Knuspriges Hühnchen auf einer Cheddar-Waffel im Frühstück 3000 in Berlin. Wie Frühstück jetzt von ein paar Gastronomen neu gedacht wird, sehen Sie in unserer Bildergalerie. Foto: Nils Hasenau/Nils Hasenau

Ein buttriges Croissant und ein bisschen Erdbeermarmelade? Das war gestern. Geht es nach Köchinnen und Köchen, wird jetzt opulent und warm gefrühstückt. Wie im Neobiota in Köln oder im Frühstück 3000 in Berlin.

Gefrühstückt wird daheim, sagen manche. Es gibt kaum einen Anlass, für den diese Menschen, die ein paar Löffel Cerealien im gemütlichen Schlafgewand in sich hineinschaufeln, zur ersten Mahlzeit des Tages das Haus verlassen. Dabei wird das Frühstück, das in den vergangenen Jahren mit den unvermeidlichen Avocado-Sauerteig-Broten und Beeren-Bowls erneuert wurde, nun anders zelebriert.

 

Brunch ist tot, es lebe das Frühstück

Brunch ist tot, es lebe das Frühstück, sagen etwa Sonja Baumann und Erik Scheffler in Köln. Das Koch-Duo setzt abends auf ein tolles Fine-Dining-Konzept, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Tagsüber kann in ihrem Lokal Neobiota gefrühstückt werden. Das Besondere: Frühstück wird nicht angerichtet, sondern wirklich gekocht. Es gibt keine Platten mit etwas Wurst und Käse, sondern Frühstücksspeisen neu interpretiert – wie etwa Birchermüsli oder Shakshuka, die Eierspeisen-Spezialität der nordafrikanischen und israelischen Küche.

„Es war durchaus ein Risiko“, sagt Erik Scheffler. Der 36-Jährige weiß: „Frühstück ist hierzulande die meistunterschätzte Mahlzeit. Die Deutschen essen Müsli oder Käsebrot, aber richtig Geld dafür ausgeben? Das wollen die Deutschen nicht. Wenn sie sich was gönnen, dann gehen sie sonntags brunchen.“ Derzeit fände aber ein Umdenken statt. Und der Erfolg gibt Lokalen wie dem Neobiota und dem Frühstück 3000 in Berlin recht.

Champagner, Stopfleber, Hummer – von diesen Klischees ist man hier weit weg

Im Neobiota, unweit der coolen Einkaufsmeile Ehrenstraße, ist der Anspruch hoch. Die Sterneküche am Abend ist modern und unkompliziert. Champagner, Stopfleber, Hummer – von diesen Klischees ist man hier weit weg. „Viel Bums auf dem Teller“, umschreibt Scheffler recht informell seinen Ansatz.

Die beiden, die privat übrigens kein Paar sind, kommen aus der Sterne-Gastronomie und kennen den großen Druck in der Branche. „Ich habe meine Jugend verbrannt“, sagt Scheffler, dessen Vita sich adrett liest. So arbeitete er unter anderem bei Gordon Ramsay (drei Sterne), im Vendôme bei Joachim Wissler (drei Sterne) und war Souschef bei Klaus Erfort in Saarbrücken: „Da lernt man viel, aber man hat nur gearbeitet.“

„Löffel rein, glücklich sein“ ist nun ihr Motto. Die beiden haben keine Investoren oder Sponsoren im Hintergrund. Wenn sie ausschließlich Dinner anbieten, wie soll das dann mit der Finanzierung klappen? Von ihren Reisen nach Amerika, Kanada oder Asien kannten die beiden gute Frühstücksrestaurants.

Als sie ihren Laden eröffneten, gab es entweder die klassischen Frühstückscafés mit Croissant, Marmelade, Wurst und Käse oder eben Brunch am Wochenende, wie es manche noch vom Beginn der Nullerjahre kennen: Warmhaltebehälter, angetrockneter Lachs mit Honig-Dill-Senf-Soße, krause Petersilie als Deko, angelaufener Analogkäse, Schinken und Salami, gestocktes Rührei und als warmes Gericht Putengeschnetzeltes.

„Ich weiß, ich trete damit manchen auf die Füße, aber Brunch ist eine Resteverwertung“, sagt Scheffler und erzählt von früher: „Durchs Kühlhaus kehren am Samstagabend, das wird dann am nächsten Tag serviert. Da lacht der Gastronom am Ende. Das ist minimaler Aufwand, maximaler Profit.“

Jedes Essen wird frisch gekocht

Im Neobiota werden dagegen alle Brote selbst gebacken, jedes Essen wird frisch gekocht. „Wir arbeiten morgens mit demselben Qualitätsverständnis wie abends. Deshalb ist das Neobiota auch Frühstücksrestaurant und nicht Café“, sagt Scheffler.

