Beim Kochen und der Essensausgabe unterstützen Waldorfschüler die Küchenleiterin Susanne Arend (r.), an diesem Tag sind es Esmée Ouderdorp (li.) und Ida Retter Foto: Julia Bosch

Die „Fridays for Future“-Bewegung fordert, in Mensen nur noch einmal die Woche Fleisch zu servieren. Ließe sich das umsetzen? Und wäre das sinnvoll? In der Waldorfschule in Filderstadt gibt es seit einiger Zeit sogar nur noch alle 14 Tage ein Fleischgericht.

Filder - Nur noch einmal pro Woche Fleisch essen? Für viele Menschen ist das keine denkbare Möglichkeit, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Anders sieht das die „Fridays for Future“-Bewegung in Baden-Württemberg: Die Jugendlichen haben jüngst mehrere Forderungen an die Landesregierung gestellt – und eine davon lautet, in landeseigenen Mensen nur noch einmal in der Woche ein Fleischgericht anzubieten.

Bei jungen Männern braucht es etwas Überredungskunst

In der Waldorfschule Gutenhalde in Filderstadt ist dies längt Alltag. Dort geht man sogar noch weiter; nur alle 14 Tage gibt es in der Schulmensa Fleisch. Das sei seit zweieinhalb Jahren so, sagt die Küchenleiterin Susanne Arend. „Aber auch schon davor gab es nur an einem oder zwei Tagen pro Woche Fleischgerichte. Wir waren schon immer sehr vegetarisch unterwegs.“ Die Kinder und Jugendlichen seien daran gewöhnt. Protest gebe es keinen, nur einige jugendliche Männer, die gerade in der Fitnessphase seien, hätten gerne hin und wieder öfter Fleisch, weiß Arend. „Da braucht es dann etwas Überredungskunst.“ Wem das vegetarische Gericht zu gemüselastig ist, kann stattdessen aber auch immer eine Pastaalternative bekommen. Und immer mehr Schüler würden sich sowieso vegetarisch oder vegan ernähren. „Ich merke auch, dass die Schüler experimentierfreudiger werden. Vor ein paar Jahren wären zum Beispiel Grünkernküchlein noch nicht so gut angekommen – das ist heute anders.“

Manche gehen lieber zum Döner

Früher seien manche in der Mittagspause auch lieber zum nahe gelegenen Döner gegangen, anstatt den „Ökofraß“ in der Waldorfschule zu essen. „Das kommt auch heute noch vor, aber es ist viel weniger geworden“, sagt der Lehrer Ulrich Seifert. Er glaubt, dass dies unter anderem daran liege, dass die Schüler mehr eingebunden seien: In der Mittelstufe helfen alle Schüler mindestens drei Tage im Jahr in der Küche mit: beim Schnippeln, Kochen oder bei der Essensausgabe. „Dadurch wächst das Bewusstsein.“

Der Waldorfschule ist es zudem wichtig, dass die Zutaten saisonal, regional, sowie aus biologischem Anbau kommen. Deshalb bezieht das Küchenteam die Waren zum einen aus dem eigenen Schulgarten, zum anderen von umliegenden Biobauernhöfen, einer Metzgerei sowie anderen Bioanbietern aus der Umgebung. „Gemüse aus China gibt es bei mir nicht“, sagt Arend. „Und wir haben viele Schüler, die regelmäßig für eine bessere Welt demonstrieren – da können wir keine gequälten Tiere auf den Teller bringen.“

Schnitzel ist in der Uni-Mensa nach wie vor der Renner

Beim Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim ist es etwas anders. Eine Sprecherin weist auf das bereits jetzt breite Angebot hin: Täglich gibt es mindestens ein vegetarisches Gericht, donnerstags ein rein veganes. Außerdem gibt es eine spezielle Menülinie namens „Mensa Vital“, bei der es dreimal pro Woche fleischlose Gerichte gibt, die Fleisch- und Fischportionen an den anderen beiden Tagen sind kleiner. „Welches Gericht der Mensagast schließlich auswählt, muss jeder selbst entscheiden“, sagt Nicole Lang, die Sprecherin des Studierendenwerks. Man wolle keine „moralische Erziehungsinstanz“ sein und den Gästen vorschreiben, was sie essen sollen: „Wir bieten ein breites Spektrum an unterschiedlichen Gerichten, beobachten Trends genau und sind bestrebt, auf neue Ernährungsgewohnheiten einzugehen.“ Man achte auch sehr auf Nachhaltigkeit, Saisonalität und Regionalität, trotzdem wollten viele Studierende und Beschäftigte täglich Fleischgerichte haben: „Gerichte wie Schnitzel mit Pommes oder Linsen mit Spätzle und Saiten sind weiterhin der Renner.“

Ähnlich sieht man das auch beim Studierendenwerk Stuttgart. Dort hat man 2015 eine Umfrage unter den Mensa-Essern gemacht. „Die hat gezeigt, dass sich zehn Prozent unserer Gäste vegetarisch ernähren, drei Prozent rein pflanzenbasiert“, sagt Anita Bauer, Sprecherin des Studierendenwerks Stuttgart. 50 Prozent seien Flexitarier, also Leute, die sich überwiegend vegetarisch ernähren und nur hin und wieder hochwertiges Fleisch genießen. Die restlichen seien Fleischesser. Man merke, dass eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und weniger Fleisch für viele immer wichtiger zu werden scheint. „Würden wir aber nur noch einmal pro Woche Fleischgerichte in unseren Mensen anbieten, würden wir unseren Gästen in gewisser Weise vorschreiben, wie sie sich ernähren sollen“, so Bauer. „Das wollen wir bewusst nicht.“

Sind Verbote sinnvoll?

Ob es überhaupt zielführend ist, den Menschen etwas vorzuschreiben? Michael Ahlheim ist Professor für Umweltökonomie an der Uni Hohenheim und untersucht, wie Menschen mit Veränderungen durch den Klimawandel zurechtkommen und wie sie auf staatliche Maßnahmen reagieren. „Einen so hohen Eingriff ins Konsumentenverhalten muss man rechtfertigen können“, sagt er. Man könne aber durchaus argumentieren, dass im Fall des Klimaschutzes externe Effekte vorliegen und der Markt alleine versage: „Also sollte der Staat eingreifen – die Frage ist nur, wie?“ Der Erfolg solcher Maßnahmen hänge davon ab, ob die Bevölkerung sie mittrage: „Sonst wird nach Schlupflöchern gesucht.“ Aus Ahlheims Sicht ist darum ein solcher Zwangskonsum nicht sinnvoll – zumal man auch sehen müsse, welche Ausweichbewegungen dann einsetzten. „Es wird auch Leute geben, die dann sagen: Ich lasse mich nicht bevormunden, dann mache ich das Gegenteil“, sagt Ahlheim, „die gehen dann eben nicht mehr in die Mensa, sondern woanders essen, wo sie Fleischgerichte bekommen.“

Stattdessen solle man lieber beim Konsumenten selbst ansetzen, also informieren, „der Bevölkerung klarmachen, wie es aussieht mit Tierwohl und Klimaschutz“, der Staat könne auch bestimmte Lebensmittel, wie zum Beispiel Fleisch, verteuern. „Die Veränderung muss von den Menschen selbst kommen“, sagt Ahlheim.