Wenn das Gras im Frühsommer wachse und wachse, könne es beim Mähen durchaus einmal zu Verzögerungen kommen, sagt die Stadt. Foto: Judith A. Sägesser

Ende Mai ist eine 83-jährige Frau bei der Grabpflege auf dem Friedhof in Stuttgart-Birkach hingefallen. Ihre Tochter erklärt sich dies mit der mangelnden Pflege der Wege und sieht dringenden Handlungsbedarf. Die Stadt sieht das indessen anders.

Birkach - Sie hat den Schrei gehört und ist schnell zu ihrer Mutter. Die 83-Jährige lag auf der Wiese zwischen den Grabreihen, sie blutete im Gesicht, und die Brille war verbogen. Ein Mann, der auch auf dem Friedhof war, hat den beiden geholfen. Die betagte Birkacherin kam mit einer geschwollenen Hand und einem Schrecken davon, aber ihre Tochter will die Sache nicht auf sich beruhen lassen.

Weder Tochter noch Mutter möchten namentlich in der Zeitung genannt werden, das was ihnen passiert ist, soll aber durchaus publik gemacht werden, sagt die Tochter der gestürzten Birkacherin. „Das ist unzumutbar“, sagt sie und meint den Zustand der Wege zwischen den Gräbern. Die Steinplatten seien schief, das Gras viel zu hoch. Stolperfallen oder Löcher im Boden seien kaum erkennbar, sagt die Tochter, die selbst am Niederrhein wohnt, ihre Mutter aber – wenn möglich – auf den Friedhof begleitet.

Die Tochter macht sich Sorgen um die Mutter

Die betagte Birkacherin pflegt auf dem Gottesacker die Gräber von zwei ihrer Tanten. „Das lässt sie sich auch nicht nehmen“, sagt die Tochter. „Ich mache mir wirklich Sorgen, wenn sie dorthin zum Gießen geht.“ Aber selbst der Sturz halte die Mutter nicht ab, sich um die Grabstellen zu kümmern. „Sie ist davon nicht abzubringen.“ Dabei hatte die Tochter schon vor dem Unfall befürchtet, dass es irgendwann so weit kommen würde. Zumal ein älterer Mann, der im selben Haus wie ihre Mutter lebt, auch schon einmal hingefallen sei. „Auf den Friedhof gehen so viele alte Leute“, sagt die Frau. Gerade deshalb müsse die Stadt doch hinterher sein, damit die Wege in Ordnung gehalten würden.

Die Tochter ist kurz nach dem Sturz ihrer Mutter zum Bezirksamt nach Plieningen und hat sich beschwert. „Die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel hatte ein offenes Ohr“, erzählt sie.

Harald Aust vom Friedhofsamt der Stadt Stuttgart hatte von dem Unfall auf dem Birkacher Friedhof bisher noch nichts gehört. Und auch sonst passiere seiner Kenntnis nach so gut wie nie so etwas wie nun in Birkach. „Unfälle werden uns ganz selten bekannt“, sagt Aust.

Es könne nicht überall gleichzeitig gemäht werden

Es sei mitnichten der Fall, dass sich die Stadt nicht genügend um ihre Friedhöfe kümmere. „Grundsätzlich befinden sich unsere Friedhöfe in einem guten Zustand“, sagt er. Der Unfall sei seiner Recherche nach Ende Mai passiert, also in einer Zeit, wo das Gras wachse. „Und wir können nun mal nicht überall auf allen 41 Friedhöfen in der Stadt gleichzeitig mähen.“ Die Mitarbeiter des Friedhofsamts arbeiteten sich von Gottesacker zu Gottesacker durch. Da könne es eben auch mal zu Verzögerungen kommen. Es gebe einen Aufseher, der für Birkach und Plieningen zuständig sei, und der habe ein Auge darauf, dass die Wege in Ordnung gehalten würden.

Was die schiefen Wegplatten angehe, so sei bereits vor dem Unfall eine Firma beauftragt worden. Er habe aufgrund des Unfalls nun noch einmal bei dem Unternehmen nachgehakt. Die Auskunft, die er bekam: Die Platten sollen im Laufe der nächsten Tage gerichtet werden, sagt Aust.