In jungen Jahren: Ed King in den frühen Siebzigern, als er die Band Lynyrd Skynyrd umkrempelte Foto: AP

Redneck-Hymne oder progressiver Rock? Der unverwüstliche Oldie „Sweet Home Alabama“ wird verschieden interpretiert. Ed King, der ihn mit geschrieben und ihm sein Riff verpasst hat, ist verstorben.

Nashville - Wenn irgendwo auf einer Landstraße der USA mal wieder ein paar angesoffene Rednecks im Pickup durch die Gegend fahren, um johlend auf Verkehrsschilder zu schießen, stolz die Konföderierten-Flagge übers Rückfenster gespannt, dann scheppert aus dem Autoradio vielleicht noch Lynyrd Skynyrds „Sweet Home Alabama“. Das war mal lange die prägende Hymne der Rednecks, ein Ausdruck ihres Widerwillens, mit der neuen Zeit von Offenheit, Toleranz und Gleichberechtigung zu gehen.

Über diesem großen Missverständnis dumpfer Aneignung kann man leicht vergessen, was für eine coole, grenzüberschreitende Band Lynyrd Skynyrd einmal waren. Diese weißen Jungs aus dem Süden spielten in ihren besten Momenten mit der knackigen Lässigkeit einer Bluesband, gekoppelt mit der offenen Harmonieseligkeit der Country-Musik und der verspielten Heiterkeit des britischen Pop (auch wenn sie live angesoffen rumpelig klingen konnten). So richtig fanden sie erst zu ihrem Sound, als 1972 der Gitarrist Ed King zu ihnen stieß, der nun am 22. August 2018 im Alter von 68 Jahren in Nashville, Tennessee, gestorben ist.

Ein klassisches Riff

Einer von gleich drei Gitarristen zu sein, Kings Aufgabe in der Band, das wäre für manchen profilierungswütigen Saitenzirbler eine Horrorvorstellung. King machte sofort eine Chance daraus, veränderte den Sound von Lynyrd Skynyrd deutlich, ohne ihn aggressiv bombastisch zu machen. Den Welthit „Sweet Home Alabama“ hat er mitgeschrieben, wie viele andere Klassiker der Band auch, hat ein Riff gespielt, das bis heute Heerscharen von umherdödelnden Gitarristen klarmacht, was der Unterschied zwischen den in Stein gemeißelten Zehn Geboten und einer Schubkarrenladung Altpapier ist.

1975 hat sich Ed King von Lynyrd Skynyrd getrennt, im Jahr darauf kam ein Großteil der Band bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. An späteren Wiedervereinigungen der Gruppe hat King zeitweilig teilgenommen, aber so pfiffig, so erlebnishungrig, so locker wie in den Siebzigern klangen sie nie wieder. In ihren Texten nahmen sie öfter mal die Rolle von Landjungs ein, die ihren Hinterwald gegen die arrogante Herablassung der Großstädter, den Spott der Progressiven, die Konsterniertheit der Avantgarde verteidigten. Aber in der Musik selbst war die Hoffnung zu hören, dass der Süden jetzt aufbricht, in Bewegung kommt, das Beste einer ungehetzten, konservativen Ländlichkeit mit dem Besten progressiver Zopfabschneiderei verbindet.

Ziemlich britisch

Wer mehr von Ed King hören will, sollte nicht zuerst bei den späteren Lynyrd-Skynyrd-Aufnahmen suchen, sondern bei Kings früherer Band Strawberry Alarm Clock, die sehr unter dem Einfluss britischer Vorbilder stand. Typen, die auf Verkehrsschilder schießen, kann man mit diesem Macht-Frieden-nicht-Krieg-Sound noch heute zur Weißglut treiben.

Strawberry Alarm Clock 1967 mit ihrem Hit „Incense & Peppermints“. Der freundlich rundgesichtige Ed King steht ganz links.

Eine Live-Fassung von „Sweet Home Alabama“. Die klingt rauer, trotziger als die etwas hippere, fast schon leicht ironische Studioversion.

„Saturday Night Special“: Eigentlich ein Lied gegen das habituelle Herumschleppen von Waffen, als seien es Armbanduhren, prompt von Rednecks als Hymne auf Privatartillerie missverstanden.