Georg Spinner ist der Vorsitzende des Feuerwehrverbands im Rems-Murr-Kreis. Foto: privat

Die Freiwilligen Feuerwehren im Rems-Murr-Kreis sind nach Ansicht von Georg Spinner, dem Vorsitzenden des Kreisfeuerwehrverbandes gut aufgestellt. Was er vermisst, ist eine bessere Anerkennung des mitunter gefährlichen Ehrenamts.

Leutenbach - Die Freiwilligen Feuerwehren im Rems-Murr-Kreis sind gut aufgestellt, sagt der Verbandsvorsitzende Georg Spinner. Dennoch müsse ein Einsatz in dem mitunter gefährlichen Ehrenamt besser gewürdigt werden.
Herr Spinner, die Stadt Waiblingen leistet sich seit Neuestem einen hauptamtlichen Feuerwehrkommandanten. Wäre dieser nicht schon längst nötig gewesen?
Diesen Schritt hat Waiblingen ja nicht erst jetzt vollzogen. Die bisher ehrenamtlichen Kommandanten haben ihre Tätigkeit auch schon als Verwaltungsangestellte wahrgenommen. Die Schaffung der hauptamtlichen Stelle hat hier andere Gründe. Schon lange reicht eine „einfache Führungsausbildung“, wie sie die ehrenamtlichen Kommandanten erhalten, nicht mehr aus, um eine Feuerwehr in dieser Größe zu führen.
Müssten Ihrer Ansicht nach auch andere Ebenen innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr professionalisiert werden?
Wir sind nicht bei „Wünsch Dir was“ und müssen aufpassen, dass aus Freiwilligen Feuerwehren nicht Berufsfeuerwehren werden. Es macht sicherlich Sinn, dass bei großen Feuerwehren, die eine höhere Einsatzhäufigkeit haben, städtische Mitarbeiter tagsüber mit in den Einsatz gehen. Dies geschieht zum Teil auch schon. Viele größere Feuerwehren haben zudem zur Wartung und Pflege der Geräte und Fahrzeuge Mitarbeiter in Vollzeit eingestellt.
Wie steht es um das Modell Freiwillige Feuerwehr insgesamt?
Die Freiwilligen Feuerwehren im Rems-Murr Kreis sind sehr solide ausgestattet und auf einem hohen Ausbildungsniveau.
Wie professionell werden die ehrenamtlichen Feuerwehrleute ausgebildet?
Jeder Angehörige bekommt eine 70-stündige Grundausbildung, danach noch je nach Fähigkeit zusätzliche Ausbildungen im Bereich Atemschutz, Sprechfunk oder als Maschinist. Nach weiteren zwei Jahren sind ein Truppführerlehrgang und weitere Fachausbildungen möglich, so dass ein durchschnittlicher Feuerwehrangehöriger je nach Dienststellung bis zu 200 Stunden Ausbildung in zwei bis drei Jahren erhält.
Wie groß ist die Bereitschaft von Arbeitgebern, ihre Arbeitnehmer von einer Sekunde auf die andere zu entbehren, weil es irgendwo brennt?
Die Bereitschaft ist im Augenblick noch gegeben. Firmeninhaber schätzen die Arbeit der Feuerwehr und wissen auch um die persönlichen Fähigkeiten der Feuerwehrangehörigen. Sie haben soziale Kompetenzen, sind belastbar, verlässlich und verantwortungsbewusst. Jedoch stehen die Firmen immer mehr unter Kostendruck und so werden manche Ausfälle der Arbeitnehmer als Störung des Betriebsablaufs angesehen.
Viele Feuerwehrleute arbeiten nicht an dem Ort, an dem sie wohnen und wo sie Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr sind. Wie schaffen es die Einheiten, in kürzester Zeit genügend Löschmänner zu aktivieren?
Heute schon haben einige Feuerwehrangehörige Doppelmitgliedschaften. Sie rücken tagsüber bei den Feuerwehren an dem Ort, an dem sie beschäftigt sind, aus und abends in ihrer Heimatfeuerwehr. Da kommt uns die einheitliche Feuerwehrausbildung im Land sehr entgegen.
Wie ist die Nachwuchsentwicklung?
Mit rund 900 Angehörigen haben die Jugendfeuerwehren derzeit noch eine gute Entwicklung. Der „Kampf“ um Nachwuchs nimmt allerdings in allen Bereichen stetig zu, sei es nun im Breitensport oder im Musikverein. Mit der Gründung von Kindergruppen wollen wir uns hier in spielerischer Art besser positionieren.
Wie sind die Rahmenbedingungen für die ehrenamtliche Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren, was ist verbesserungsfähig?
Unsere vier Fs in der Feuerwehr (Firma, Familie, Freizeit und Feuerwehr) müssen besser in Einklang gebracht werden. Sprich: die Einbindung der Familie in die Feuerwehrfamilie muss verbessert werden, Kinderbetreuung in Zeiten von Ausbildung und Einsatz müssen organisiert werden. Auch die Anerkennung des Ehrenamts sollte stärker hervorgehoben und gewürdigt werden. Wer seine Freizeit und seine Gesundheit zum Schutz anderer einsetzt, verdient eine höhere Anerkennung.
Fast jeder (Teil-)Ort leistet sich seine eigene Feuerwehr. Ist dieses Grenzdenken heute noch zeitgemäß, wäre man durch Fusionen nicht schlagkräftiger, räumlich und gerätetechnisch besser ausgestattet?
Dieses Grenzdenken hat sich längst überholt. Im Rems Murr Kreis gibt es dafür schon sehr gute Beispiele. Remshalden hat vor Jahren seine Abteilungen gebündelt und zu einer großen Abteilung zusammengelegt. Auch Berglen hat aus vielen kleinen Standorten Berglen Süd und Nord gegründet. Winnenden hat durch die Gründung der Abteilungen Buchenbach, Zipfelbach und Stadtmitte seine Einheiten auf drei zusammengeführt. Die Feuerwehr denkt heute nicht mehr vom Kirchturm aus, sondern ist im ständigen Dialog mit den Abteilungen und den Kommunen. Und dort, wo es Sinn macht und für stärkere und bessere Ressourcen sorgt, werden Abteilungen zusammengeführt. Weitere Fusionen werden in den nächsten Jahren folgen.