Frl. Wommy Wonder spielt bis zum 13. September im Theater der Altstadt. Foto: Lichtgut/Julia Schramm

Die Rückkehr auf die Bühne ist für Publikum wie für Künstler zutiefst emotional. Tränen der Freude fließen im Theater der Altstadt bei der Premiere von Frl. Wommy Wonder. Kann es lustig sein, wenn Corona vieles einschränkt? Und wie!

Stuttgart - Susanne Heydenreich, die Intendantin des Theaters der Altstadt, hat extra ihren Urlaub unterbrochen und ist weit angereist. Sie will dabei sein, wenn es nach über viermonatigem Lockdown endlich losgeht auf ihrer geliebten Bühne. Wie beim „Familientreffen“ fühlt sich die freudestrahlende Chefin. Wunderschön findet sie es, „dass es das Publikum so sehr nach Kultur drängt wie den Künstlern nach dem Publikum“. 48 Gäste jubeln und klatschen. 48 von 204 Plätzen sind erlaubt.

„Theater ist unser Lebensinhalt“, sagt die Intendantin. Ein Leben ohne Inhalt muss jetzt nicht mehr sein. „Geht’s noch?!“, so heißt das neue Programm des schwäbischen Travestiestars Frl. Wommy Wonder alias Michael Panzer. Die Antwort ist eindeutig. ’ s goht no! Wonderbar!

So hart waren die Vorbereitungen für eine Premiere noch nie

Seit 25 Jahren spielt die 52-jährige Travestie-Lady immer die Sommerferien durch. Monatelang hat sie gezittert, ob es diesmal nur vor Autoscheiben geht, vor einem Publikum, das sie nicht hört. Aber gerade der Live-Kontakt ist Wommy so wichtig, ihre Spontanität macht den Reiz ihrer Darbietung aus.

So hart waren die Vorbereitungen für eine Premiere im Theater der Altstadt noch nie. Experten kamen ins Haus, um Kühlung und Luftströme zu kontrollieren. „Die Luftanlage ist besser, als vorgeschrieben“, freut sich Rüdiger Gunzenhäußer, der Vorsitzende des Fördervereins vom Theater der Altstadt, der sich im Berufsleben um Arbeitssicherheit und Brandschutz kümmert. Man könne also entspannt auf den (Corona-bedingt) spärlich besetzten Stuhlreihen sitzen, sagt er.

Gespielt wird am Stück ohne Pause

Hat alles also seinen Vorteil. So schnell waren die Vorstellungen noch nie ausverkauft! Weil die Wommy-Sommerfestspiele sechs Wochen lang gehen, gibt es aber noch genügend Karten. Vieles ist nun anders, vieles bleibt aber auch gleich. Die Treppe von der Bühne zum Publikum fehlt, das Bad in der Menge und das Anstoßen mit ausgewählten Gästen sind gestrichen, aber die Gagdichte ist atemberaubend wie eh und je.

Gespielt wird am Stück ohne Pause. So schnell haut das Fräulein seine Pointen raus, dass man kaum mit dem Lachen nachkommt. Als es um Corona-Pfunde geht, bemerkt Wommy scharfsinnig: „Frauen mit leichtem Übergewicht leben länger als Männer, die sie darauf hinweisen.“ Als Putzfrau Elfriede Schäufele, ein Star des württembergischen Faschings, spricht Panzer über das Temperament des Sängers Michael Wendler: „Wenn er ein Gewürz wäre, wäre er Mehl.“ Dazwischen begeistert Schwester Bärbel alias Marcelo Pivoto mit poetischem Fußtheater.

Zur Premiere sind diesmal keine Stadtpromis eingeladen

Zur Premiere sind nicht – wie in all den Jahren zuvor – Stadtpromis eingeladen. Die Karten wurden allesamt verkauft. Angesichts eines Theaters, das mit weniger als einem Viertel der Plätze besetzt werden darf, wird jeder Euro gebraucht. Finanziell lohnt sich der Aufwand nicht, weiß Panzer, aber es sei immer noch besser, als daheim zu sitzen und sich überflüssig zu fühlen.

„Beinahe hätte man die Strapazen, die das Virus uns auferlegt, vergessen können“, sagt Kabarettistin Sabine Schief, eine Premierenbesucherin, „hätte Wommy uns nicht auf herrlich geistreich-böse Art daran erinnert.“ Die Begegnung nach der Show im Foyer entfällt. Man winkt sich auf Abstand im Theaterhof zu. Davor ist der Travestiekünstler auf der Bühne den Tränen nahe. Endlich zurück im Theater! Der Lebensinhalt meldet sich sehr emotional zurück. ’s goht wieder los!

Infos zur Sommershow „Geht’s noch?!“

Gespielt wird bis zum 13. September immer mittwochs bis sonntags im Theater der Altstadt am Stuttgarter Feuersee. Wommy und Elfriede Schäufele sind jeden Abend dabei, jeden Mittwoch und Donnerstag unterstützt Schwester Bärbel die Truppe, und an jedem Dienstag gibt es eine Sondershow mit Gastkünstlern unter dem Motto „Wommy trifft“. Karten gibt es bei allen VVK-Stellen, beim Theater oder online zum Selbstausdruck via www.reservix.de.