Restauratorin Juliane Weigele zeigt am Freitag, an welche Stellen dieser Grabstein auf dem Hoppenlaufriedhof besonders gelitten hat. Foto: Michele Danze

Alle wollen den historischen Hoppenlaufriedhof vor dem Verfall bewahren. Und alle sollen mitbezahlen, fordert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg. Auch die Stadt Stuttgart. Ihr Engagement in sechsstelliger Höhe macht die Stiftung davon abhängig, ob der Gemeinderat die gleiche Euro-Summe bezahlt.

Stuttgart - Eigentlich müsste Timo John bei jedem Regenguss zusammenzucken – weil sich die alten Steine zusehends mit Wasser vollsaugen. Feuchtigkeit ist Gift für die rund 1700, teils 300 Jahre alten Grabsteine des Hoppenlaufriedhofs, von denen meisten aus Sandstein sind. Am Freitag schüttet es aus Kübeln, als der Funktionär des Schwäbischen Heimatbunds der Stadt auf dem Gottesacker nahe der Liederhalle einen Spendenscheck überreicht. 10 000 Euro hat der Heimatbund für den Erhalt des Kleinods gesammelt. Kaum mehr als ein symbolischer Betrag, denn die Sanierung kostet rund 1,5 Millionen Euro. 350 000 Euro steuert inzwischen die Bundesrepublik Deutschland aus einem ihrer Fördertöpfe bei, weshalb es John immer leichter fällt, für sein Projekt Hoppenlaufriedhof Mitstreiter zu gewinnen.

Noch fehlen aber über 1,1 Millionen Euro. Das Land hat bereits zugesagt, sich im Rahmen seiner Förderrichtlinien zu beteiligen. Möglich wären wohl bis zu 30 Prozent der Kosten. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg will sich ebenfalls an der Rettung des Friedhofs beteiligen, verbindet dies aber mit einer deutlichen Forderung an die Stadt Stuttgart. Für die Sanierung benötige man ab sofort finanzielle Sicherheit, sagt Hermann Vogler von der Denkmalstiftung, deren Kuratorium unter anderen der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Spät angehört. Vogler am Freitag weiter: „Die Stiftung fördert, aber die Stadt muss die Voraussetzungen schaffen.“ Im Klartext: Die Stadt muss rasch sagen, ob und welchen finanziellen Beitrag sie für die Friedhofssanierung leisten will. Gedacht ist auch daran, dass Bürger für einzelne Steine die Patenschaft übernehmen, und so ebenfalls Geld in die Kasse kommt.

Dass Stiftung, Land und Stadt den dann verbliebenen Betrag zu gleichen Teilen schultern, ist für Vogler wohl ein denkbares Szenario. Beim Landesamt für Denkmalpflege und bei der Denkmalstiftung hat die Stadt bereits Fördermittel von jeweils 400 000 Euro beantragt. Hier will die Stuttgarter CDU jetzt auf Tempo drücken.

Bei der Sanierung ist Tempo angebracht

Die Gemeinderatsfraktion der Union fordert die Verwaltung in einem Antrag auf, sie solle daraufhin wirken, dass den Anträgen „bis spätestens nach der Sommerpause entsprochen wird, um so rechtzeitig in unseren Haushaltsberatungen die Gesamtfinanzierung beraten zu können“. Diese beginnen im Herbst. Früher wird die Stadt wohl keine Summe nennen können.

Tempo ist bei der Sanierung durchaus angebracht, „obwohl wir behutsam vorgehen müssen“, wie Angelika Reiff, Denkmalschützerin beim Regierungspräsidium, betont. Tempo, weil eine Schadensklassifizierung ergeben habe, mehr als drei Viertel der Grabsteine seien so marode, dass man sofort sanieren müsste. Behutsamkeit sei wiederum gefragt, weil beinahe jeder Stein von der Form und von der Art des Sandsteins ein Unikat darstelle und individuell bearbeitet werden müsse, so Angelika Reiff. Sie verweist dabei auf die Restaurierung des Friedhofs in den 1980er Jahren. Bei der jüngsten Begutachtung stellte sich nämlich heraus, dass der damalige Stand der Restaurierungstechnik vielen Grabmalen mehr geschadet als genutzt hat. Die für die Steine verhängnisvolle physikalisch-chemische Methode hieß Hydrophobierung: Die oberste Schicht des Stein wurde damals wasserabweisend stabilisiert, doch im Kern blieb die Feuchtigkeit. Folge: Heute schälen sich die stabilen oberen Steinschichten ab.

Geplant ist, den Friedhof in mehreren Schritten bis etwa zum Jahr 2020 zu sanieren. Erstmals am Stein wird wohl im nächsten Jahr gearbeitet.