und in Tobias Rathgeb und Daniel Vier nur zwei Spieler, die über 23 sind. Wir werden uns das eine oder andere blaue Auge holen.

Dafür hat der VfB II in Marc Kienle nun einen sportlichen Leiter. Wie hilfreich ist das?

Kramny: Der direkte Austausch ist sehr wichtig. Es ist gut, wenn man jemanden hat, der den nüchternen Blick von außen hat.

Der VfB II erzielte in der vergangenen Saison respektable Ergebnisse. Spötter behaupten aber, die VfB-Mittelfeldspieler hätten sich einen steifen Hals geholt, weil die Abwehrspieler so oft hohe Bälle nach vorne schlugen.

Kramny: Die letzte Saison ist kein Thema mehr. Nur so viel: Der zehnte Platz war aller Ehren Wert, aber klar ist auch: Wir wollen uns fußballerisch weiterentwickeln.

Hasenhüttl: Hut ab vor dem VfB. Es ist schon eine fantastische Leistung, als einziges Reserveteam eines Proficlubs auf sportlichem Weg dringeblieben zu sein.

Kramny: Darüber sind wir richtig froh, weil sich unsere Talente in der dritten Liga am besten weiterentwickeln können. In einem Hexenkessel wie der Bielefelder Alm zu bestehen, ist schon etwas anderes, als vor 80 Leuten beim FSV Frankfurt II zu spielen.

Hasenhüttl: Hinzu kommt noch, dass es für einen Proficlub um einiges schwieriger ist, junge Spieler zu bekommen, wenn die zweite Mannschaft nur in der Regionalliga am Ball ist.

Schmidt: Wir in Heidenheim haben jedenfalls überhaupt nichts gegen die zweiten Mannschaften. Die ziehen bei uns die Zuschauer überdurchschnittlich gut an.

"Irgendwie will niemand Favorit sein"

Neben dem VfB II ist nur noch Werder Bremen II dabei.

Kramny: Eine Etage tiefer, in der Regionalliga Süd, tummeln sich zehn zweite Mannschaften.

Schmidt: Und das ist eine Katastrophe.

Leidet denn die Attraktivität der dritten Liga darunter, dass Eintracht Braunschweig, Dynamo Dresden und Hansa Rostock den Sprung nach oben schafften?

Schmidt: Nein, die Attraktivität ist ungebrochen. Bielefeld, Oberhausen, der VfL Osnabrück kamen runter, die Aufsteiger Darmstadt 98, Chemnitzer FC und Preußen Münster bringen ebenfalls viel Tradition mit.

Sind die Absteiger auch die Favoriten?

Hasenhüttl: Für mich ist der SV Wehen Wiesbaden der Topfavorit auf den Titel.

Schmidt: Irgendwie will in der Liga keiner der Favorit sein.

Kramny: Die Erfahrung zeigt, dass sich die Traditionsclubs schnell finden und dank der Riesenunterstützung ihrer Fans einen großen Vorteil haben.

Was sind Ihre Wünsche für die neue Saison?

Kramny: Viele attraktive Spiele und begeisterungsfähigen Fußball zeigen. Getreu der VfB-Philosophie wollen wir so viele Spieler wie möglich nach oben bringen - und natürlich in der Liga bleiben.

Schmidt: Meine Frau kritisiert zwar, dass ich immer das Gleiche sage und auch sie in der Pressekonferenz reden könnte (lacht). Aber ich kann trotzdem nichts Spektakuläres von mir geben: Wir wollen gegen Offenbach gut in die Saison starten und uns danach bei unserem zweiten Saisonhöhepunkt, dem DFB-Pokal-Spiel gegen Werder Bremen, gut aus der Affäre ziehen.

Hasenhüttl: Wir wollen - auch an einem schlechten Tag - ein unangenehmer Gegner sein. Und darf ich noch eine Bitte äußern?

Gerne?

Hasenhüttl: Können wir das nächste Treffen nicht auf der Ostalb machen, wir sind in der Überzahl.

Stuttgart könnte bei einem Aufstieg der Kickers zum 2:2 ausgleichen.

Schmidt: In diesem Fall würde ich gerne wieder nach Stuttgart kommen.

Kramny: Wir hätten auch nichts dagegen.

Schmidt: Vielleicht krempelt dann auch mal die Stadt Stuttgart die Ärmel hoch, und ihr bekommt eine Rasenheizung.