Ulrich Klopfer und sein Sohn Michael sind seit Jahrzehnten für die Freiwillige Feuerwehr Mühlhausen im Einsatz. Foto: Sebastian Steegmüller

Ulrich Klopfer hat das Amt des Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Mühlhausen nach 15 Jahren an seinen Sohn Michael abgegeben.

Ulrich Klopfer hat unzählige Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr Mühlhausen geleitet. Seinen letzten als Kommandant wird er aber wohl ganz besonders in Erinnerung behalten. Ende Januar wurde von der Integrierten Leitstelle ein Feuer in der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) gemeldet. „Wir hatten dort schon öfters mal einen Fehlalarm, ich habe aber zu meinen Kameraden immer wieder gesagt, dass wir da nichts anbrennen lassen dürfen, schließlich gehe ich in drei Jahren in Rente. Meine Papiere müssen also gerettet werden“, sagt der 61-Jährige mit einem Schmunzeln.

Verdächtiges Alarmfax

An besagtem Samstagmittag verschwendet er an seinen Ruhestand jedoch keinen Gedanken. Wie bei einem Ernstfall üblich, macht er sich auf den Weg ins Feuerwehrhaus in der Arnoldstraße, um wenig später in voller Montur mit Martinshorn und Blaulicht in Richtung Adalbert-Stifter-Straße aufzubrechen. „Niemand hat sich anmerken lassen, dass es gar nicht wirklich brennt“, sagt Ulrich Klopfer, der auf der Fahrt zum Einsatzort aber dennoch erste Zweifel bekommt. „Beim Blick auf das Alarmfax ist mir aufgefallen, dass nur ein Löschzug angefordert wurde und die Feuerbacher Kameraden nicht dabei sind.“ Dies sei ungewöhnlich für ein mögliches Feuer in einem solch großen Gebäude. „Zumal es sich am Rand beider Gebiete befindet.“

Kommandant muss Konflikte lösen

Wenig später hat Ulrich Klopfer Gewissheit. Auf dem DRV-Gelände gibt es kein Feuer zu löschen, stattdessen findet dort ein Fest zu seinen Ehren statt. Gefeiert wird das Ende seiner 15-jährigen Amtszeit als Kommandant. Das Besondere: Sein Sohn Michael, der zuletzt fünf Jahre sein Stellvertreter war, übernimmt für ihn. „Die Last, die auf den Schultern eines Kommandanten liegt, ist groß, schließlich wird man ständig mit verschiedensten Themen der freiwilligen Feuerwehr konfrontiert.“ Man müsse sich um Haushaltsplanung kümmern, beispielsweise die Modernisierung des Feuerwehrhauses vorantreiben. Aber auch schauen, dass es innerhalb des Teams stimmt und den einen oder anderen Konflikt lösen. „Wie in einer kleinen Firma. Wenn mein Sohn einen Tipp will, helfe ich ihm natürlich. Ansonsten halte ich mich aber raus, schließlich ist er kein Anfänger. Jeder muss seine Abteilung führen, wie er es für richtig hält.“ Er sei überzeugt, dass sein Sohn über genug Erfahrung verfüge.

Während Ulrich Klopfer quasi ein Quereinsteiger ist und nach seiner Zeit bei der Bundeswehr erst mit 30 Jahren zur freiwilligen Feuerwehr kam, ist sein Nachfolger schon von Kindesbeinen an dabei. „Als Zehnjähriger stieg ich bei der Jugendfeuerwehr ein“, sagt Michael Klopfer. Ihren ersten gemeinsamen Einsatz hatten Vater und Sohn, die beide bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG arbeiten, dann vor 16 Jahren. „Ein Dehnfugenbrand in einem Altersheim“, erinnert sich der heute 34-Jährige. „Nichts Dramatisches“, fügt sein Vater hinzu, der in den vergangenen Jahrzehnten nie Angst um seinen Sohn hatte. „Wir sind schließlich gut ausgebildet.“ An eine brenzlige Situation kann er sich dennoch sofort erinnern. „Als er sich zu drei Jungen abseilen musste, die beim Spielen am Rande eines Steinbruchs eine Felswand abgerutscht sind. Einer hing in einem Baum fest, das war nicht ohne.“

