Der Vaihinger Fabijan Krpan wechselt überraschend zu einem seiner Staffelgegner. Derweil baut der Tabellenführer TSV Bernhausen dank einer finalen „Weltklasse“-Aktion seinen Vorsprung aus, feiert der TSV Rohr einen Last-Minute-Matchwinner und bestreitet ein Verein den Rest der Runde mit neuem Trainer.
Aufstand im Tabellenkeller, nächster Trainerwechsel, dazu ein diesmal wankender Seriengewinner TSV Bernhausen, der sich am Ende dann aber sogar als dreifacher Gewinner fühlen durfte – das sind die Eckdaten zum 23. Spieltag der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga. Während sich in den Tiefen des Klassements der SV Sillenbuch und der TSV Rohr mit Überraschungserfolgen gegen den drohenden Abstieg gestemmt haben, jubelte der Spitzenreiter schließlich nicht nur über einen 1:0-Zittersieg. Hinzu kommen für ihn zwei Zugaben. Zum einen ist der eigene Vorsprung nun auf drei Punkte samt weiterhin klar bester Tordifferenz angewachsen. Der erhoffte Meistertitel und Landesliga-Wiederaufstieg nehmen immer konkretere Formen an. Zum anderen können sich die „Veilchen“ über ein Coup auf dem Transfermarkt freuen. Sie haben das Rennen um den derzeit wohl begehrtesten Spieler der Staffel gemacht.
TSV Münster – TSV Bernhausen
Dem Vernehmen nach haben sich bei ihm zuletzt die Angebote gestapelt. Der Heißbegehrte hatte die breite Wahl. Wie es halt so ist, wenn einer als gerade einmal 20-Jähriger auf bereits 21 Saisontreffer kommt und damit den zweiten Platz der Ligaschützenliste belegt. Umso bemerkenswerter, welche Entscheidung Fabijan Krpan nun getroffen hat. Sie lautet: TSV Bernhausen. Fortan also Fleinsbach statt Schwarzbach. Der Youngster wechselt vom bisherigen Staffelrivalen SV Vaihingen zum immer wahrscheinlicheren neuen Meister, wo sich sein künftiger Trainer schon jetzt frohlockend die Hände reibt. „Mit dieser Verpflichtung ist uns ein gutes Ausrufezeichen gelungen“, sagt Roko Agatic. Beibehalten werden soll mit Krpan im Verein der eingeschlagene Weg mit den Attributen „jung, hungrig und wild“, bevorzugt aus der näheren Umgebung. Ausgestochen haben die Bernhausener im Buhlen um die Dienste des Toptalents unter anderem die Landesligisten SKV Rutesheim und SV Böblingen.
Insgesamt passt die Begebenheit zu der Erfolgswelle, auf der Agatic und die Seinen nun schon seit Monaten reiten. Und allemal zu verkraften ist es dabei, dass der Auftritt auf dem Rasen diesmal ausnahmsweise nicht ganz so rauschend ausfiel wie noch am Donnerstag bei der 6:0-Machtdemonstration im Gipfelduell mit dem SV Bonlanden. Nach dem aktuellen 1:0 bei einem sich verbissen wehrenden TSV Münster gilt: nur noch zwei Schritte bis zum finalen Hurra. Sechs Punkte aus den verbleibenden drei Spielen sollten reichen. Und eben „allein um Punkte und nicht mehr um Schönheitspreise geht es jetzt noch“, sagt Agatic.
Zum Matchwinner wurde zum Abschluss der englischen Woche Werner Hottmann. Der Routinier, einst Junioren-Bundesligakicker beim VfB, erzielte kurz vor der Pause nach einem Eckball den spielentscheidenden Treffer. In der Endphase verhinderten dann der Keeper Matej Livancic und die Querlatte des eigenen Tors den gegnerischen Ausgleich. „Einmal eine Weltklasse-Parade, einmal Pech“, stöhnt der Agatic-Gegenüber Stefan Schuon, für dessen Team Yücel-Emre Coskun und Jan Patrick Schwarz scheiterten. Freilich, keinerlei Vorwürfe – ganz im Gegenteil. „Viel Fleiß, viel Laufarbeit“, sagt Schuon, „unsere Performance war richtig gut“. Und ließ erahnen, wie der Aufsteiger an selber Stätte zuvor den beiden anderen Großen der Tabelle, den Bernhausen-Rivalen Plattenhardt und Bonlanden (3:3 und 1:1), ein Schnippchen hatte schlagen können. Viel hat nicht gefehlt, auch den dritten Topfavoriten straucheln zu lassen.
