Bis zum 17. Juli tritt Frl. Wommy Wonder täglich (außer montags) im Friedrichsbau Varieté auf. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Glamour und Spaß sind zurück! Ihr Sommerquartier bezieht Frl. Wommy Wonder im Friedrichsbau. Bei der Premiere der Travestie-Show „Auf geht’s!“ gibt es Standing Ovations. Hat Kultur drinnen eine Chance gegen den Biergarten draußen? Hoffentlich!

Das Leben ist wie Kuchenmachen! Travestie kann – dem Vorurteil zum Trotz – auch weit oberhalb der Gürtellinie Treffer landen. Sollte es mal derb bei Frl. Wommy Wonder zugehen, kann man sicher sein, dass sogleich philosophische Exkursionen folgen. Prompt knallt der Kuchenvergleich in die Premiere der Sommershow „Auf geht’s“ im Friedrichsbau Varieté. „Wer keine Eier hat“, erklärt die Gastgeberin, „bekommt nix gebacken.“

Wommy muss Eier haben! Denn Abend für Abend tritt sie nun im Sommer an, wenn es die Menschen in die Biergärten drängt. Es ist der dritte Sommer, in dem Corona nicht überwunden ist, also immer noch die Sorge vor Ansteckung den Ansturm auf Innen-Kultur bremst. Dieser Sommer mobilisiert zwar bei Riesenevents von Rammstein bis zu den Toten Hosen die Massen – doch bleibt bei den hohen Eintrittspreisen der Superstars Geld übrig für das, was man schnöde Kleinkunst nennt, obwohl es allzu oft großartig ist?

„Der Varieté-Chef küsst so gut!“

Seit 1995 schwänzt die Schwabendiva im Sommer ihren eigenen Urlaub. Stattdessen tritt sie in der auch ohne Pandemie schwierigen Veranstaltungszeit wochenlang Abend für Abend auf. In den 28 Jahren ihrer Sommerdauershows hat sie mehrfach die Spielstätten gewechselt. Zuletzt stöckelte das Zwei-Meter-Zwanzig-Fräulein (dank High Heels und Perücken schießt sie so weit hoch) durchs Theater der Altstadt als Mutter Corsage. Das bleibt nun geschlossen für die Sanierung des Dachs. Friedrichsbau-Chef Timo Steinhauer gewährt Wommy in seinem viel größeren Saal Asyl. Bis zum 17. Juli vertraut er ihr sein Theater an. Prompt bedankt sich das Froiiilein auf seine Weise, mit der Behauptung etwa, der Varieté-Direktor küsse unglaublich gut („bis zum Zäpfchen“). Die empirische Beweisführung dafür bleibt aus. Aber die reichlich erschienen Stadtpromis haben in der Pause ihren Running Gag.

Zu Wommys Stärken gehört, sich über alles lustig zu machen, bevorzugt über sich selbst. Als Dinosaurier der Travestie müsse sie Jurrasica Parka heißen, sagt sie. Aber eine schwäbische Lady Gaga ist die Wonder auch, weil Gaga-Sein sich lohnt: „Hast du ne Schraube locker, hat dein Leben mehr Spiel.“

Für Kabarettistin Sabine Schief war die neue Wonder-Show „wombastisch“

Besonders schön ist das Zusammenspiel mit der ebenso abgedrehten Schwester Bärbel alias Marcelo Pivoto Bolter, die zur brüllenden Comedy (etwa im erotisch überspitzten Lederkorsett über aufgeschnallte Dickmach-Schenkel) wunderbar sanfte Ausflüge in die Poesie unternimmt. Ihre Vorfreude auf ein Date zieht sich durchs Programm – am Ende tanzt die Bärbel berührend mit ihrem Luftballontraummann. Das geht ans Herz!

Dass es Standing Ovations über viele Minuten gibt, tut der Umjubelten erkennbar gut. Die nächsten Wochen werden schwierig. „Die Leute gehen bei schönem Wetter lieber in den Biergarten“, fürchtet Michael Panzer alias Wommy. „Gerade jetzt sollte man Kultur unterstützen und Vorstellungen besuchen“, findet DJane Alegra Cole. „Wir müssen allen weitererzählen, wie toll die neue Show ist“, sagt Anita Rösslein, Chefin des Festkomitees Stuttgarter Karneval. Auch Elfriede Schäufele sei super gewesen. Die Kabarettistin Sabine Schief jubelt mit nur einem, aber alles sagenden Wort: „Wombastisch!“ Das Fräulein präsentiere „gekonnt pointierte“ Unterhaltung, was in Zeiten mit so vielen schlechten Nachrichten so wichtig sei.

Bei Biergarten-Wirtin Sonja Merz fliegt ein Herz in die Luft

Kultur und Biergarten –wer das eine tut, muss das andere nicht lassen. Am selben Tag wie Wommy lässt es Festwirtin Sonja Merz im Schlossgarten knallen: Ihre Konfettikanonen, mit denen sie bei perfektem Biergartenwetter ihr für zwei Millionen Euro umgebautes Refugium eröffnet, schießen ein grünes Herz in die Luft. Wenn das keine Botschaft ist! Beabsichtigt sei es nicht gewesen, ein Herz aus Schnipseln zu bilden, sondern nur reiner Zufall, sagt die Chefin.

Ihr Mann Konstantin Merz übernimmt die Vip-Betreuung und verteilt die Einlassbändel. Dabei: der Ur-Grüne Rezzo Schlauch, die frühere CDU-Spitzenfrau Susanne Eisenmann, Künstlerin Christa Winter, die Wirte Luigi Aracri, Piero Cuno, Michael Sakellariou, Hofbräu-Chef Martin Alber, Margit Mayer-Vorfelder, die Witwe vom MV, Kunsthändler Frank Zimmermann und viele andere.

Ob im Theater oder im Biergarten – das Sommermotto lautet: Auf geht’s!