Commerzbank-Chef Zielke dankte dem scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Foto: imago stock&people

Nach einem halben Jahrhundert bei dem Institut geht Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller in den Ruhestand. Seine Bilanz ist umstritten – dennoch fällt der Abschied versöhnlich aus. Neuer Chefkontrolleur ist mit Stefan Schmittmann der frühere Risikovorstand der Bank.

Frankfurt - Eines können Klaus-Peter Müller selbst die schärfsten Kritiker nicht absprechen: Durchhaltevermögen. Nach seinem Wechsel vom Vorstands- zum Aufsichtsratsvorsitzen auf dem Höhepunkt der Finanzkrise hätte wohl kaum jemand erwartet, dass sich der Manager noch zehn Jahre lang im Kontrollgremium der zweitgrößten deutschen Privatbank halten würde. Schließlich hatte „KPM“, wie der 73-Jährige in der Finanzbranche genannt wird, 2008 die Übernahme der Dresdner Bank eingefädelt. Nur ein halbes Jahr später musste die Commerzbank Staatshilfe beantragen. Als Verlustbringer erwies sich neben der Dresdner Bank auch der Immobilienfinanzierer Eurohypo, den Müller noch als Vorstandschef aufgekauft hatte.

Auf der Hauptversammlung am Mittwoch gab es dennoch viel Lob für den scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden – wofür sich dieser mit einer Portion Ironie bedankte: „So viele Fans hatte ich in den vergangenen Jahren nicht“, bemerkte Müller. Tatsächlich wäre seine Wiederwahl für eine zweite Amtszeit 2013 gescheitert, wenn der Großaktionär Bund den Rheinländer nicht unterstützt hätte.

Inzwischen ist der Staatsanteil von 25 auf gut 15 Prozent gesunken, und die Commerzbank hat die Krise hinter sich gelassen. Für das laufende Geschäftsjahr stellte Vorstandschef Martin Zielke den Aktionären auch eine Dividende in Aussicht, es wäre die erste Ausschüttung seit drei Jahren.

Aktionärsvertreter bescheinigen Müller unter dem Strich eine gute Leistung

Zwar fällt die Gesamtbilanz von Müllers Amtszeit für die Aktionäre weiter negativ aus: Um gut 90 Prozent ist der Aktienkurs in den vergangenen zehn Jahren gesunken. Anders als der große Konkurrent Deutsche Bank hat die Commerzbank aber immerhin seit 2013 keinen Verlust zu verzeichnen.

Dies sei auch Müller zu verdanken, urteilten auf der Hauptversammlung die Sprecher verschiedener Aktionärsvereinigungen: „Die Weichen für eine bessere Zukunft haben Sie maßgeblich mitgestellt“, sagte Wolfgang Aleff von der Gesellschaft für Wertpapierinteressen (GfW). Das „Commerzbank-Urgestein“ Müller sei dem Geldhaus, dem er schon seit 1966 dient, auch in der Krise treu geblieben, statt „das Handtuch zu werfen“.

Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte: „Zehn Jahre nach der Übernahme der Dresdner Bank können und müssen wir konstatieren, dass diese Akquisition uns zwar viel gekostet hat, aber auf der anderen Seite dazu beigetragen hat, dass unser Haus noch eigenständig als Nummer zwei in Deutschland existiert.“

Die Gewinne fielen zuletzt mager aus

Allerdings bleibt noch viel zu tun, wie Vorstandschef Zielke einräumte: „Auf dem Weg zur angestrebten Profitabilität liegen noch einige Aufgaben vor uns.“ 2017 hatte sich der Gewinn der Commerzbank gegenüber dem Vorjahr auf 156 Millionen Euro halbiert. „Verglichen mit europäischen Wettbewerbern mutet das eher wie die berühmte schwarze Null an“, spottete der Aktionärsvertreter Nieding.

Die Bank begründet den Gewinneinbruch mit erheblichen Kosten für die Umsetzung einer 2016 gestarteten strategischen Neuausrichtung. Kurz nach seinem Amtsantritt hatte Vorstandschef Zielke damals massive Investitionen in die Digitalisierung und den Abbau von 9600 Vollzeitstellen angekündigt. Für die damit verbundenen Abfindungen, die Erneuerung der IT und die Gewinnung von Neukunden gab das Geldhaus im vergangenen Jahr 800 Millionen Euro aus.

Gleichzeitig gingen die Erträge zurück – obwohl die Bank 2017 rund 500 000 Kunden hinzugewann. „Sie kriegen das Kundenwachstum ganz offensichtlich nicht auf die Ertragsschiene“, kritisierte Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Die von der Bank angestrebte Eigenkapitalrendite von sechs bis acht Prozent scheine ambitioniert.

Der neue Chefkontrolleur ist ein alter Bekannter

Auf die Finger schauen soll dem Vorstand künftig Stefan Schmittmann. Der 61-Jährige, bis 2015 Risikovorstand der Commerzbank, wurde am Mittwoch mit 98 Prozent der Stimmen in den Aufsichtsrat gewählt, den Schmittmann künftig führen wird. Daneben zogen drei weitere neue Mitglieder in das Gremium ein: Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Versandhändlers Otto, Rainer Hillebrand, Eon-Chefin Victoria Ossadnik und Robin Stalker, früher Vorstandsmitglied bei Adidas. Bei dem Aktionärstreffen waren 51 Prozent des Grundkapitals vertreten.