Protestaktion auf dem Stuttgarter Marktplatz mit gut 150 Teilnehmern. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Räumung von Lützerath hat das Vertrauen der Fridays For Future-Bewegung in die Regierenden erschüttert. Das ist am Freitag bei der Demonstration mit gut 150 Teilnehmern auf dem Stuttgarter Marktplatz deutlich geworden.

Die Klimaschützerinnen und -schützer von Fridays For Future (FFF) in Stuttgart wollen in diesem Jahr wieder öfter als zuletzt mit Demonstrationszügen und Kundgebungen darauf aufmerksam machen, dass die Klimakrise sich immer weiter verschärft und dringend etwas dagegen getan werden muss. Das haben sie am Freitag bei einer Protestaktion auf dem Stuttgarter Marktplatz vor rund 150 Teilnehmern angekündigt. Gleichzeitig übten sie scharfe Kritik am Polizeieinsatz bei der Räumung von Lützerath am vergangenen Wochenende.

Die Busse nach Lützerath wurden von der Polizei angehalten

„Wir lassen uns unsere Zukunft nicht wegbaggern“, stand auf einem der Transparente, die bei der kurzen Kundgebung auf dem Marktplatz und dem anschließenden Demonstrationszug durch die Innenstadt getragen wurden. Lützerath, der Braunkohle-Tagebau des RWE-Konzerns, die Haltung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und der Bundesregierung dazu sind auch bei der Stuttgarter Fridays for Future-Bewegung in diesen Tagen die beherrschenden Themen. Einige von denen, die in die Innenstadt gekommen waren, hatten sich am Wochenende selbst in Bussen auf den Weg nach Lützerath gemacht - und waren schon zehn Minuten nach der Abfahrt auf der Autobahn bei Vaihingen von der Polizei gestoppt worden. Und das um vier Uhr morgens.

So erzählt es Marius von FFF Stuttgart, der zusammen mit anderen seit Dezember die Busfahrten organisiert hatte. Die Polizeibeamten hätten die Passagierlisten gewollt, sagt er, den Bus dann aber weiterfahren lassen. Bei der Großdemonstration am Wochenende in Keyenberg bei Lützerath seien dann so viele Menschen gewesen „und so viel Zerstörung“. „Das soll Klimaschutz sein?“, fragte er die Teilnehmer vor dem Stuttgarter Rathaus und: „Was haben wir eigentlich für eine Regierung, die so unglaublich schlecht für uns verhandelt?“Er kritisierte wie die anderen Rednerinnen auch den Polizeieinsatz dort, bei dem festgenommene Demonstranten in fensterlosen Zügen mit der Aufschrift RWE abtransportiert worden seien.

Das Vertrauen in den Staat scheint erschüttert

Durch die Räumung und den darauffolgenden Abriss des Weilers Lützerath, damit dort der Braunkohletagebau vorangetrieben werden kann, scheint das Vertrauen vieler Demonstrierenden in den Staat und in die Regierung zumindest stark erschüttert worden zu sein. „Diese Regierung macht Politik im Sinne der Großkonzerne“, warf eine Rednerin der Bundesregierung vor. „Ein früherer Kohleausstieg bringt nichts, wenn vorher umso mehr Kohle umso schneller verbrannt wird.“

Elly, eine andere Rednerin, sagte, dass die Regierungen in NRW und im Bund offenbar beschlossen hätten, dass das Pariser Klimaabkommen mit dem 1,5-Grad-Ziel weniger wert ist als Konzernprofite. Ihnen sei durchaus bewusst, dass eine Demokratie aus Kompromissen bestünde. Aber die 1,5 Grad seien ja bereits ein Kompromiss.

Eine Rednerin vom Aktionstreffen Klimagerechtigkeit Stuttgart (ATK) ging noch weiter. „Wir können uns nicht auf den Staat verlassen, um die Probleme zu lösen“, sagte sie. Klimagerechtigkeit müsse von unten erkämpft werden. Am Freitag waren sich alle einig: „Deswegen demonstrieren wir jetzt wieder öfter.“