Beim Volks- wie beim Frühlingsfest (hier kurz vor der Eröffnung) ist der Lärmpegel hoch – zum Ärger vieler Nachbarn in der Umgebung Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Stadt setzt weiter auf die beschlossenen Lärmminderungen beim Volksfest und Frühlingsfest in Stuttgart. Etliche Verbesserungen wurden in den vergangenen Jahren erreicht. Jetzt dürfen dafür die Bässe in den Zelten wieder etwas aufgedreht werden.

Stuttgart - Grundsätzliche Vorgabe für die Feste auf dem Wasen ist, die Lärmwerte im Vergleich zum Jahr 2011 um fünf Dezibel zu verringern. Dies sei auch deshalb nötig, so der Erste Bürgermeister Michael Föll am Freitag im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats, um im einige Hundert Meter entfernt gelegenen Mischgebiet Neckarpark auf jene für die Bebauungspläne relevanten Werte zu kommen, die dort ein Wohngebiet erst ermöglichen. Sein Fazit: „Wir nähern uns schrittweise dem Ziel, aber müssen noch ein gutes Stück zurücklegen.“

Seit 2012 misst das von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart beauftragte Büro Heine + Jud regelmäßig beim Volksfest. Zuletzt waren der Diplomingenieur für Bauphysik Thomas Heine und sein Messtrupp an einem Freitag- und drei Samstagabenden Ende September und Anfang Oktober 2014 unterwegs. Dabei kontrollierten sie zum einen die sogenannten Limiter in den Festzelten – das sind Pegelbegrenzer, die nur einen Maximalwert beim Lärm zulassen und von Heine + Jud versiegelt werden. Über den Festzelten wurden mit einem ferngesteuerten Messfahrzeug die Werte ermittelt.

Zudem wurde auch im Bereich der Schausteller gemessen – und zwar verdeckt, damit die Betreiber nicht umgehend den Lautsprecher absichtlich nach unten drehen. Weitere Anmerkung im Bericht des Stuttgarter Ingenieurbüros für Umwelttechnik: „Erfahrungsgemäß fühlen sich Besucher oftmals bei Schallpegelmessungen animiert, zu schreien oder zu singen, insbesondere im alkoholisierten Zustand.“

Erfreuliches Gesamtergebnis der Expertise: Bis auf vereinzelte Fälle kam es zu keinen Überschreitungen der zulässigen Werte. Die schalltechnische Untersuchung nennt allerdings vier auffällige Schaustellerbetriebe, bei denen die elektroakustischen Anlagen – ähnlich wie in den Zelten – vor Festbeginn künftig eingepegelt und versiegelt werden sollten, nämlich Break Dance, Disko Fieber, Transformer und The King.

An der Feuerwache direkt am Wasen lag die Lärmminderung im Vergleich zu 2011 bei lediglich ein bis zwei Dezibel. Diesen leicht schlechteren Wert gegenüber den beiden Jahren davor führt Heine auf den Besucherrekord 2014 mit vier Millionen Gästen zurück. Außerdem befinden sich unmittelbar dort besonders laute Betriebe.

Erfreulicher die Situation am Stadtarchiv, das beim künftigen Wohnquartier liegt, mit einer Minderung von drei bis vier dB (A) gegenüber 2011. Heines Diagnose: „Eine Pegelabnahme wurde auch subjektiv festgestellt. In 2011 waren hier Liedtexte aus den Festzelten noch deutlich wahrnehmbar; in 2014 war dies nicht mehr der Fall.“

Eine Empfehlung der Gutachter: Die Anforderungen an die Begrenzung der Bässe in den Zelten sollten geringfügig gelockert werden – verzeichneten die Tontechniker doch zuletzt eine deutliche Verschlechterung der Klangqualität in den Festzelten. Dieser spezielle Messwert könne angehoben werden, ohne dass dies spürbare negative Einflüsse auf den Gesamtlärm habe.

Gerade mit diesem Punkt konnten sich etliche Fraktionssprecher anfreunden, die damit zugleich offenbarten, dass sie keine Volksfestmuffel sind. „Wir begrüßen, dass es bei den Bässen mehr Spielraum gibt“, erklärte Fabian Mayer (CDU). Denn die Musik habe bei der letzten Veranstaltung doch „sehr metallisch“ gewirkt, „das war kein besonderes Klangerlebnis“. Man müsse Wege finden, wie man den Schallpegel einhalte „und es trotzdem nicht blechern klingt“, betonte Andreas G. Winter (Grüne).

Der Besucherstrom beim Volksfest bringe zwangsläufig Probleme. „Menschen produzieren Lärm“, so Bernd Klingler (AfD). Zudem seien dann auch häufiger Rettungseinsätze auf dem Wasen nötig. Weniger Martinshorneinsatz sei sinnvoll. „München hat keine Fahrzeuge, die machen viel mit Tragen.“ Der Aufbau einer zweiten Sanitätswache habe positive Effekte gezeitigt, entgegnete Andreas Kroll, Geschäftsführer von in.Stuttgart. Und die Absprache mit der Polizei sei: „Martinshorn nur, wenn wirklich nötig.“ Allerdings sei Blaulicht samt akustischem Signal abends auf den stark frequentierten Plätzen eben nicht zu vermeiden.