So lässt es sich aushalten – vor allem, wenn sich das Becken im Garten befindet. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Von den Ämtern ist zu privaten Schwimmbecken fast gar nichts zu erfahren, denn die meisten sind genehmigungsfrei. Doch es gibt Leute, die erzählen können, wie viele sich hinter dem Haus einen Pool gönnen.

Filder/Esslingen - Der Pool wurde von der Tagesordnung gestrichen. Es gebe noch Klärungsbedarf, heißt es. Sonst ist wenig über das Bauprojekt zu erfahren. Nur, dass der Pool in Steinenbronn gebaut werden soll, und dass er baurechtlich ein Thema ist. Sonst wäre er nicht auf der Tagesordnung des Gemeinderats gestanden. Ein Pool im Garten – spätestens in Corona-Zeiten, in denen Reisen nicht drin sind, dürfte so manchem mit dem nötigen Kleingeld dieser verlockende Gedanke gekommen sein. Aber auch schon vor Corona sind die Sommer wärmer geworden, und Zinsen gibt es keine mehr fürs Geld, warum nicht anlegen im privaten Poolparadies? Gibt es einen Trend zum Schwimmbecken hinterm Haus? Gut abgeschirmt vor neugierigen Blicken?

Viele Pools brauchen keine Genehmigung

Über Pools ist auf amtlichem Weg herzlich wenig zu erfahren. Ein Becken, das nicht mehr als 100 Kubikmeter Wasser fasst und sich innerhalb des Baufelds befindet, darf ohne Wissen der Behörden gebaut werden. 100 Kubikmeter, „das ist schon eine ganze Menge“, sagt Michael Bläske, der Leiter des Baurechtsamts in Leinfelden-Echterdingen. Wie viele Pools sich in ihrem Gebiet befinden, können weder Leinfelden-Echterdingen noch Filderstadt noch Steinenbronn abschätzen. Es fehlt schlicht an den Zahlen. Sowohl aus Steinenbronn als auch aus Filderstadt ist zu hören: Dass sich die Kommune mit Poolbauten befassen musste, sei vorgekommen, aber die Ausnahme, sagt beispielsweise Wolfgang Kaiser, Leiter des Baurechtsamts in Filderstadt. Sein Kollege aus L.-E., Michael Bläske, kann auch nicht mit stichfesten Daten dienen. Vom Bauchgefühl her „könnte man es meinen“, dass es einen Trend zum eigenen Pool gibt. Ihm fallen auf Anhieb vier Projekte im vergangenen Jahr ein, sagt Bläske. Und das seien nur die, von denen er wisse.

Ob es einen Trend gibt oder nicht, können am besten diejenigen beurteilen, die die Schwimmbecken bauen. Auf den Fildern ist unserer Redaktion keine solche Firma bekannt, aber im Landkreis Esslingen. Und diese Schwimmbecken-Bauer, -Hersteller und -Händler sagen: Poolsboomen. Wenn auch oft in kleineren Varianten als dem betonierten Becken. Cedrik Mayer-Klenk, Vorstandsvorsitzender der Chemoform AG in Wendlingen, spricht von einem riesigen Zulauf.

„Wir liegen jetzt schon 50 Prozent über dem gesamten Vorjahr“, sagt Mayer-Klenk für den Teilbereich Aufstellbecken. Die Lager seien leer. Obwohl die Produktion in Frankreich auf vollen Touren laufe, gebe es aktuell Wartezeiten von mehreren Wochen. Geliefert wird unter anderem an Baumärkte. Die Gründe für den Planschbecken-Trend: vielschichtig. Familien legten mangels Freibad- oder Strandperspektive ihr Urlaubsbudget um und investierten ins Wasservergnügen daheim. Bei Älteren sei nicht selten der Gesundheitsaspekt ausschlaggebend.

Hauptsache so schnell wie möglich

Auch anderswo gehen die Menschen in der Krise daheim baden. Bei SSF in Deizisau ist das Interesse der Kunden ebenfalls gewaltig. Laut dem Geschäftsführer Heiko Böttcher haben sich die Anfragen fast verdoppelt. In Zeiten sinkender Börsenkurse und Negativzinsen suchten die Menschen demnach bleibende Werte – und investierten ins Zuhause. Wellnesseinrichtungen erhöhen die Attraktivität und damit den Marktwert eines Objekts, betont Heiko Böttcher. „Ein Pool ist immer ein Highlight.“ Doch nicht nur von Privatleuten kämen aktuell massig Aufträge. Hotels etwa zögen Sanierungen vor. Hauptsache so schnell wie möglich, „das kommt noch vor dem Geld“.

Bei der Firma Fahrion in Notzingen steht das Telefon ebenfalls nicht mehr still. Das Familienunternehmen, das sich auf den Garten-, den Landschafts- und den Poolbau spezialisiert hat, verzeichnete in den vergangenen sechs Wochen etwa 30 Prozent mehr Anfragen. Der Garten wird zunehmend zum zweiten Wohnzimmer, hat der Junior-Chef Alexander Fahrion erfahren. Cocooning nennen Forscher den Trend zum Rückzug ins häusliche Privatleben, zum Einigeln daheim – vor allem in unsicheren Zeiten. Bereits in der Finanz- und Bankenkrise 2008 hätten Menschen vermehrt ihre Gärten aufgehübscht, weiß Alexander Fahrion. Einen ähnlichen Reflex gebe es während Corona, „weil einfach nicht absehbar ist, wie lang Urlaub nicht möglich sein wird“.

Der Freizeitwert gewinnt an Bedeutung

Dabei gelte ein Schwimmbecken längst nicht mehr als Luxusobjekt, zumal viele Kunden bereits mit einem kleinen Naturpool oder einem Minibassin zur Erfrischung zufrieden seien. „Bei manchen Leuten steht heute weniger das Auto im Mittelpunkt, sondern der Freizeitwert“, hat Alexander Fahrion festgestellt.

Während in deutschen Privathaushalten Schwimmbecken voll im Trend liegen, muss der Wendlinger Vorstandsvorsitzende Cedrik Mayer-Klenk anderswo jedoch differenzieren. Eine Tochterfirma etwa, die den Bereich öffentliche Schwimmbäder abdecke, habe aktuell Probleme. „Viele Kommunen haben eine Ausgabesperre verhängt.“ In manchen Ländern, etwa in Kroatien, liege der Markt momentan darnieder. In Deutschland aber, so glaubt er, wird der Run auf Pools keine Eintagsfliege bleiben. Durch den Klimawandel wird es hierzulande wärmer, Techniken wiederum würden sparsamer und bezahlbarer. Er betont: „Den positiven Grundtrend sehen wir.“