Jeanete Joao betreibt einen Friseursalon in Botnang, der sich auf die Pflege von Afrohaar spezialisiert hat. Damit ist er in der Stuttgarter Region der einzige. Wie es zu der Idee kam und warum es so wenig Lockenspezialisten gibt.
Wer Locken hat, kennt den Leidensdruck am Waschtag. Manchmal kann es sogar Stunden dauern, bis man alles entwirrt, gewaschen und gestylt hat – und trotzdem ist nicht garantiert, dass die Frisur am Ende so sitzt, wie man es möchte. Die richtige Pflege von Locken kann zuweilen eine Wissenschaft für sich sein. Doch in Botnang gibt es einen Friseursalon, der da Abhilfe schaffen kann.
Jeanete Joao ist die Gründerin vom Friseursalon „House of Curls“. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist mit seinen Naturlocken zu kämpfen. Alleine das Haarewaschen könne bei ihrer starken Lockenstruktur einen ganzen Tag in Anspruch nehmen. „Als ich dann eines Tages unter der Dusche stand, hatte ich einfach keine Lust dazu. Ich wollte mir eine Haarwäsche wie im Spa gönnen und mich dabei entspannen“, sagt die gebürtige Ulmerin. Bei ihrer Suche nach einem Salon, der sich mit Locken auskennt und solche Anwendungen anbietet, musste sie dann ernüchtert feststellen: Es gibt keinen.
Von der Inhaberin frisiert werden
„Und so begann meine Reise. Ich habe im Internet recherchiert und angefangen an amerikanischen Online-Kursen teilzunehmen. In Deutschland ist Afrohaarkunde nämlich noch kein Teil des Friseurlehrplans“, erklärt Joao. Von einer Kundin habe sie im Nachhinein sogar erfahren, dass sie vorher regelmäßig nach London gereist ist, um sich die Haare machen zu lassen. Nachdem die Corona-Pandemie vorüber war, sei Joao dann in die USA geflogen und habe dort ihre Prüfung abgelegt. Zurück in Deutschland eröffnete sie dann „House of Curls“.
Was den Salon im Wesentlichen von einem üblichen Friseur unterscheidet seien zum einen die Produkte und zum anderen die Verweildauer. „Wir nehmen uns wirklich Zeit für unsere Kunden. Man kann bei lockigem Haar nicht so schnell machen, wie bei glatten Haaren. Sonst verknoten sie beim Waschen und man muss sie wieder entwirren. Sich Zeit für die Locken zu nehmen ist das A und O.“ Bei der Pflege verwende ihr Salon nur zum Teil deutsche Produkte, der größte Anteil käme aus den Staaten. Die seien nämlich deutlich reichhaltiger.
Viele Leute mit Locken, wüssten laut Joao gar nicht, wie sie mit ihren Haaren umzugehen haben oder finden keine passenden Angebote. „Ich habe mir früher immer die Haare chemisch glätten lassen. Ich dachte, dass ich dann die europäischen Produkte benutzen kann“, erzählt sie von ihrer Erfahrung. Doch damit habe sie es nur weiter herausgezögert, sich mit der richtigen Pflege zu beschäftigen und ihren Locken geschadet.
Auch von sogenannten „protective hairstyles“, also schützenden Frisuren, wüssten viele ihrer Kunden nichts. „Damit lässt sich Spliss und Haarbruch vermeiden. Die Spitzen werden bei diesen Frisuren nämlich geschützt, indem sie zum Beispiel eingedreht oder geflochten werden.“ Besonders gut würden diese Frisuren gegen Umwelteinflüsse, wie Regen, Hitze oder häufiges Anfassen schützen.
Durch das fehlende Angebot an richtigen Produkten und Anwendungen, würde bei vielen Betroffenen die Liebe zu den Naturlocken verloren gehen. Bei jungen Frauen käme es auch oft vor, dass andere aus Neugierde die Haare anfassen wollen. Oder sie würden darauf angesprochen, dass ihre Frisur „strubbelig“ aussehe. Diese unangenehmen Situationen würden dann dafür sorgen, dass viele ihre Haare verteufeln. Deshalb lautet Joaos Motto: „Wir bringen dir die Liebe zu deinen Locken bei.“ Ihr Ziel sei es, dass Kunden ihre Locken akzeptieren, wie sie sind. Und damit ist sie bisher sehr erfolgreich. „Die meisten kommen wieder. Vor kurzem hatten wir auch eine Frau, die emotional geworden ist. Sie meinte, sie sei kurz davor gewesen, sich die Haare abzuschneiden. Aber dann hat sie uns gefunden.“
Neben den Beratungen für Kunden bietet ihr Team auch Schulungen für Friseure in Afrohaarkunde an. So können auch andere Salons später Kunden mit starken Locken fachgerecht frisieren. Denn aktuell sei die Nachfrage größer als das Angebot. „Wir haben auch vor, uns zu erweitern, können allerdings noch nichts konkretes sagen“, kündigt die Unternehmerin an. Das Problem mit der stundenlangen anstrengenden Haarwäsche hat Jeanete Joao auf jeden Fall nicht nur für sich selbst gelöst.