SV Bonlanden – TSV Musberg
Für die Bernhausen-Verfolger ist mit dem jetzigen Ergebnis derweil die Hoffnung weiter geschwunden, dass es im Meisterschaftsrennen nochmals eine Wende geben könnte. Genauer gesagt: Für den SV Bonlanden ist sie sogar praktisch schon vollends dahin. Der böse Knick: Bis Mitte der vergangenen Woche selbst noch Erster, nun fünf Zähler hinterher. „Es ist total ernüchternd, dass wir innerhalb von nur vier Tagen alles weggeschmissen haben“, sagt der Spielertrainer Timo Stehle, nachdem dem erwähnten Christi-Himmelfahrt-Spitzenspiel-Debakel am Sonntag gleich der nächste Tiefschlag gefolgt ist. Ein 1:2 zuhause gegen den TSV Musberg – damit Landesliga-Träume ade.
Die Beteuerungen, unverändert mit Vollgas für die Titelrestchance dabei zu sein, erwiesen sich als bloße Lippenbekenntnisse. Tatsächlich saßen Schock und Enttäuschung vom Spieltag zuvor offensichtlich zu tief. „Schwere Beine und dann auch eine Kopfsache“ musste Stehle registrieren. Liegen ließen die Seinen schließlich sogar ein Elfmeter-Geschenk des Schiedsrichters. Irgendwie symptomatisch: Tobias Hornung schoss den Ball matt am Tor vorbei. Gleichzeitig nutzten die Gäste die Gelegenheit, sich ihrerseits für die vorangegangenen Minusvorstellungen zu rehabilitieren. „Wir waren giftig. Vom Willen her eine perfekte Reaktion“, lobt deren Trainer Denis Kühnle, für dessen Elf der Zweite-Mannschaft-Aufrücker Robert Raff und der Joker Elischa Zug trafen.
Die Wermutstropfen: Der Youngster Marius Nita sah für eine angebliche Notbremse Rot. Und für die nächste Saison steht inzwischen der Verlust eines der wichtigsten Leistungsträger fest: Der Routinier Wolfgang Simon macht mit Aktivenfußball Schluss. Karriereende im Alter von 33 Jahren.
SG Untertürkheim – TSV Plattenhardt
Hingegen währt beim TSV Plattenhardt die Zuversicht, dass sein wichtigster Oldie weitermacht. Der Torjäger Fatih Özkahraman zögert mit seiner Zusage noch. Welche Bedeutung er für die Mannschaft hat, hat sich am Sonntag einmal mehr gezeigt. Beim Tabellenvorletzten SG Untertürkheim zeichnete sich für die Filderstädter bereits eine Blamage ab, als der Trainer Sascha Blessing den Rettungsanker warf. Jener hieß Özkahraman. In Anbetracht eines 1:2-Pausenrückstands musste der Angreifer einen Tag vor seinem 36. Geburtstag doch die Schuhe schnüren, nachdem er angeschlagen zunächst nur auf der Bank Platz genommen hatte.
Das Ergebnis? Er kam, sah, traf gerade einmal drei Minuten nach seiner Einwechslung und bereitete dann auch noch das späte 3:2-Siegtor seines Teamkollegen Denis Köhler vor. „Er hat auf die Zähne gebissen", merkt Blessing erleichtert an. Womit eine laut Coach „unterirdische erste Hälfte“ der Seinen immerhin noch vom Ergebnis her begradigt war. Ebenso begradigt wie ein interner Zwist. Das am Donnerstag noch aus disziplinarischen Gründen suspendierte Trio Mikail Gümüssu, Nikolaos Tsiolakidis und Dario Blazek kehrte in die Startelf zurück. Vorangegangen war eine Aussprache.
Für den vor dem Abstieg stehenden Gegner wiederholt sich indes eine leidige Erfahrung. „Wieder gut gespielt, wieder nah dran, wieder verloren“, sagt der Untertürkheimer Coach Alexander Erne. Da nutzten dann auch die beiden guten eigenen Tor-Geschichten nichts: Der eine Schütze, Robin Wittmann, ist nach Langzeitpause wegen einer Schambeinentzündung frisch zurück. Der andere, Louis Steinbach, netzte Tor-des-Monats-würdig nach einem Sololauf übers halbe Spielfeld ein.
