Der Waldfriedhof in Leinfelden steht nun unter Denkmalschutz, obwohl das Krematorium und die Aussegnungshalle in einem grauen Betonbau untergebracht sind. Doch was war ausschlaggebend für den Denkmalschutz?
Leinfelden - Auf dem Waldfriedhof in Leinfelden steht ein grauer Betonbau. Darin untergebracht sind das Krematorium und die Aussegnungshalle. Trauernde bekommen nur wenig von denen mit, die hier täglich ihrem Job nachgehen – das liegt auch an der Bauweise des Gebäudes. „Es gibt eine strikte Trennung der Trauergemeinde und der Mitarbeiter“, sagt Andreas Dubslaff vom Landesamt für Denkmalpflege, der den Bau genauer untersucht hat. So sieht man die Funktionsräume beispielsweise nicht, wenn man auf den Eingang des Gebäudes zugeht. Diese Überlegungen des Architekten sind mit ein Kriterium dafür, dass der Friedhof nun unter Denkmalschutz steht.
Dabei ist das Gebäude auf dem Friedhof noch gar nicht so alt. Die Aussegnungshalle mit dem Krematorium wurde 1971 bis 1973 vom Stuttgarter Architekten Max Bächer entworfen und gebaut. Doch das Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg kennt kein Mindestalter für Kulturdenkmale, auch Gebäude aus den 1970er Jahren können „Auskunft über gesellschaftliche, geschichtlich und architektonische Entwicklungen ihrer Entstehungszeit geben“, heißt es in einer Broschüre des Landesamts für Denkmalpflege.
Der Architekt spielt mit einer indirekten Beleuchtung
„Architektur ist stets ein Kind ihrer Zeit“, so Johann Schmidt vom Amt für Hochbau und Immobilien der Stadt Leinfelden-Echterdingen. So auch der Bau auf dem Leinfeldener Friedhof: Von außen wirkt das Gebäude durch das verwendete Baumaterial Beton wehrhaft und steht durch seine Massivität in Kontrast zu neueren Anlagen. „Schönheit ist kein Kriterium für Denkmalschutz“, so Dubslaff. Und doch: Insbesondere die Bausubstanz prägt das Gebäude. „Es gibt auch junge Kulturdenkmäler, die architektonisch interessant sind. Beton ist da kein Widerspruch“, sagt Dubslaff.
Insbesondere dann, wenn dieser wie hier nicht nur als Baumaterial, sondern auch als Gestaltungsmittel eingesetzt werde, sagt er. Von außen ist dies beispielsweise an den fünf senkrecht aufragenden, skulptural gestalteten Lichtkanonen zu sehen. Architekt Bächer spielt mit einer indirekten Beleuchtung: Das Licht fällt durch Raum, in welchem der Sarg aufgestellt wird. Damit dieses nicht zu grell darauf scheint, wird es zuvor durch die Lichtkanonen umgeleitet. Bächer entwarf insgesamt fünf Friedhofsanlagen, das „Bauen für die letzten Dinge“ war ein Schwerpunkt seines architektonischen Schaffens. Der Landschaftsarchitekt Hans Luz, ebenfalls aus Stuttgart kommend, war für die Friedhofsgestaltung in Leinfelden verantwortlich. Für den Status des Denkmalschutzes war auch dieses Konzept ausschlaggebend. Dieses berücksichtigt die topografische Lage: „Der Friedhof ist, schwäbisch gesagt, auf einem Buckel gebaut“, sagt Dubslaff.
Das Erscheinungsbild des Friedhofs soll gesichert werden
Das Gebäude mit Krematorium und Aussegnungshalle wächst aus dem Berg hinaus: Wer den Hügel hinaufgeht, sieht, wie die Wiese in das begrünte Dach des Gebäudes übergeht. „Man muss sehen, dass die Anlage nicht nur eine Bedeutung als Friedhof hat, sondern auch als Grünfläche und grüne Lunge der Stadt“, sagt Torsten Specht vom Amt für Umwelt, Grünflächen und Tiefbau. Das ist auch der Grund, warum Linden entlang der in Halbkreisen verlaufenden Wegen gepflanzt sind.
Das Ziel ist es, die Substanz und das Erscheinungsbild des Friedhofs zu sichern, weswegen er nun unter Denkmalschutz steht. Was sich in Zukunft durch den neuen Status ändern wird, ist die Vorgehensweise, wenn bauliche Veränderungen umgesetzt werden müssen. Die müssen dann abgestimmt werden, so Dubslaff: „Wir wehren uns nicht gegen Veränderungen. Manchmal ist das sogar notwendig, wie etwa beim Brandschutz.“