Wer die letzten Monate mit schlotternden Knien auf der Couch saß, um sich seine liebste eiskalte Süßspeise reinzupfeifen, hatte heute endlich wieder Gelegenheit zum Eis-Schlotzen inklusive Sonnenstrahlen im Gesicht.
In der Stuttgarter Innenstadt tummeln sich derzeit einige blasse Händchen, die ihr erstes Gelato des Jahres halten. Doch die Krisen dieser Zeit machen auch vor dem Schleck-Eis keinen Halt. In Stuttgart bekommt man kaum noch eine Kugel Eis unter 1,70 Euro. Je nach dem, wie hoch das Fancyness-Level der Eisdiele - mit Eissorten wie Avocado-Limette-Kokos oder Frischkäse-Feige - anschlägt, zahlt man auch gerne zwei Euro oder mehr. Ist es das wert?
„Lohnt sich“, sagt Nina, die einen Eisbecher mit zwei Kugeln in der Hand hält. Fünf Euro hat sie dafür bezahlt. „Das ist jetzt halt auch ein besonderes Eis. Ich rechne nicht so, dass ich denke ‚Oh, ist das teuer‘, sondern ich denke mir ‚Kann ich mir das gerade leisten?‘ Und wenn ja, dann gönne ich es mir.“ Sven aus Backnang sieht das ein bisschen anders. „Es tut schon ein bisschen weh im Herzen“, erzählt er mit gequälten Lächeln. In der Hand hält er ein Erdbeereis, zwei Euro hat die Kugel gekostet. Ob er deswegen sein Eis-Konsum dieses Jahr herunterschrauben wird? „Tatsächlich ja“, sagt er.
Überall steigen die Preise und die Kosten
Marvin arbeitet bei der Eisdiele Old Bridge Gelateria in der Innenstadt. „Überall ist es ja das Gleiche: Die Milchpreise erhöhen sich, die Personalkosten erhöhen sich, die Mietpreise erhöhen sich. Deshalb müssen wir automatisch mit gehen“, erzählt er. Die meisten Kundinnen und Kunden würden das verstehen, bisher habe sich noch niemand über die Preise beschwert. Und gutes, handgemachtes Eis ist eben etwas Besonderes.
Aber ganz so einvernehmlich werden die Preiserhöhungen nicht hingenommen. „Ich finde das schon ein bisschen unverschämt“, erzählt Kira. „Als ich ein Kind war, hab ich vielleicht so 50, 60 Cent pro Kugel gezahlt.“ Trotzdem hält sie eine Waffel mit Pistazien-Eis in der Hand.
Auch Max aus Stuttgart glaubt nicht so ganz daran, dass die Preise nur den steigenden Kosten verschuldet sind. „Ich glaube, die Preise sind deswegen so hoch, weil man es sich leisten kann, die Preise zu erhöhen. Die Leute zahlen das. Ein bisschen spielt natürlich auch die Energiekrise, Inflation und so weiter mit ein, aber ich denke nicht, dass das eine Kugel für 2,50 Euro rechtfertigt.“ Doch heute stört ihn das nicht. „Ich wurde von meinem Kollegen eingeladen“, erzählt er lachend und lässt sich seine Kugel Stracciatella schmecken.