Hohe Spielfähigkeit, gutes Auge – doch auf der Zielgeraden seiner Profikarriere plagen Frisch-Auf-Linkshänder Adrian Pfahl Verletzungsprobleme. Foto: Baumann

Für Adrian Pfahl wäre es der sechste Europapokal-Titel. Mit einem Triumph im Final Four um den EHF-Pokal mit Frisch Auf Göppingen könnte der Linkshänder seine Profikarriere krönen. Ob er jedoch im Angriff helfen kann, ist fraglich.

Stuttgart - Adrian Pfahl ist ungeduldig. Seit sich sein Mitspieler Jens Schöngarth im Bundesligaspiel am 10. Mai gegen den VfL Gummersbach (24:16) das Außenband im Sprunggelenk gerissen hat, ist der Göppinger Linkshänder sogar noch ruheloser: Schöngarth spielt auf Pfahls Position im rechten Rückraum und droht für das Final Four auszufallen. „Ich möchte der Mannschaft nur allzu gerne auch im Angriff helfen“, sagt Pfahl. Doch nach seiner viereinhalbmonatigen Verletzungspause wegen eines Kapselrisses im kleinen Zeh, steht er erst seit Ende März zwar wieder auf dem Feld. Hauptsächlich aber in der Abwehr. Im Angriff ging bisher wenig. „Meine Schulter fühlte sich während der langen Pause wohl schon im Ruhestand“, sagt der Ex-Nationalspieler (61 Länderspiele) mit einem Augenzwinkern. Seitdem bekam er im Spiel keinen dynamischen Wurf mehr hin.

Bis zum Halbfinale an diesem Samstag um 17 Uhr gegen Ligarivale Füchse Berlin (Platz drei, 47:13 Punkte) hofft er auf Besserung. Es steht viel auf dem Spiel für Frisch Auf. Eine unterm Strich enttäuschende Saison in der Liga (Platz zehn, 29:33 Punkte) könnte mit dem Titelgewinn gerettet werden. Wie im Vorjahr. Da hatten die Göppinger in der Liga sogar nicht einmal den Klassenverbleib sicher – und fegten dann als Außenseiter im Halbfinale den SC Magdeburg mit 33:29 und im Finale die Füchse Berlin mit 30:22 aus der Halle. Ebenfalls im Final Four um den EHF-Pokal. Allerdings in eigener Halle.

Außenseiterrolle liegt Frisch Auf

Diesmal geht es in die Getec-Arena nach Magdeburg. „Warum soll uns nicht wieder eine Überraschung gelingen? Alles ist möglich. Keiner erwartet etwas von uns. Wir können frei aufspielen“, sagt Pfahl, der in dieser Saison zweimal mit Frisch Auf gegen Berlin deutlich verlor (32:38, 19:33). Gelingt die Revanche und am Sonntag der Sieg im Finale wäre der fünfte EHF-Pokal-Titel nach 2011, 2012, 2016 und 2017 für Frisch Auf perfekt. Und Pfahl könnte sogar seinen sechsten Titel auf der europäischen Bühne feiern. Neben den Triumphen mit Göppingen in den vergangenen beiden Jahren holte er auch mit dem VfL Gummersbach 2009 den EHF-Cup sowie 2010 und 2011 jeweils den Europapokal der Pokalsieger. Was ihm dabei besonders in Erinnerung blieb? „Der erste Titel 2009 mit Gummersbach vor 15 000 Zuschauern in Köln gegen RK Velenje und das Finale dahoim mit Frisch Auf, das war Gänsehaus pur“, sagt Pfahl.

Mit der Profikarriere ist am Saisonende Schluss. Pfahl bleibt aber am Ball – beim TSV Alforf/Lorch in der fünftklassigen Württembergliga. Der 35-Jährige wird auch eine Jugendmanschaft trainieren. Das entscheidende aber war die berufliche Perspektive. Der gelernte Industriemechaniker wird beim Sondermaschinenbauer LAS Lean Assembly System in Lorch-Weitmars arbeiten. Pfahl hätte auch in der Bundesliga noch ein Jahr dranhängen können. Doch er wollte den Berufseinstieg nicht verpassen. Zudem hat der gebürtige Bietigheimer in Göppingen gebaut und wollte nicht wegziehen. Mit seiner Ehefrau Jenny und den Kindern Lena (9) und Felix (7) fühlt sich der Familienmensch in der Region pudelwohl. „Irgendwo nach Timbuktu zu wechseln und die Familie allein zu lassen, da haben sich mir alle Nackenhaare gesträubt“, gibt Pfahl Einblicke in sein Seelenleben.

Titel-Ausbeute stimmt

Nach seinen Stationen SKV Oberstenfeld, TSG Oßweil, Bayer Dormagen und VfL Gummersbach hatte er beim HSV Hamburg Ende 2015 die Insolvenz erlebt. „Eine schwere Zeit für den Kopf“, erinnert sich Pfahl. Er wechselte als bester Feldtorschütze der Bundesliga im Januar 2016 nach Göppingen, stand voll im Saft, doch er tat sich schwer mit der etwas statischen Spielanlage. Pfahl ist ein spielstarker, dynamischer Instinkthandballer, der stark ist, wenn der Ball schnell läuft. „Zumindest was die Torausbeute betrifft, kann ich mit der Zeit in Göppingen nicht zufrieden sein“, meint Pfahl selbstkritisch.

Dafür könnte er als der Titelhamster in die Annalen eingehen. „In zweieinhalb Jahren bei einem Verein drei EHF-Pokal-Titel zu gewinnen – das hätte schon was“, sagt Pfahl mit einem Schmunzeln, aber wild entschlossen. Der Mann ist heiß. Heiß auf ein perfektes Ende seiner Profikarriere.

TV-Übertragungen

Das Halbfinale SC Magdeburg – Saint-Raphaël wird live im MDR-Fernsehen übertragen.

Das Halbfinale Frisch Auf Göppingen – Füchse Berlin im livestream auf www.rbb24.de.

Wo die Finalspiele am Sonntag übertragen werden, hängt von den teilnehmenden Teams ab.

Alle Spieler werden auf www.ehftv.com im livestream gezeigt. Dieser ist allerdings in Deutschland geblockt.