Auch im Winter herrschen auf den Kanaren milde Temperaturen: Ideale Bedingungen für Sport am Strand.c Foto: Thomas Cook

Auf der Kanareninsel Fuerteventura geht man auch zum Wintersport am besten ins Wasser.

Über der Tanzfläche blinken die Sterne. "Weine nicht, wenn der Regen fällt ...", tönt es aus den Lautsprechern der Hotelbar. Antonio, der Animateur aus Chile, der heute den Discjockey gibt, liebt das Lied – obwohl es wirklich nur ein Deutscher schreiben konnte. "Weine nicht, wenn der Regen fällt." Zu Fuerteventura passt der Song eigentlich gar nicht: Selbst für die Wintermonate vermerkt die Statistik jeweils nur drei Regentage, und so sieht die (nach Teneriffa) zweitgrößte Insel der Kanaren auch aus: karg, sandfarben-schwarz mit schüchternem Macchia-Bewuchs, von dem sich Zehntausende wilder Ziegen nähren. Die Schilder, die an den Straßen vor den Tieren warnen, sind ein lustiges Beispiel für die Folgen europäischer Verkehrsvereinheitlichung: Sie zeigen Hirsche im Sprung. So hat man wenigstens ein bisschen was zum Lachen, wenn man beim Kurven über Fuerteventuras triste Mondlandschaften sein Auto zum Elchtest nötigt.

Bei Regen, liest man im Reiseführer, "entfaltet sich am Fuße der Berge eine bezaubernde Blütenpracht". Als wir aus dem frühwinterlichen Grau Deutschlands nach Fuerteventura flüchten, blüht auf und neben den überraschend (bis etwa 800 Meter) hohen Hügeln nichts. Dafür regnet es mit tropischer Wucht. Stimmte nur ansatzweise, was die kanarische Busfahrerin mit irischen Wurzeln und entsprechend ausgeprägter Niederschlagsphobie bei der Fahrt vom international besuchten Inselnorden in den fast vollständig deutsch kolonialisierten Süden erzählt, dann ist hier an zwei Tagen die Regenmenge der nächsten 30 Jahre vom Himmel gekommen. Überall steht das Wasser: auf den Wegen und Straßen ebenso wie in den Hotelfluren. An Drainagen oder Gefälle hat beim Bau keiner gedacht. Nur die Palmen in den Hotelanlagen freuen sich über das Nass. Im Regen bilden die künstlichen Freizeitoasen der Tourismusindustrie einen noch stärkeren Kontrast zur Vulkanwüste als bei Sonnenschein. "Weine nicht, wenn der Regen fällt, dam dam, dam dam." Man kommt nicht umhin, im Konditional zu denken. Die Möglichkeitsform öffnet den Träumen Türen. Was wäre gewesen, wenn es nicht geregnet hätte?

Ja, wenn die Sonne scheint auf Fuerteventura, dann ist es auch im Winter heiß. Dann beamt sich der Urlauber, dem das kalte Grau die Seele verdunkelt, in nur knapp fünf Flugstunden ins Licht. Dann sind die Zimmer der großen Hotels ausgebucht, und die langen, breiten Sandstrände der Playa de Jandía beim alten Fischerort Morro Jable im Süden der Insel voller Spaziergänger. In der einen Richtung kämpfen sie gegen den ständig wehenden Wind, dem Fuerteventura seinen Namen verdankt, und auf dem Rückweg verleihen ihnen die Böen Flügel. Zwischen der Strandbar Heidi und der Amüsiermeile des nahe gelegenen ehemaligen Fischerdorfes Morro Jable ist viel Platz für viele Deutsche.

Jörg findet, dass das auch etwas Gutes hat. Deutsche, sagt er, beschweren sich zwar gerne, aber bewegen würden sie sich immerhin auch. Jörg muss das wissen, denn er ist einer der beiden "Gesund und glücklich"Coaches, die im Resort Iberostar Playa Gaviotas für zwei deutsche Reiseveranstalter ein sehr spezielles sportliches Wellnessprogramm anbieten: Bei ihm und seiner Kollegin Kristin kann man unter anderem mit einem Swingstick seine Tiefenmuskulatur trainieren, beim Pilates sein "Powerhouse" entdecken und beim Ballooning Ballspaß mit Gymnastik verbinden. Auch Nordic Walking wird hier angeboten, autogenes Training, Yoga, und wer will, kann sich eine Massage nach thailändischer oder balinesischer Art gönnen.

