Nach drei Jahren beim Verbandsligisten VfB Neckarrems kehrt Alexander Herzog (vorne) zum SC Stammheim und damit an seine alte Wirkungsstätte zurück Foto: Avanti

Erstmals in seiner Geschichte hat der SC Stammheim den Aufstieg in die Landesliga geschafft. Doch der Club übernahm nicht alle Gepflogenheiten, die bei vielen seiner künftigen Ligakonkurrenten üblich sind.

Stammheim - Rainer Schwalb, Karsten Kreid, Marco Pfisterer – das sind drei immens wichtige Neuzugänge beim SC Stammheim. Allerdings wird sich das Trio in der Fußball-Landesligasaison 2015/2016 nicht ein einziges Mal die Kickstiefel schnüren. Aber der Aufsteiger aus dem Stuttgarter Norden hat schnell gelernt, dass es nicht nur Verstärkungen im Spielerkader braucht, um in dieser Klasse bestehen zu können. Schwalb und Kreid fungieren künftig als Co-Trainer von Coach Thomas Oesterwinter, wobei Schwalb zudem den Posten des Spielleiters der ersten Mannschaft übernimmt. Pfisterer unterstützt als Stellvertreter den Abteilungsleiter Wolfgang Scheck. „Wenn wir etwas machen, dann versuchen wir, es richtig zu machen“, gibt Scheck die Maxime für das Abenteuer Landesliga aus – eine Spielklasse, in welcher der SC Stammheim bis dahin noch nie vertreten war.

Genau genommen haben die Nord-Stuttgarter auch nicht damit gerechnet, dass ihnen der direkte Aufstieg gelingt. „Wir sind eigentlich davon ausgegangen, wieder die Relegation spielen zu müssen“, sagt Scheck. Das war in der Saison 2013/2014 der Fall gewesen, wo sich der SC zwar in Relegationsrunde eins nach Elfmeterschießen gegen den SV Grimmelfingen durchgesetzt hatte, dann aber in Runde zwei im 1. FC Eislingen seinen Meister fand. Auch eine Spielzeit später hatte vieles auf die Extra-Schicht hingedeutet. Doch Dank der Schützenhilfe des TSV Weilimdorf, der am letzten Spieltag den Tabellenführer TSVgg Münster bezwang, zogen die Stammheimer noch an den Münsterern vorbei. Womit sich der nach dem Einstieg von Trainer Thomas Oesterwinter auf drei Jahre ausgelegte Aufstiegsplan des SC flugs um ein Drittel verkürzt hatte. Lob gab es von der Konkurrenz: Der SC, so bekundeten mehrere Bezirksligatrainer, sei verdient Meister geworden, da der Club einfach die spielstärkste Mannschaft habe.

Nun mussten die Stammheimer allerdings ziemlich schnell erfahren, das Spielstärke allein in der Landesliga nicht ausreicht. In der ersten Runde des WFV-Pokals unterlagen sie dem künftigen Ligarivalen TSV Bad Boll, der die vergangene Spielzeit auf Platz neun beendet hatte, glatt mit 0:3. „Aus diesem Spiel können wir viel lernen“, sagt SC-Trainer Oesterwinter. Nämlich, dass in der neuen Spielklasse erstens deutlich schneller und zweitens körperbetonter agiert wird als in der Bezirksliga. Aber die Nord-Stuttgarter verloren nicht nur die Pokalbegegnung, sie verloren auch noch einen Spieler. Daniele Garofalo zog sich einen Kreuzbandriss zu und wird monatelang pausieren müssen.

Da passt es gut, dass sich die Stammheimer nicht nur auf Funktionärsebene verstärkt haben. Sechs Neuzugänge stehen zu Buche. Wobei der SC dabei auf schwäbisch-solide Art agierte. „Wir werden nichts unternehmen, was das Gefüge sprengt“, sagt Abteilungsleiter Scheck. „Wir haben nun mal einen finanziellen Rahmen, der nicht so groß ist wie bei einigen Clubs auf dem Land.“ Und so verzichtete der SC darauf, Spieler mit großem Namen – und meist auch großen Ansprüchen – zu verpflichten. „Das wichtigste ist, dass die neuen Spieler Potenzial haben und charakterlich zu uns passen“, betont Coach Oesterwinter, der die mannschaftliche Geschlossenheit als größten Trumpf des SC sieht.

Dass dem so ist, beweist ein „Neuzugang“ aus den eigenen Reihen. Routinier Thomas Quast hatte am Ende der vergangenen Spielzeit angekündigt, dass er kürzer treten und nur noch als Notnagel in Härtefällen zur Verfügung stehen will. Kaum hatte die Vorbereitung auf die Landesligasaison begonnen, stand Quast wieder parat. „Er war bei fast jeden Training dabei“, sagt Oesterwinter. Und bei fast jedem Testspiel stand der Defensivmann auf dem Platz. „Uns ist das recht, wir wissen um seine Qualitäten“, sagt der Stammheimer Trainer. Apropos Qualität: Der Königstransfer der Nord-Stuttgarter ist Offensivkraft Alexander Herzog, der nach drei Jahren beim Verbandsligisten VfB Neckarrems wieder an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt ist. Ein weiterer Hochkaräter ist Patrick Griebel von den A-Junioren der Stuttgarter Kickers. „Es war Glück, dass er zu uns kam“, sagt Oesterwinter. „Er hat relativ spät gesagt bekommen, dass in der Oberligamannschaft der Kickers kein Platz für ihn ist.“ Und so schlugen die Stammheimer zu. Ansonsten bediente sich der SC bei Bezirks- und Kreisligaclubs. Wobei Marco Bardaro und Sergio Mavinga, die vom TV 89 Zuffenhausen kamen, eigentlich schon ein Jahr zuvor hätten verpflichtet werden sollen. Damals hatten sich die beiden dafür entscheiden, in Zuffenhausen weiterzuspielen. Jens Peringer stieß vom Bezirksligaabsteiger TSV Mühlhausen zu den Nord-Stuttgartern, Rudi Hartmann kickte zuvor in der Kreisliga B beim VfL Stuttgart. „Er hat gefragt, ob er mal mittrainieren kann“, sagt Oesterwinter. „Und da hat er eingeschlagen wie eine Granate.“

Ob der SC in der Landesliga einschlagen kann, muss sich zeigen. Zumal etliche Landesligisten in Sachen Neuverpflichtungen eher geklotzt als gekleckert haben. Und so gilt es für die Stammheimer vorrangig, das zu vermeiden, was den meisten Aufsteigern aus dem Bezirk Stuttgart in der jüngeren Vergangenheit passiert ist: der postwendende Abstieg. „Unser Ziel ist ganz klar der Klassenverbleib. Alles andere wäre utopisch“, urteilt der Stammheimer Coach.