Jetzt sind zwar die Glaswände der Feierhalle endlich eingebaut, doch die Leute finden den Ort immer noch zugig. Foto: Judith A. Sägesser

Vergangene Woche haben die Glaser die ersehnten Scheiben am Unterstand für Trauernde in Stuttgart-Birkach eingesetzt. Eigentlich wäre dies ein Anlass für Jubelstürme. Doch es kam anders, denn das bisherige Ergebnis fällt bei Birkachern durch.

Birkach - Aus einem Wunsch wird Wirklichkeit. Naja, fast. Vergangene Woche waren die Handwerker auf dem Friedhof in Birkach und haben der Feierhalle Glasscheiben verpasst – Scheiben, auf die die Birkacher zwei Jahrzehnte warten mussten. Immer wieder kam das Thema hoch, die Klage war stets dieselbe: Für die Trauernden, die sich auf dem Friedhof in Birkach versammeln, sei der Zustand der Halle unzumutbar. Zu zugig und kalt sei der Unterstand. Und genau darum handelt es sich, um ein Dach auf Stelzen. Und dieses ist seit vergangener Woche eben verglast. Der Gemeinderat hatte dafür 60 000 Euro bewilligt.

Karin Thume hat die Verwandlung der Halle gleich vergangene Woche vor Ort begutachtet. Und sie war geschockt, sagt sie. Die Scheiben reichen nicht bis zum Boden, sie enden etwa auf Kniehöhe. Und die Frontseite ist nach wie vor komplett offen. „Es ist so, wie es keiner haben wollte“, sagt die Birkacherin, die das Thema seit Jahrzehnten verfolgt. Doch sie kann dem Ganzen etwas Positives abgewinnen: „Es ist besser als nichts.“

Sie haben das Projekt nach oben katapultiert

Es gibt Leute vor Ort, die sehen das weniger gelassen. Rolf Lehmann zum Beispiel, er ist so etwas wie das Gesicht der Bewegung, die sich für einen würdigen Wetterschutz auf dem Birkacher Friedhof eingesetzt und den Wunsch letztlich nach oben katapultiert hat – unter die ersten 100 stadtweiten Vorschläge im vergangenen Bürgerhaushalt. „Ich bin hin- und hergerissen zwischen Verzweiflung und Hoffnung“, sagt Lehmann. „So wie es ist, kann es nicht bleiben.“ Und es klingt fast nach einer Selbstberuhigung, wenn er feststellt: „Nein, es ist noch nicht fertig.“

Auch im Bezirksbeirat hatte es vergangene Woche Kritik gehagelt. Die Lokalpolitiker waren mindestens so perplex wie Thume, Lehmann und die anderen. Und der CDU-Stadtrat Carl-Christian Vetter äußert sich ebenfalls unzufrieden. „Das ist eine Standardlösung aus dem Baukasten“, sagt er. Er sehe ein, dass die Angelegenheit technisch nicht ganz einfach sei. „Das Ganze muss aber schon einen Nutzen haben. So verursacht es nur weitere Putzkosten.“ Er sieht die nun angebrachten Glasscheiben als „ersten Bauabschnitt. Ich bleibe auf jeden Fall an dem Thema dran“.

So ist der Friedhof zur Chefsache geworden

Dran am Thema ist mittlerweile selbst der zuständige Technikbürgermeister Dirk Thürnau. Er wohnt in Plieningen und wird schon allein deshalb immer wieder mit der Feierhalle konfrontiert, wie er erzählt. Doch der Birkacher Fall ist längst Politikum und deshalb Chefsache. „Es ist nicht immer an der Bausumme festzumachen, was bei ihm ankommt, sagt Thürnau. „Bei mir rufen auch Leute an, weil ihre Mülleimer nicht geleert wurden.“

Die Protestwelle im Bezirksbeirat kann der Bürgermeister nicht ganz nachvollziehen. Die Pläne seien bereits 2014 im Gremium gezeigt worden, damals habe es keine Widerworte gegeben. „Jetzt bauen wir, und jetzt ist es wieder nicht gut.“

Er stellt klar, dass sich an der offenen Frontseite nichts ändern lasse. Kompliziert sei das Ganze, weil das Gebäude, an das die Feierhalle angedockt ist, denkmalgeschützt ist. Trotzdem verebbt die aktuelle Kritik nicht ungehört bei der Stadtverwaltung. „Die Maßnahme ist noch nicht abgeschlossen“, sagt Thürnau. Auch die Füße der Trauergemeinden sollen künftig vor Wind und Wetter besser geschützt sein.