Die Linke steht auf ihrem Bundesparteitag in Leipzig vor wichtigen Richtungsentscheidungen. Foto: dpa

Die Führung der Linkspartei legt einen Antrag für den Bundesparteitag in Leipzig vor, der sich klar gegen das Modell einer linken Sammlungsbewegung positioniert. Ob es dort zur Machtprobe mit Sahra Wagenknecht kommt, ist offen.

Berlin - Der Parteivorstand der Linkspartei hat für den Bundespartei Anfang Juni in Leipzig einen Leitantrag vorgelegt, der zwar eine Konfrontation vermeidet, sich aber doch deutlich von Positionen der Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Sahra Wagenknecht, abgrenzt. Wagenknecht hatte seit der Bundestagswahl im September, die für die Linke leichte Stimmengewinne gebracht hatte, immer wieder von einer linken „Sammlungsbewegung“ gesprochen. Offenbar hatte sie dabei die französische linke Partei „La France insoumise“ von Jean-Luc Mélenchon im Blick, der bei den Präsidentschaftswahlen zwar gescheitert war, aber im ersten Wahlgang einen Achtungserfolg erzielen konnte.

Parteiführung will eine Mitgliederpartei

Der ohne Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen vom Vorstand verabschiedete Leitantrag beschreibt ein unmissverständliches Gegenbild zu Parteimodellen, die stark von der Strahlkraft einer einzigen Person abhängen, wie das etwa bei Mélenchons Sammlungsbewegung der Fall gewesen war. „Die Mitglieder sind unser Rückgrat und unsere Stärke“, heißt es im Antrag. „Basis“ heiße, dass die Partei „auf ihren Mitgliedern aufbaut, von unten nach oben“. Die Mitglieder entschieden „über Forderungen und Programme, über Ziele und Ausrichtung der Linken“.

Das ist eine deutliche, aber durchaus nicht die einzige Spitze im Antragstext gegen Wagenknecht, die sich in der Vergangenheit äußerst kritisch mit dem Kurs der Linken in der Zuwanderungsfrage auseinandergesetzt und vor einer Überforderung der Gesellschaft gewarnt hatte. Die Parteiführung tritt im Antrag für den Bundesparteitag weiter für „sichere, legale Fluchtwege, offene Grenzen und ein menschenwürdiges, faires System der Aufnahme von geflüchteten und einen Lastenausgleich in Europa“ ein. Das Bekenntnis zu offenen Grenzen lässt sich ebenso als Angriff auf Wagenknechts Position lesen wie der folgende Satz: „Wer die rechten bekämpfen will, darf ihren Forderungen und ihren Redeweisen nicht nachgeben.“

Keine offenen Provokationen

Neben diesen klaren Abgrenzungen meidet der Text aber offene Provokationen. Es ist also offen, ob der Leipziger Parteitag tatsächlich eine endgültige Klärung des zehrenden Richtungsstreites in der Partei bringen wird. Seit Monaten liefert sich Wagenknecht einen Kleinkrieg mit den beiden Parteichefs, Bernd Riexinger und Katja Kipping. Vor allem zwischen Kipping und Wagenknecht ist das Tischtuch vollkommen zerschnitten. In der Bundestagsfraktion werden die offenen Feindseligkeiten mit wachsendem Unverständnis registriert. Wagenknechts Positionen scheinen in der Partei allerdings durchaus nicht so verankert, dass sie es in Leipzig zur offenen Machtprobe kommen lassen könnte.

Derzeit sind in der Partei auch noch keine Gegenkandidaturen zu den beiden Parteichefs bekannt. Gut möglich also, dass sich die Linke auch nach Leipzig den Luxus eines vergifteten Verhältnisses ihres Spitzenpersonals untereinander leisten muss.