Vier Wochen lang lagern die Fundstücke in der Flughafenwache. An einem Stoffhasen, der nie abgeholt wurde, hängt der Teamleiter Bernd Wiegratz besonders. Foto: Leonie Schüler

Im Fundbüro des Flughafens werden bisweilen auch skurrile Dinge abgegeben. Was sich die Mitarbeiter einfallen lassen, um den Besitzern zu helfen, und warum er eine Fundsache gar nicht mehr hergeben will, erzählt der Teamleiter Bernd Wiegratz.

Filder - Die Ferienzeit ist eine umtriebige Zeit in der Flughafenwache des Landesflughafens. Denn dort ist auch das Fundsachenbüro untergebracht – und wenn viel geflogen wird, wird logischerweise auch einiges verloren. Bernd Wiegratz ist der Teamleiter der Wache und zeigt die großen Schrankwände, in denen die Fundstücke feinsäuberlich beschriftet mit Datum und Fundort gelagert sind. Vier Wochen lang werden die Gegenstände aufbewahrt, danach wandern sie zum Fundamt nach Stuttgart. Dort kann der Besitzer sie noch sechs Monate lang abholen, ehe sie sozialen Zwecken gestiftet oder versteigert werden. 1800 Gegenstände sind seit Jahresbeginn in der Wache abgegeben worden.

„Bei uns landen vor allem Dinge, die in der Wanne an den Sicherheitskontrollen liegen geblieben sind“, sagt Wiegratz. Also Brillen, Gürtel, Schmuck, Kosmetik, Rucksäcke, Laptops, Handys, Tablets oder auch mal Bargeld. Selten tauchen auch skurrile Dinge wie Hörgeräte oder Gebisse auf. „Einmal gab uns ein Taxifahrer einen Beutel mit Diamanten, der auf seinem Rücksitz vergessen worden war“, erzählt Wiegratz. Die Besitzer haben sich nie gemeldet.

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Ohne Passwort gibt’s kein Handy

Wenn möglich versucht das Team der Wache immer, den Eigentümer ausfindig zu machen. Das geht natürlich nur, wenn irgendwo ein Name oder eine Adresse vermerkt ist. Den Gegenstand bekommt derjenige aber trotzdem nicht einfach so ausgehändigt. „Wir fragen die Passwörter oder den Inhalt des Rucksacks ab“, sagt Wiegratz.

Außer den Fundstücken, die am Sicherheitscheck oder am Gate aufgetaucht sind, landen immer wieder auch die Inhalte der Schließfächer bei der Flughafenwache. „Die Leute mit Übergepäck packen ihre Sachen dort rein und vergessen sie da“, sagt der Wachenleiter. Manchmal seien dort auch Kinderwagen oder Klappfahrräder für alle Ewigkeit verstaut.

Vergessene Golfschläger per Frachtmaschine nachgeschickt

Die Quote, wie oft ein Gegenstand zu seinem Besitzer zurückkommt, ist nicht besonders hoch: Bernd Wiegratz schätzt, dass ein Drittel der Sachen wieder bei ihren Eigentümern landet. Die Reaktionen seien ganz unterschiedlich: „Manche verziehen keine Miene, andere sind überglücklich.“

An eine solche überglückliche Reaktion erinnert sich Bernd Wiegratz noch besonders gut: Ein Ehepaar aus Stuttgart war nach Dubai geflogen, um an einem Golfturnier teilzunehmen. Ihre Golftaschen hatten sie aber am heimischen Flughafen stehen lassen. „Sie haben uns angerufen und gefragt, wie sie noch rechtzeitig an ihre Schläger kommen können. Das Turnier war schon 24 Stunden später“, berichtet Wiegratz. Die Lösung sah so aus: Die Taschen wurden mit einer Frachtmaschine nachgeschickt und von einem Taxifahrer direkt zum Turnier gebracht. Die Kosten von einigen hundert Euro habe natürlich das Paar übernommen. Die Einladung der beiden zum Abendessen haben sie ablehnen müssen, sagt Wiegratz: „Das dürfen wir nicht.“

Selten wird auch mal persönlich nachgeholfen

Dass die Mitarbeiter der Flughafenwache mit viel Ehrgeiz versuchen, die Fundsachen und ihre Besitzer wieder zusammenzuführen, zeigen noch andere Geschichten. Einmal tauchte zum Beispiel ein Fußball auf, an dem ein Junge besonders hing. Da dieser aus einer Ecke im Schwarzwald kam, die ganz in der Nähe zu Bernd Wiegratz’ Heimatort lag, fuhr er nach Feierabend persönlich dort vorbei und übergab den Ball dem seligen Jungen.

Sein Kollege Bernd Knappitsch hat sogar schon viermal vergessene Gegenstände nach England mitgenommen, wo er gerne Urlaub macht. „Das hat zeitlich zufällig gepasst“, sagt Knappitsch. Einmal sei seine Unterkunft ums Eck vom Hotel der Dame gewesen, die ihren USB-Stick mit wichtigen Daten in Stuttgart hatte liegen lassen. Ein andermal habe er den liegen gelassenen Laptop vom Londoner Flughafen aus mit einem Chauffeur zu seinem Besitzer geschickt. „Das ist normalweise nicht unser Service, aber wir versuchen immer, unser Bestmöglichstes zu machen“, so Wiegratz.

Ein besonderes Ende fand das Schicksal eines kleinen Stoffhasen, der samt Schnullerkette in der Flughafenwache abgegeben wurde. Sein Besitzer oder dessen Eltern meldeten sich nie. Das ist rund zehn Jahre her, und der Hase sitzt seither auf Bernd Wiegratz’ Schreibtisch. „Ich hoffe, da kommt niemand mehr, um ihn zu holen“, sagt er und drückt das Kuscheltier lachend an sich.