So interpretieren sie etwa Eggs Benedict neu, indem sie pochierte Eier auf Spargelsalat platzieren und mit einem grünen Schaum bedecken. Beliebt ist auch die herzhafte Variante von Arme Ritter: Ein Toast mit Gewürzen wird gebacken, in frisches Kalbsblut getunkt, kross gebraten, Apfelchutney, Kräuter und Apfelchips dazu. „Im Herzen Kölsch“, beschreibt es Erik Scheffler.

Wer Zimtschnecken bestellt, muss einige Minuten warten, weil sie frisch gebacken werden. Und ihre japanischen Pancakes mit Waldmeistercreme und Erdbeer-Rhabarber-Kompott sind so fotogen, dass sie gerne auf der Fotoplattform Instagram geteilt werden. „Foodporn“ nennt man das heute.

Frühstück mit Drinks in Berlin-Schöneberg

Auch so etwas, was im Frühstück 3000 in Berlin-Schöneberg zelebriert wird. Womöglich wurden kaum ein Lokal und seine Gerichte häufiger für Instagram fotografiert. Ihre Lokalität haben Maximiliane Wetzel, Lukas Mann und Martin Möller – alle drei kommen aus der gehobenen Gastronomie – mitten in der Pandemie eröffnet. Und es läuft wahnsinnig gut, ohne Reservierung geht hier kaum etwas.

Sieben Tage die Woche bieten die drei von 9 bis 16 Uhr Frühstück. Es gibt Erbsenkrapfen, Rindertatar mit Koriandermayonnaise oder Crispy Chicken auf einer frisch gebackenen Cheddar-Waffel mit Chili-Bacon-Karamell. Alles Speisen, die man zum Frühstück essen kann, aber auch den ganzen Tag. Getrunken wird nämlich nicht nur Kaffee und Tee, sondern auch gern mal was mit Alkohol. Darauf einen Espresso Martini: Cheers!

Info

Frühstücken in Berlin und anderswo

In Berlin: Das Frühstück 3000 befindet sich in der Bülowstraße 101 in 10783 Berlin und ist montags bis sonntags von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Reservierungen online unter fruehstueck3000.com .

Außerdem beliebt in der Hauptstadt: das Frühstücksrestaurant Benedict Breakfast im Max Brown Hotel in Wilmersdorf. Neben Klassikern wie Bagels mit Avocado gibt es natürlich Eggs Benedict in verschiedenen Variationen.

Das Neobiota in Köln (Ehrenstraße 43 c, Ecke Große und Kleine Brinkgasse; restaurant-neobiota.de/) serviert tagsüber Frühstück, abends gibt es mehrere Gänge ihrer Sterneküche.

Frühstück für daheim
Die beiden aus dem Neobiota haben auch ein Frühstückskochbuch gemacht. Ein tolles Rezept für zu Hause ist das Shakshuka aus dem Kochbuch „Brunch ist tot“ (Südwest Verlag):

Zutaten für 6 Personen: 2 rote Chilischoten 1 Knoblauchzehe 3 Zwiebeln 100 g Ingwer 50 ml Olivenöl 2 rote Paprikaschoten 300 g Tomaten 400 g stückige Tomaten aus der Dose 500 ml passierte Tomaten 20 g Salz 30 g Zucker 75 ml heller Balsamico-Essig

Außerdem 6 Eier etwas Salz 1 Bund Frühlingszwiebeln 20 g Blattpetersilie

Chilischoten waschen, halbieren und entkernen, Knoblauch und Zwiebeln abziehen und alles fein würfeln. Ingwer schälen und fein reiben. Nun alles zusammen in einem Topf mit Olivenöl anschwitzen. Paprika waschen, halbieren und entkernen, Tomaten waschen und beides würfeln und mit in den Topf geben. Ein paar Minuten mitschwitzen lassen und dann mit den stückigen und passierten Tomaten auffüllen. Das Ganze etwa 30 Minuten bei mittlerer Hitze köcheln lassen, bis die Shakshuka etwas eingekocht und angedickt ist. Gegen Ende der Garzeit schon mal den Backofen auf 180 Grad (Umluft) vorheizen. Die Shakshuka mit Salz, Zucker und dem Balsamico würzen. Die Masse nun auf 6 ofenfeste Schüsseln oder Pfännchen verteilen. Eine Kuhle in die Mitte der Masse machen, jeweils 1 Ei hineinschlagen und ein wenig salzen. Je nach Größe der Eier braucht die Shakshuka nun 10–15 Minuten im Ofen, bis sie fertig ist. Die Shakshuka aus dem Ofen nehmen und mit den Kräutern bestreuen. Jetzt ist es Zeit, sich diese Leckerei mit ein paar frischen Scheiben Brot schmecken zu lassen. Aber Achtung, heiß!