TSV Rohr – Spvgg Cannstatt
Im Tabellenkeller, darüber gibt sich bei den Neckarstädtern keiner mehr irgendwelchen Illusionen hin, ist der Zug abgefahren – im Gegensatz zu zwei Mitstreitern, bei denen man fast schon Ähnliches hatte vermuten müssen. In deren Fall zu früh, wie man seit Sonntag weiß. Der TSV Rohr und der SV Sillenbuch hängen zwar weiter am Tropf, allerdings mit neu geweckten Lebensgeistern. Nicht nur wegen eigener Überraschungssiege. Auch, weil die Chancen auf eine Schützenhilfe aus der Landesliga gestiegen sind. Wie berichtet müssen nur drei Teams absteigen, wenn der MTV Stuttgart dort den Klassenverbleib schafft. Und die Kräherwald-Kicker sind seit diesem Wochenende ihrerseits wieder gut im Rennen.
Freilich, warum auf andere verlassen? „Wir wollen es jetzt noch aus eigener Kraft regeln“, sagt ein ermutigter Rohrer Abteilungsleiter Holger Schroeder. Nach zuletzt viel Schelte von ihm für seine Kicker konstatiert er: „Richtige Einstellung, richtige Mentalität. Nach mehreren blutleeren Auftritten hat sich die Mannschaft diesmal zerrissen.“ Der Lohn: In der Nachspielzeit drosch der eingewechselte Thomas Leimbach die Kugel volley zum 3:2 gegen die Spvgg Cannstatt in die Maschen. „Im Normalfall landet der Ball irgendwo in Dürrlewang“, sagt Schroeder, „aber er hat ihn perfekt getroffen.“ Darüber hinaus glänzte Ismail Seker mit drei Torbeteiligungen.
Jeweils chancenlos war der Cannstatter Keeper Giuseppe Pellegrino auf seiner Abschiedstour: Er hört im Sommer als Spieler auf und steigt dafür als Torwarttrainer ein. Dass aktuell mehr als die halbe Stammelf seiner Teamkollegen fehlte, darunter auch der nach seiner Rotsperre eigentlich wieder einsatzberechtigte, nun aber am Ellbogen verletzte Topscorer Behar Hasanaj? Der Trainer Carmine Napolitano sieht es ohnmächtig so: „Alle anderen im Kader wollen ja auch Bezirksliga spielen. Dann dürfen sie, und es kommt so etwas heraus.“
SGM ABV/TSV 07 Stuttgart – SV Sillenbuch
Ebenfalls aufgebäumt hat sich in der Abstiegszone wie erwähnt der SV Sillenbuch. Jener durchkreuzte mit einem Auswärts-2:1 das Vorhaben seines Gegners SGM ABV/TSV 07 Stuttgart, selbst bereits den vorentscheidenden Schritt ans rettende Ufer zu tun. Bei den Gästen hielt Marco Kaden, der Sohn des Trainers Zvonimir Topalusic, mit seinen beiden Treffern die Hoffnung am Glimmen. „Insgesamt glaubt die Mannschaft weiter an sich, nur muss die Konkurrenz auch mitspielen, damit unsere Rechnung aufgeht. Wir selbst haben ein happiges Restprogramm“, weiß der Abteilungsleiter Hans-Georg Spies. Die nächsten Gegner heißen Bonlanden und Münster.
„Wir haben uns jetzt wieder unter Druck gebracht, das sitzt tief. Trotzdem bin ich guter Dinge, dass wir die fehlenden Punkte noch holen werden“, sagt demgegenüber der ABV-Kapitän Leon Pachonick. Eigentlich sei seine Mannschaft gut im Spiel gewesen, habe sich in Hälfte eins aber „zwei blöde Dinger praktisch selbst rein gelegt“.