50 bis 80 Einsätze pro Jahr

Eine Sonderbehandlung habe sein Sohn bei der freiwilligen Feuerwehr nie genossen. „Er wurde weder bevorzugt noch besonders kritisch beäugt“, sagt Ulrich Klopfer. „Dafür geht es bei uns um zu viel“, sagt Michael Klopfer. „Wenn der Trainer im Sportverein seinen Sohn einem besseren Spieler vorzieht, gibt es halt eventuell eine 0:5-Klatsche und gut ist. Bei uns hängen aber Menschenleben dran.“ Dementsprechend würden auch Fehler bei Einsätzen entsprechend analysiert. „Da kann der Ton auch mal rauer werden“, fügt der Vater hinzu. „Aber mit der Kritik müssen die Kameraden umgehen können, schließlich ist sie nie persönlich gemeint, sondern dient der Sache. Wir wollen ja nach Einsätzen – es sind zwischen 50 und 80 pro Jahr – alle gesund und munter nach Hause kommen.“

Vom Kommandanten zurück ins Glied

Im Fall der Familie Klopfer handelt es sich dabei nicht um zwei Feuerwehrmänner, auch die Tochter des ehemaligen Kommandanten und sein Schwiegersohn zählen zu der 35-köpfigen Abteilung in Mühlhausen. „Wir leben die Feuerwehr“, sagt der 61-Jährige. Nur seine Ehefrau zähle nicht zu den Kameradinnen und Kameraden. „Sie hat mir aber über all die Jahre den Rücken freigehalten, kümmerte sich um Termine und organisierte auch die eine oder andere Feier“, sagt Ulrich Klopfer, der noch nicht in den Feuerwehr-Ruhestand geht. „Aber zurück ins Glied. Ich werde weiterhin als Zugführer zur Verfügung stehen, aber mich etwas zurücknehmen, bei den nächsten Übungen beispielsweise nicht teilnehmen.“ Dafür aber den nächsten Geburtstag seiner Frau hoffentlich pünktlich feiern. „Er musste auch schon mal kurzfristig verschoben werden.“

Die freiwillige Feuerwehr

Personalstärke
Rund 1100 ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute befinden sich in Stuttgart im aktiven Dienst. „Sie sind ein elementarer Bestandteil der Gefahrenabwehr“, sagt Daniel Anand, Sprecher der Feuerwehr Stuttgart. In ihren Reihen ist dabei ein ähnliches, aber auf ehrenamtliche Tätigkeit zugeschnittenes Qualifikationsspektrum wie bei der Berufsfeuerwehr zu finden.

Einsätze
Die Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehr werden jedes Jahr insgesamt mehr als tausend Mal zu Einsätzen alarmiert. Sie sind entweder im Verbund mit der Berufsfeuerwehr oder allein tätig. Die Gerätehäuser sind in Stuttgart so angeordnet, dass vor allem die Randbezirke des Stadtgebiets und isolierte Stadtteile wie Weilimdorf oder Birkach primär durch die freiwilligen Kräfte geschützt werden. Die Nähe zu den möglichen Einsatzorten ermöglicht kurze Hilfsfristen, teilweise kürzer als die Zeit, die die Berufsfeuerwehr bis zum Eintreffen an der Unglücksstelle benötigt.

Verteilung
Die Freiwillige Feuerwehr Stuttgart, die 1852 knapp vier Jahrzehnte vor der Berufsfeuerwehr Stuttgart gegründet wurde, besteht aus 23 stadtteilbezogenen Abteilungen mit 25 bis 60 Angehörigen sowie zwei weiteren ortsungebundenen Spezialabteilungen für Kommunikations- und Logistikaufgaben. Hinzu kommen die Abteilungen der Jugendfeuerwehr, der Kinder bereits im Alter von zehn Jahren beitreten können.