Mountainbiker und Wanderer teilen sich gemeinsam eine Route: In Baiersbronn ist das Realität, in Stuttgart wird daran noch gearbeitet. Foto: Baiersbronn Touristik/Ulrike Klumpp

Eine Firma aus dem Schwarzwald arbeitet am Freizeitkonzept Stuttgarter Wald. Matthias Huck erklärt, warum der Streit um Mountainbike-Strecken in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist.

Stuttgart - Bis Anfang 2022 will die Stadt Stuttgart das Freizeitkonzept Stuttgarter Wald vorstellen. Ziel ist, dass die Anforderungen von Naturschutz, Naherholung, Forstwirtschaft und Sport unter einen Hut gebracht werden. Dazu wurde ein Forum für die Nutzergruppen eingerichtet. Mit der Konzeption wurde die Firma Tour Konzept aus dem Schwarzwald beauftragt, die im Bereich Aktiv- und Naturtourismus tätig ist. Der Projektleiter Matthias Huck spricht über die Aufgabe in Stuttgart.

Herr Huck, was kann aus dem schönen Schwarzwaldort Schonach in die Großstadt Stuttgart transportiert werden?

Der Wald als Erholungs- und als Erlebnisort ist überregional ein großes Thema, und seine Bedeutung ist mit Corona enorm gestiegen. Das ist im Schwarzwald so, und das gilt erst recht in einem Ballungsraum wie Stuttgart. Ein Grund für unsere Beauftragung als Planer ist die Diskussion um illegale Mountainbiketrails im Stuttgarter Wald.

Wo ist ihr Konzept bereits aufgegangen?

Jedes Projekt ist anders, und die Thematik in im Stuttgarter Wald ist nur bedingt mit anderen Regionen vergleichbar. Aber in Baiersbronn haben wir das in den Jahren 2016 und 2017 entwickelt. Dort gehören heute Wandern und Mountainbike zusammen – auf den gleichen Wegen und mit viel Rücksichtnahme. Das Projekt war dort eher touristischer Natur, wirkt sich aber auch stark auf ein besseres Miteinander der Einheimischen aus, da jetzt legale Angebote für Mountainbiker vorhanden sind und diese stärker genutzt werden. Es ist eine Konzentration auf diese legalen Strecken festzustellen. Das fertige Wegenetz umfasst 400 Kilometer Mountainbike-Strecke, darauf verlaufen elf Touren von fahrtechnisch anspruchsvoll mit 30-Prozent-Singletrailanteil bis zur reinen Genießertour auf breiten Wegen.

Über Mountainbike-Strecken in den Wäldern wird in Stuttgart intensiv und kontrovers diskutiert. Aber das Freizeitkonzept Stuttgarter Wald will ja sicherlich mehr, oder?

Das ist richtig, das Konzept umfasst viel mehr. Aber Mountainbiken im Stuttgarter Wald ist ein besonders sensibles Thema, bei dem die Meinungen sehr weit auseinander gehen. Und bei dem die erforderlichen Genehmigungsverfahren sehr arbeits- und zeitaufwendig sind, damit die Belange der Biker, der anderen Nutzer des Waldes und des Naturschutzes gleichrangig berücksichtigt werden. Wir stellen fest, dass auch in Stuttgart der Streit über Mountainbiketrails zunehmend eskaliert ist. Das Thema ist sicherlich der anspruchsvollste Teil beim Ausarbeiten eines Freizeitkonzepts.

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Und wie gehen Sie konkret vor?

Am Anfang ging es vor allem darum, alle Akteure an einen Tisch zu bringen. Das war kein Selbstläufer, da die Ansichten der Beteiligten zum Teil doch sehr weit auseinander lagen. Vertrauensbildung war nötig. Damit das gelingt, wurde zusätzlich noch eine Kommunikationsagentur für die Moderation verpflichtet. Denn wir sind in dem Projekt Fachplaner und können schwer gleichzeitig die Rolle neutraler Moderatoren einnehmen. Im November vergangenen Jahres haben wir für die Aufgabe in Stuttgart den Auftrag bekommen, im Januar haben wir konkret damit begonnen, die Akteure zusammenzubringen.

Und was haben Sie bisher erreicht?

Das A und O ist gegenseitiges Vertrauen. Inzwischen hat es sechs Sitzungen mit allen Akteuren gegeben. Diese wurden umfassend protokolliert, und jeder kann die Ergebnisse im Netz nachlesen. Diese Transparenz ist notwendig. Bereits früh im Prozess gab es eine Aufteilung in Arbeitsgruppen, die inzwischen ihre Ergebnisse vorgestellt haben. Jetzt schreiben wir aktuell eine Konzeption, die wir im Winter vorstellen werden.

Sie wissen also schon, wo künftig Mountainbike-Strecken verlaufen könnten?

Es gehört zur vertraulichen Zusammenarbeit im Prozess, dass keiner der Beteiligten vorprescht, indem er Gelegenheiten wie diese nutzt, um etwas zu verkünden, was nicht ausreichend vorher abgesprochen ist. Daran halten natürlich auch wir uns.

Kommen wir zum Thema Wanderwege. Die Stadt Waldenbuch hat einen so genannten Premiumwanderweg eingerichtet, den Herzog-Jäger-Pfad. Ist das ein gutes Beispiel für Stuttgart?

Es gibt das Deutsche Wanderinstitut, das Anforderungen formuliert für herausragende Wanderwege. Diese bekommen ein Zertifikat, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Da gibt es Qualitätskriterien zu Aussichtspunkten, zum gastronomischen Angebot und vielem andere. Es ist vor allem ein Instrument aus dem Tourismusmarketing. Beim Freizeitkonzept für den Stuttgarter Wald steht die Alltagsnutzung durch die Bürgerinnen und Bürger im Fokus. Hier geht es eher darum, dass etwa viele Infotafeln desolat sind und dass die Wegweisung zu unübersichtlich ist. Hier gilt: Weniger ist oft mehr. Ein anderes Thema ist die Frage der Müllproblematik. Generell ist eine Kommunikationskampagne notwendig, die darüber aufklärt, was im Wald möglich ist und zugleich Verantwortungsbewusstsein schafft.