SC Stammheim – Türkspor Stuttgart
Bleiben noch die zwei Spiele des Spieltags, die tabellarisch kaum mehr Bedeutung hatten – die aber dennoch aufhorchen lassen. So gelang dem SC Stammheim gegen das Schlusslicht Türkspor Stuttgart mit einem 10:0 der für die Staffel bislang höchste Sieg dieser Saison, darunter drei Treffer des Winterpausen-Neuzugangs Dennis Bechthold. Bei den Gästen hockte Fatih Kalkan als bedauernswerter Interimscoach auf der Bank. Er ersetzt für die Endphase der Runde Ismail Cangür, der aus beruflichen Gründen ausgestiegen ist. Für die nächste Saison hat der künftige A-Kreisligist wie berichtet bereits Memik Erdogan (SKV Palästina Al Q’uds Stuttgart) als Nachfolger verpflichtet.
Sportvg Feuerbach – SV Vaihingen
Und die Sportvg Feuerbach schließlich fertigte den SV Vaihingen mit 6:1 ab – dies ohne ihren Trainer Rocco Cesarano, der für vier Tage auf Wandertour in Portugal weilt. Auch die Nord-Stuttgarter hatten dabei einen erst im Januar eingestiegenen Dreifach-Torschützen, namentlich Amir Limani. Nach zuletzt fünf Siegen aus sechs Spielen kündigt Cesarano an: „Jetzt wollen wir am nächsten Montag auch in Plattenhardt etwas Zählbares mitnehmen und dadurch Bernhausen quasi zum Meister machen.“
Unterdessen rückte beim Kontrahenten Vaihingen das Ergebnis in den Hintergrund. Bernhausen ist das passende Stichwort. Dass der eigene Torjäger Fabijan Krpan dorthin wechselt, schmerzt. Wobei: „Dass wir ihn nicht halten können, war inzwischen schon klar“, sagt der sportliche Leiter Benjamin Schiffner. „Ich hoffe nur, dass er sich in Bernhausen auch wohl fühlt. Fabi ist einer, der ein sicheres Umfeld und viel sportliches Vertrauen braucht.“ Darüber, dass der Torgarant gut ersetzt wird, macht er sich keine Sorgen: Schon länger ist klar, dass David Hug nach seinem USA-Studium und aktueller Weltreise wieder bei den Vaihingern einsteigen wird. Schiffner: „Von den Fähigkeiten her ist er für mindestens genauso viele Tore in einer Saison gut.“
Die Statistik zum Spieltag
TSV Münster – TSV Bernhausen 0:1. Tore: 0:1 Hottmann (42.). Besonderes: –
SC Stammheim – Türkspor Stuttgart 10:0. Tore: 1:0 Bechthold (11.), 2:0 Schmidt (18.), 3:0 Bechthold (49.), 4:0 Mavinga (58.), 5:0 Kotsinas (59.), 6:0 Surasi Hamld (70.), 7:0 Fall (78.), 8:0 Misiani (81.), 9:0 Mavinga (82.), 10:0 Bechthold (89.). Besonderes: rote Karte für Torhüter Lubasu (Türkspor, 82./Handspiel außerhalb des Strafraums)
TSV Rohr – Spvgg Cannstatt 3:2. Tore: 1:0 Schürg (48.), 1:1 Hammoud (55.), 2:1 Seker (76., Foulelfmeter), 2:2 Hammoud (83.), 3:2 Leimbach (90.+4). Besonderes: –
SG Untertürkheim – TSV Plattenhardt 2:3. Tore: 1:0 Wittmann (23.), 1:1 Köhler (34.), 2:1 Steinbach (44.), 2:2 Özkahraman (48.), 2:3 Köhler (84.). Besonderes: –
Sportvg Feuerbach – SV Vaihingen 6:1. Tore: 1:0 Limani (43.), 2:0 Pranjic (54.), 3:0 Pranjic (60.), 3:1 Krpan (65.), 4:1 Limani (70.), 5:1 Limani (82.), 6:1 Alexis Moissidis (90.). Besonderes: –
SV Bonlanden – TSV Musberg 1:2. Tore: 0:1 Raff (47.), 1:1 Pottmeyer (55.), 1:2 Elischa Zug (86.). Besonderes: Hornung (Bonlanden) schießt Foulelfmeter neben das Tor (65.); rote Karte für Nita (Musberg, 90.+5/Notbremse)
SGM ABV/TSV 07 Stuttgart – SV Sillenbuch 1:2.Tore: 0:1 Kaden (12.), 1:1 Omoregie (30.), 1:2 Kaden (41.). Besonderes: –