Toni Kroos, Sami Khedira, Emre Can und Ilkay Gündogan (v. li.) sind im Viertelfinale der Königsklasse gefordert Foto: Getty, Illustration: Ruckaberle

Die deutschen Nationalspieler Toni Kroos, Sami Khedira, Emre Can und Ilkay Gündogan prägen das Spiel ihrer internationalen Topclubs in der Champions League.

Stuttgart - Der April ist da, und mit ihm die Gewissheit, dass es nach langem Vorgeplänkel endlich losgeht im europäischen Spitzenfußball. Champions League, Viertelfinale. Endlich, sagen sich die meisten Fußballliebhaber: endlich! Vor dem April macht die Königsklasse noch, was sie will – jetzt ist auf sie Verlass. Denn vorbei sind die Zeiten, als Clubs wie NK Maribor, Apoel Nikosia oder Qarabag Agdam, die Fußballmacht Aserbaidschans, in diesem aufgeblähten Wettbewerb noch ihr Glück versuchen durften oder international zweitklassige Teams wie der FC Basel oder Besiktas Istanbul sogar im Achtelfinale dabei waren. Jetzt ist Viertelfinale. Jetzt hat die Champions League ihren Namen wieder verdient, weil die Topteams unter sich sind. Die heiße Phase beginnt. Mit vier Deutschen im Mittelpunkt.

Und das im wörtlichen Sinne.

An diesem Dienstag empfängt Juventus Turin in einem Klassiker Real Madrid zum Viertelfinalhinspiel, ehe es am Mittwoch zum englischen Duell der Giganten kommt: FC Liverpool gegen Manchester City, das ist das Aufeinandertreffen der Trainergrößen Jürgen Klopp und Pep Guardiola. Es ist aber auch das Duell der Deutschen im Mittelfeld. Emre Can trifft auf Ilkay Gündogan. Einen Tag vorher, bei Juve gegen Real, steigt schon das erste innerdeutsche Duell der Nationalspieler im Zentrum, wo der Weltmeister Sami Khedira den Weltmeister Toni Kroos herausfordert.

Wenn sich die Fußballelite trifft, gibt ein deutsches Quartett also den Takt vor. Bei Khedira, Kroos, Gündogan und Can laufen die Fäden in der Mitte zusammen. Sie sind, wenn man so will: das Zentrum und das Herzstück Europas. Und das so ganz ohne Beteiligung des hiesigen Branchenführers FC Bayern München, wo die Spanier Javi Martinez und Thiago oder der Chilene Arturo Vidal meist das Zentrum besetzen.

Kroos und die Leichtigkeit des Seins

Die internationale Konkurrenz dagegen legt Wert auf deutsche Wertarbeit, und das aus guten Gründen. Toni Kroos etwa ist seit Jahren über jeden Zweifel erhaben. Der Mann aus Greifswald hat eine Weltkarriere hingelegt, die ihresgleichen sucht. Der Weltmeister und dreimalige Champions-League-Sieger gibt in der Nationalelf und bei Real mit einem Selbstverständnis und einer Leichtigkeit den Takt vor, als würde er sich am Sonntag mit ein paar Kumpels zum Kicken auf dem Bolzplatz treffen. Kroos ist aus dem deutschen Königsklassen-Quartett im Zentrum der international anerkannteste, weil er seine Erfolge seit Jahren mit traumwandlerisch verlässlichen, virtuosen Auftritten paart.

Eine ähnlich hohe Wertschätzung genießt auch Sami Khedira, das gefühlt allerdings meist eher intern, bei seinen Trainern und bei den Mannschaftskollegen, die seine Qualitäten als Abräumer, Antreiber, Stratege und Stabilisator im Mittelfeld zu schätzen wissen. So ist Khedira bei Juventus so etwas wie der Motor im Spiel. Weil sein Stil aber – auch im Vergleich zu Kroos – weniger spektakulär ist, ist er in der Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit eben manchmal nicht mehr als nur der solide Arbeiter. Im Umfeld von Khediras Exclub Real Madrid oder Juventus sucht man immer auch nach Grandezza im Spiel – da haben die verlässlichen Schaffer oft einen schweren Stand.

Als es nicht ganz so rund lief, gab es zuletzt sogar Pfiffe des Juve-Anhangs gegen Khedira – der aber schlug nun zurück. Und wie. „Wie ein Orkan“ sei der Weltmeister über den Platz gefegt, schrieb die „Gazzetta dello Sport“ nach dem Turiner 3:1-Sieg gegen den AC Mailand mit Khedira als Torschützen. Hinterher landete der ehemalige VfB-Profi in den sozialen Netzwerken den nächsten Volltreffer. „Und an meine Freunde, die mir gesagt haben, dass ich in den letzten Spielen an keinem Tor beteiligt war“, schrieb Khedira auf Twitter: „Silenzio.“ Ruhe also.

Klopp will Can nicht verlieren

Laut dagegen soll es am Dienstag wieder gegen Real werden – so wie einen Tag später, an Liverpools berühmter Anfield Road. Dort, wo Emre Can Ilkay Gündogan zum nächsten deutschen Mittelfeldduell der Königsklasse empfängt. Die beiden Deutschtürken haben sich in England zu prägenden Figuren entwickelt, und das mit ihren ganz eigenen, unterschiedlichen Fähigkeiten.

So ist Can im auf Gegenpressing ausgerichteten Spiel von Jürgen Klopp der Vorkämpfer, der nicht nur in der Defensive durch seine Wucht besticht, sondern auch im Angriff, wo er mit seinem satten Schuss oft für Gefahr sorgt. Sein Vertrag in Liverpool läuft im Sommer aus, die Zukunft ist offen, angeblich sollen Juventus und Borussia Dortmund Interesse haben– Klopp jedenfalls hofft inständig auf einen Verbleib seines aggressiven Anführers.

Bei Gündogan sind die Zukunftsfragen einfacher zu beantworten– der lange von Verletzungen geplagte Nationalspieler hat kürzlich den Durchbruch bei ManCity geschafft, sein Vertrag läuft bis 2020. Pep Guardiola kann also auch in Zukunft auf seinen Chef im Ring bauen, auf seine Passmaschine, bei dem im Ballbesitzfußball des Katalanen die Fäden zusammen laufen. Gündogan macht das so gut, dass Guardiola kürzlich das Loblied sang: Er sei „ein „außergewöhnlicher Mittelfeldspieler mit einer großen Persönlichkeit“. Gündogan will nun in der Königsklasse den großen Wurf landen. So wie Khedira, Kroos und Can – die Konkurrenz aus seiner Heimat.