Und das nächste Plattenhardter Tor. Das Bild des jubelnden Gegners dürfte sich bei den Holzgerlingern eingebrannt haben. Foto: Kevin Schuon

Das Gipfelduell verkommt zu einer einseitigen Angelegenheit. Der Tabellenführer TSV Plattenhardt überrollt die Spvgg Holzgerlingen in deren Stadion.

Es war eine Szene, so kurios wie sinnbildlich für ein Bezirksliga-Spitzenspiel, das diesen Namen gar nicht verdiente: Rund 50 Minuten standen auf der Uhr in der Partie Zweiter gegen Erster, Spvgg Holzgerlingen gegen TSV Plattenhardt, da sorgte eine plötzliche Flut gelber Karten für Verwunderung bei den rund 250 Zuschauern. Kurz nacheinander kassierten die Gäste vier Verwarnungen, darüber hinaus sah ihr Trainer Slobodan Markovic die Ampelkarte und musste somit seinen Platz an der Seitenlinie verlassen. Was war geschehen? Die Plattenhardter hatten mit Zeitspiel und lautstarkem Lamentieren den Schiedsrichter Tobias Müller gegen sich aufgebracht. Das Kuriose dabei: Zu diesem Zeitpunkt führten sie bereits mit 5:0. Am Ende stand es sogar sage und schreibe 8:0. Ein Auftritt wie im Rausch. Mehr Machtdemonstration war vonseiten des Titelfavoriten kaum möglich.

 

Es lässt sich diskutieren, ob das erwähnte Gehabe des Spitzenreiters bei diesem Spielstand vonnöten war. Die Passage zeigte aber auch eindrucksvoll: Die Plattenhardter brachten all das auf den Platz, was der Gastgeber schmerzlich vermissen ließ – den Willen und die Bereitschaft, alles für den Sieg zu geben. Umso bemerkenswerter am geschichtsbücherreifen Auswärtstriumph: Die Holzgerlinger sind eigentlich das heimstärkste Team der Liga. Zuvor hatten sie in neun Saisonspielen im eigenen Stadion neunmal gewonnen.

Bernd Gluiber, Trainer des geschredderten Tabellenzweiten, brachte es mit wenigen Worten auf den Punkt: „Einfach desolat. Uns hat es an allem gefehlt: Gier, Zweikampfhärte, Einsatz.“ Unumwunden fügte er hinzu: „Der Sieg für Plattenhardt ist auch in der Höhe verdient.“

Schon nach wenigen Minuten steuerte sein Team auf die Katastrophe zu. Emre Göcer, als Kapitän erstmals seit November wieder in der Plattenhardter Startelf, eröffnete das Schützenfest (3.). Ekrem Servi, gerade noch Vorlagengeber, schob eine Zeigerumdrehung später zum 0:2 ein. Dieser frühe Doppelschlag des Spitzenreiters schien bereits der halbe K.o. für Holzgerlingen zu sein. Der brandgefährliche Aristidis Perhanidis steuerte die Tore drei und vier bei (23./27.), auch Servi erhöhte sein persönliches Trefferkonto noch vor der Pause auf zwei (43.). In der Schlussviertelstunde trugen sich dann auch noch der eingewechselte Symeon Moll (74./77.) sowie Luka Gyselincks (79.) in die Schützenliste ein.

„Wir haben uns natürlich gut vorbereitet“, sagte der Plattenhardter Trainer Markovic, „aber mit so etwas hat keiner gerechnet.“ Als Schwäche des Gegners habe man in der Vorab-Analyse dessen Anfälligkeit im Umschaltspiel ausgemacht – und schlug eben daraus im Spiel ein ums andere Mal Kapital. Ob per hohem Ball auf den schnellen Außenbahnspieler Kevin Pein oder per Steckpass durch die Mitte – die Plattenhardter ließen den Gegner nach Ballverlusten von ihm immer wieder ins Messer laufen. „Wir haben von Holzgerlingen natürlich mehr erwartet. Aber das ist Fußball“, resümierte Markovic nüchtern.

Mit dem Sieg sind die Seinen dem restlichen Feld nun auf sieben Punkte enteilt. Weil Holzgerlingens Tordifferenzs nachhaltigen Schaden erlitt, rutschen die Gastgeber derweil hinter die punktgleiche Spvgg Cannstatt auf Platz drei. Die Schwere ihres moralischen Schadens bleibt nach diesem denkwürdigen Fußballnachmittag abzuwarten.

Plattenhardter „Spieler des Spiels“

Aristidis Perhanidis. Erzielte zwei Tore und eine Vorlage und strahlte darüber hinaus stets Gefahr aus. Schaffte es, in einer überragend aufgelegten Mannschaft herauszustechen – und das, obwohl für ihn bereits nach 55 Minuten Feierabend war.

Spvgg Holzgerlingen: Rolf – Kastrati, Wagner (45. Hamann), Conforti, Preuss – Kempf, Kislat (67. Wohlbold), Ribbe (63. Ljajic), Yilmaz – Hamm (67. Hatt), Horn (63. Albien).

TSV Plattenhardt: Grbic – Hornung, Grun, Markovic, Gyselincks – Göcer (65. Gruber), Blazek, Eiberger (79. Vöhl), Pein (76. Straub) – Perhanidis (55. Moll), Servi (67. Zugac).