Bei der Bezirkssynode – hier eine Versammlung im Herbst 2017 – wurde über die Fusion abgestimmt. Foto: factum/Archiv

Die evangelische Synode Ditzingen hat beschlossen, ihren Bezirk mit dem in Vaihingen an der Enz zusammenzuschließen. Die Mehrheit war knapp – was viele überrascht. Und trotz langjähriger Vorbereitung geht es manchem zu flott.

Ditzingen - Mit 20 Gegenstimmen hatte niemand gerechnet – entsprechend gedrückt ist die Stimmung nach der Sitzung der Ditzinger Bezirkssynode im Gerlinger Petrushof. Zwei Ja-Stimmen weniger – und der Antrag wäre durchgefallen. Dann wäre der über Jahre vorangetriebene Prozess einer Fusion des evangelischen Kirchenbezirks Ditzingen mit dem in Vaihingen an der Enz zu Ende gewesen. 26 Synodale aber waren dafür, vier der 50 Stimmberechtigten enthielten sich. Dies bedeutet: Die Fusion wird beantragt.

Viele waren seit Januar 2015 an den Beratungen beteiligt, die Enttäuschung ist groß. „Ich habe mit Gegenstimmen gerechnet, aber nicht mit so vielen“, sagt Beate Ulmer, die Synodenvorsitzende aus Hemmingen. Und was ist mit denjenigen, die – geheim – mit Nein abgestimmt haben? Es müsse eine Chance geben, sie einzubinden und zu versöhnen, meint Ulmer. Dieser Meinung ist auch der Dekan Friedrich Zimmermann (62). „Es gibt Leute, die wir gewinnen müssen. Und wir müssen zeigen, dass es gut ist für unsere beiden Bezirke, dass wir das machen.“

„Ich bin kein Rebell“

Überzeugungsarbeit muss etwa bei Gustav Haller geleistet werden. Der Ditzinger meldete sich in der Aussprache der Bezirkssynode als einziger zu Wort. Er habe die Sorge, dass es „kein Zusammenschluss, sondern ein Anschluss von Ditzingen an Vaihingen“ werde. In bürgerlichen Gremien sei es üblich, dass vor einer Abstimmung „zwei Redner die Positionen auf den Punkt bringen“. Haller: „Ich bin nicht der Rebell, der bloß auf den eigenen Kirchturm schaut.“

Auch andere Synodale begründen ihre Kritik. So sagt Karin Schrauth, die sich selbst als „sehr kritische Stimme aus Münchingen“ einordnet: „Es ist zu wenig diskutiert worden. Man hätte die Stimmung in den vergangenen zwei Jahren stärker hören können.“ Dieses Argument lässt Beate Ulmer nicht gelten: Es habe sehr viele Gespräche gegeben, auch im Kirchenbezirksausschuss (KBA) der Synode, dem Schrauth angehört. Bei einer Probeabstimmung im KBA hätten neun Mitglieder für die Fusion und nur zwei dagegen votiert.

Fusion mit Leonberg in der Debatte

Anfangs gab es den Vorschlag, mit Leonberg statt mit Vaihingen zu fusionieren. Der Bezirk Ditzingen ging vor gut 40 Jahren aus dem Bezirk Leonberg hervor. Dagegen sprach, dass Leonberg politisch im Kreis Böblingen und kirchenrechtlich in einer anderen Prälatur liegt, was dem Regierungsbezirk entspricht. Die Befürworter der Leonberg-Lösung verwiesen auf erfolgreiche Fusionen über Grenzen hinweg, etwa mit Bad Urach und Metzingen.

Auch Gustav Haller wäre für die Fusion mit dem Bezirk Leonberg. Im Übrigen sei es ihm wichtig, dass die Diakonische Bezirksstelle Ditzingen im Kreisdiakonieverband Ludwigsburg bleibe. Zudem könne er sich einen Kirchenkreis Ludwigsburg aus den vier Dekanaten im Landkreis vorstellen, analog dem in Stuttgart. Dort agieren seit 2008 vier Dekanate zusammen.

Von Gewinnern und Verlierern

Der Münchinger Pfarrer Martin Hirschmüller bleibt ebenfalls kritisch. Auch er wäre für eine Fusion mit Leonberg gewesen, und ebenso für ein langsameres Vorgehen. „Wir hätten zuerst ein paar Jahre kooperieren können und bei einem Erfolg fusionieren.“ Seit einer Sondersynode im Februar sei für ihn klar: „Der Bezirk Vaihingen ist der Gewinner, wir Ditzinger sind die Verlierer.“ Für seine Kollegin Silke Heckmann aus Hemmingen bleiben ebenso Bedenken und offene Fragen. Sie richtet als Diakoniepfarrerin ihr Augenmerk insbesondere auf die beiden Diakonischen Bezirksstellen mit ihren unterschiedlichen Strukturen – die eine an Ludwigsburg angeschlossen, die andere selbstständig. Es sei nicht geklärt, ob alles zukunftsträchtig sei, sagt sie.

Ein Ziel des Zusammenschlusses ist es, Aufgaben zu zentralisieren, die Pfarrer von Verwaltungsaufgaben zu entlasten und ihnen dadurch mehr Zeit für die Seelsorge zu geben. Mit der Fusion werden auf der Chefebene die Zuständigkeiten aufgeteilt: Die Dienstaufsicht über die Pfarrer erhält Vaihingen, zudem die über die Kindergärten, die Notfallseelsorge und die Erwachsenenbildung. Der Ditzinger Dekan wird zuständig für die Sozialarbeit der Kirche im Bezirk, die Jugendarbeit, die Mesner und Laienprediger.

Neue Regelungen auf Chefebene

Friedrich Zimmermann wird nach der Fusion zum 1. Januar 2020 Dekan in Ditzingen bleiben, sein Chef wird dann Rainer Zeyher werden: Der heutige Dekan in Vaihingen an der Enz wird geschäftsführender Dekan des neuen Kirchenbezirks Vaihingen-Ditzingen.

Alle wichtigen Aufgaben seien in Vaihingen angesiedelt, sagen die Gegner der Fusion. Zudem seien die Entfernungen sehr groß. Um dem entgegenzuwirken, gab es den Vorschlag, als Dekanatsstadt im neuen Bezirk Markgröningen zu wählen – die uralte Dekanats- und Freie Reichsstadt liegt zentral. „Ich hätte das charmant gefunden“, meint Ulmer, „wir hätten aber erst die Infrastruktur schaffen müssen.“