Stuttgarter Jugendliche machen Fernsehen für ihre Altersgruppe – Bürgermeister begeistert.
Stuttgart - Sie strecken sich und recken sich – aber meistens ohne Erfolg. Das Buhlen der öffentlich-rechtlichen TV-Sender um junge Zuschauer zwischen 14 und 26 Jahren ist wie ein Kampf gegen Windmühlen. David Rau (21), der Chefredakteur von Stuggi-TV, glaubt zu wissen, warum sich Programmchefs der Öffentlichen oft wie Don Quichotte fühlen: Die Ritter von der traurigen Gestalt bei ARD und ZDF gingen mit dem falschen Ansatz an die Sache ran. Sie müssten es so machen wie Stuggi-TV: David Rau und sein zwölfköpfiges Team machen Fernsehen von Jugendlichen für Jugendliche. Und zwar als erster und einziger Online-Sender in Stuttgart. „Es gibt nichts Vergleichbares für diese Zielgruppe“, sagt er, „und wenn, dann sind die Formate von Erwachsenen gemacht.“
Welchen Erfolg das Internetfernsehen hat, zeigt die aktuelle Berichterstattung über die Facebook-Party in Backnang. Innerhalb von 24 Stunden registrierte David Rau über 12.000 Klicks. Inzwischen ist die 30.000er-Marke überschritten. Machart und Themen (Rau: „Alles, was in und rund um Stuttgart abgeht“) scheinen bei den Jugendlichen anzukommen. Der Online-Sender entspricht offenbar dem Leben und der Mediennutzung junger Menschen. David Rau weiß: „Heute will sich doch keiner mehr Punkt 20.15 Uhr ins Wohnzimmer setzen, um irgendeine Sendung anzuschauen.“ Stattdessen herrsche im Internet die absolute Freiheit. Seine Erkenntnis: „Der Trend geht ganz klar Richtung Online.“
Hinzu kommt Raus Credo: „In der Kürze liegt die Würze.“ Die Standardbeiträge dürfen nicht länger als drei Minuten dauern. Egal wie spannend ein Thema auch sein mag. Egal wie bekannt der Interviewpartner auch ist. Das musste am Freitagnachmittag auch Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle im Rathaus erfahren. Geplant war ein Interview mit vier Fragen zum Stuttgarter Jugendrat. Aber dann setzte der Moderator Sebastian Braun (16) nach der dritten Frage den Schlusspunkt. „Danke schön!“
„Pfiffig! Hat Spaß gemacht“, lobt Bürgermeister Wölfle
Wölfle selbst war dennoch mit Begeisterung bei der Sache und genoss den unverwechselbaren Charme der jungen Fernsehmacher. „Pfiffig! Hat Spaß gemacht“, lobte er nach der Aufzeichnung, „ich finde Stuggi-TV und generell alles super, was das politische Geschehen in der Stadt transparenter macht.“
Nicht zuletzt deshalb beteiligte sich die Stadt an den Produktionskosten dieser Sendung. Im Normalfall müssen die Stuggi-TVler auf Sparflamme kochen. Sie arbeiten ehrenamtlich, hoffen aber bald auf eine solide Finanzierung über Sponsoren und Werbeeinnahmen. Die einzigen Profis sind Redaktionsleiterin Ann-Kathrin Torres (25) und Chefredakteur Rau. Der Stuttgarter hat schon mit Schülerzeitungen der Michael-Bauer-Schule in Vaihingen Preise gewonnen und zuletzt bei Deutschlands größter Jugendzeitung „Spiesser“ in Dresden ein Volontariat abgeschlossen. „Aber jetzt bin ich zurück und will Stuttgarts Jugendliche mit spannenden und stadtrelevanten Themen begeistern“, sagt er.
Demnächst soll der Sender auch eine feste Heimat bekommen. „Die Gespräche darüber laufen derzeit mit der Jugendhaus gGmbH“, sagt Rau. Für die Finanzen ist übrigens Maximilian Höhnle zuständig – ein 20-jähriger Finanzassistenten-Azubi. Auch so eine Sache, die den unverwechselbaren Charme von Stuggi-TV ausmacht.
Sehen Sie die Sendung mit Werner Wölfle und dem Thema Jugendrat im Netz.