Der Staat könnte helfen, in manchen Gebieten Mobilfunkmasten aufzustellen. Foto: dpa

Kein Empfang, langsames Internet: Die Bundesregierung wollte Funklöcher zügig schließen. Bundesrat und Bundestag machen nun Druck – und fordern, dass notfalls auch der Staat einspringen muss.

Berlin - Die Bundesnetzagentur versteigert derzeit die Mobilfunkfrequenzen der Zukunft. Es geht um 5G, die fünfte Generation, die etwa für neue Dienste wie das autonome Fahren wichtig ist. Dabei leiden die Menschen vor allem auf dem Land darunter, dass sie gar kein Netz haben oder nur sehr schlechten Empfang. Denn selbst die vierte Generation namens LTE gibt es nicht flächendeckend.

„Wir werden bestehende Funklöcher und weiße Flecken beim Mobilfunk und mobilen Internet zügig schließen“, heißt es dagegen im Koalitionsvertrag der großen Koalition von Union und SPD. Weiße Flecken sind Regionen, in denen kein Anbieter ein Netz hat.

Kritik von FDP und Grünen

Weil 5G noch lange nicht für eine flächendeckende Versorgung ausgelegt ist, geht es darum, LTE auszubauen. 2018 hatten sich die Mobilfunknetzbetreiber Telekom, O2 und Vodafone gegenüber Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verpflichtet, bis Ende 2020 mindestens 99 Prozent der Haushalte mit LTE zu versorgen. Das gilt aber nur für Haushalte, nicht für die Fläche – und bedeutet, dass nach wie vor einige Gebiete leer ausgehen.

„Die Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht, das Land hinkt beim Mobilfunkausbau nach wie vor hinterher“, kritisiert etwa die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Margit Stumpp. Selbst die ursprünglichen Ausbauziele bis 2020 von 98 Prozent würden „absehbar nicht erreicht“. Frank Sitta, der für die FDP im Verkehrsausschuss sitzt, sagt: „Die Bundesregierung scheitert an ihren eigenen, ambitionslosen Zielen.“ Zudem sei eine Orientierung an Haushalten im Mobilfunk veraltet und nicht förderlich.

Lokales Roaming als Lösung

Der Druck auf die Regierung, den Netzausbau entschiedener anzupacken, steigt auch in den Reihen der Koalitionsparteien. Der Bundesrat etwa hat sich auf Initiative der SPD-geführten Länder Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz für eine 100-prozentige Versorgung mit 4G stark gemacht. Funklöcher dürfe es nicht geben, heißt es in einem Beschluss, notfalls müsse der Staat einspringen.

Die Fraktionen von Union und SPD haben sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesnetzagentur die Betreiber lokal begrenzt zur Kooperation zwingen können soll. Bei diesem sogenannten lokalen Roaming können etwa Vodafone-Nutzer das O2-Netz nutzen, wenn an einem Ort O2 als einziger Anbieter ein Netz hat. Auch die Grünen unterstützen die Idee.

Staatliche Hilfe gefordert

Von der Bundesregierung fordern die Koalitionsfraktionen ein Gesamtkonzept für den Netzausbau. Die Abgeordneten wollen, dass die Bundesnetzagentur den Ausbau „engmaschig“ kontrolliert und „hohe Bußgelder“ verhängen kann, wenn die Netzanbieter ihre Zusagen nicht einhalten.

Auch eine staatliche Gesellschaft zum Bau von Mobilfunkmasten wünschen sich die zwei Fraktionen. „Letztendlich werden wir wahrscheinlich um eine Förderung zur Schließung der letzten weißen Flecken nicht herumkommen“, sagt Daniela Ludwig, die verkehrspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Vor allem dort, wo sich für die Mobilfunknetzbetreiber eigene Investitionen nicht lohnten.

Verkehrsministerium arbeitet an Konzept

Die Erwartungen an die Bundesregierung sind also klar. Das Verkehrsministerium hat angekündigt, bis zum Sommer ein Gesamtkonzept zu erarbeiten. Welche der Ideen zur Verbesserung des Netzes dabei eine Rolle spielen, ist noch unklar. Versuche, beispielsweise lokales Roaming über das Telekommunikationsgesetz zu ermöglichen, hatte das Finanzministerium von Olaf Scholz (SPD) verhindert.

Die Regierung prüfe alle Vorschläge, sagt Steffen Bilger (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium. „Dabei wird auch der mögliche Beitrag einer Infrastrukturgesellschaft berücksichtigt.“

Netzbetreiber müssen schweigen

Auch die Netzbetreiber wehren sich gegen lokales Roaming. Sie fürchten, dass Investitionsanreize verloren gehen und der Netzausbau gebremst wird. Stattdessen brachte Vodafone-Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter unlängst eine „Ausbauallianz“ ins Spiel. Demnach würden sich die Netzanbieter die weißen Flecken aufteilen, ausbauen und anschließend die Infrastruktur teilen.

Wegen der 5G-Auktion dürfen sich Vodafone, Telekom und O2 rechtlich derzeit nicht weiter zu der Idee äußern. Ob eine „Ausbauallianz“ kartellrechtlich möglich ist, ist jedoch fraglich. Diese Art von Kooperation müsste wohl politisch ermöglicht werden. Auch hier ist also die Bundesregierung am Zug.