Doch der entscheidende sportliche Grund für Reisen nach Fuerteventura liegt im Wasser. Der selbst im Winter noch immer rund 20Grad warme Atlantik bietet schon beim bloßen Wellenhüpfen großen Spaß.

Wer drinnen ist im Nass, der muss es nur halten wie Orpheus: Bloß nicht zurückschauen – sonst schwindet der Zauber, der Himmel wird zur Hölle, und es könnte sogar sein, dass man sich mitten im Urlaub nach dem Sinn desselben fragt. Wer mag, meldet sich bei der weltweit größten Surfschule des Schweizers René Egli in Costa Calma zu einem Windsurfkurs an oder lernt bei Francis Zuber in La Pared an der Westküste das Wellenreiten. "Jede Welle ist anders", sagt Zuber, der früher mal Koch war und seiner Surfschule passenderweise den Namen Adrenalin gegeben hat.

Man trifft auf Fuerteventura viele gestrandete Weltenbummler wie ihn: eigenartige, besondere Menschen, die über die auf den ersten Blick so gleichförmige Landschaft und ihr schlummerndes energetisches Potenzial ähnlich denken wie er. Vielleicht braucht es einfach Zeit, um sich einzulassen auf Wüste und Wind, das "Bonjour, tristesse" der Kanaren.

Für Urlauber, die auf Fuerteventura das Erlebnis suchen, das es dort eigentlich nicht gibt, implantieren künstliche Hoteloasen ihrem Animationsangebot zusätzlichen Nervenkitzel. Bei Manuel und Alex im Hotel Elba Carlota, nur zehn Kilometer südlich des Flughafens bei Puerto del Rosario, können diese Reisenden am sogenannten X-perience-Programm von Neckermann teilnehmen.

An den hier künstlich mit Sand aufgeschütteten und mit Dämmen vom Meer abgeschirmten Strandbuchten erprobt man sich dann im Lenken eines Superdrachens (Powerkite) und erlernt Zirkustechniken wie etwa das Jonglieren mit dem Flowerstick. Kurse im Cocktail-Shaken sowie virtuelles Tennis oder Boxen vor einer Leinwand mit einer Nintendo-Wii-Konsole werden ebenfalls angeboten. Und für die ganz besonders Mutigen bieten die Animateure "Dare to Jump" an, den Sprung von einem entsetzlich hohen Holzsprossenturm zu einer etwa zwei Meter Luftlinie entfernten Trapezschaukel. Sehr speziell wird die Angelegenheit dadurch, dass unten harter Beton den sicheren Tod verheißt – trotz der Sicherung mit Seilen ist dieses Abenteuer nichts für Zartbesaitete. Die Autorin dieses Berichts gibt offen zu, dass sie den Sprung nur gewagt hat, weil sie vorher große Sprüche klopfte. Irgendwann muss ja mal Schluss sein mit dem ewigen Konjunktiv.

Angsthasen, Liebhaber des Indikativs wie auch vollkommen Entspannte sind bei unserem chilenischen DJ-Animateur im Süden deutlich besser aufgehoben. "Weine nicht, wenn der Regen fällt ...", tönt es in seiner Hotelbar aus den Lautsprechern, und "... Alles, alles geht vorbei...". Draußen pfeift der starke Wind, und es klingt so, als lache sich die Natur ins Fäustchen.

Fuerteventura

Anreise
Die Insel erreicht man in fünf Flugstunden ab Stuttgart und Frankfurt. Preis mit Tuifly oder Air Berlin ab ca. 320 Euro ( www.tuifly.com, www.airberlin.com).

Übernachtung
Ausprobiert haben wir die Hotels Elba Carlota an der Caleta de Fuste, buchbar über www.neckermann-reisen.de, und das Resort Playa Gaviotas Park, zu buchen über www.thomascook.de. Beide Veranstalter bieten Flug und Hotel als Paket ab etwa 750 Euro pro Woche inklusive Verpflegung.

Preise
0,5 l Bier im Restaurant ca. 4 Euro
Mittagessen 8 bis 15 Euro
Kaffee ca. 1,50 bis 2,50 Euro

Klima
Auf Fuerteventura herrschen selbst im Winter milde Temperaturen um 20 Grad, nachts wird es dann aber sehr frisch. Auf der Insel weht fast immer mäßiger bis starker Wind. Die Wassertemperaturen sind im März und April mit etwa 17 Grad am tiefsten.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall so oft wie möglich ins Wasser gehen und dabei unbedingt auf tückische Strömungen achten. Auf keinen Fall bei unsicherer Wetterlage lange Spaziergänge oder Wanderungen planen: Unwetter nahen hier oft schnell und sind mitunter sehr heftig.