Bei bestem Wetter schwingen die Tanzfreudigen die Hüften. Foto: /Jeanette Bak

„Tanz für alle“ heißt es beim Colours Playground in Stuttgart. Eric Gauthier und andere Tanzschaffende bieten Workshops und mehr – als Auftakt zum Colours International Dance Festival.

„Strike the pose – alle mal eine eigene Pose einnehmen, ja super!“ Choreograf und Tänzer Eric Gauthier streckt keck einen Arm von sich, klappt das Handgelenk elegant um, schiebt eine Hüfte zur Seite. Und viele Menschen, von ganz jung bis älter, versuchen das auch. Sie formen Arabesken in der Luft, lassen mit den Fingern Regen prasseln, umrahmen ihr Gesicht mit den Händen, um dann in einer individuellen Haltung zu pausieren.

 

Wie ein Model auf dem Laufsteg – und wie es Gauthier just vormacht. Der Chef der Theaterhauskompanie Gauthier Dance demonstriert, was „Voguing“ ist. Der expressive, körperbetonte Tanzstil entstand in der New Yorker Ballroom-Szene der frühen 1980er-Jahre – und Superstar Madonna sollte diesen mit dem Song „Vogue“ populär machen. Ihr Hit läuft denn auch, während etwa 70 Begeisterte vor noch mehr Zuschauenden das Posieren proben auf den Brettern des Colours Playground, der Freitanz-Fläche auf dem Schlossplatz.

„Tanz macht glücklich“

Drei Tage lang bieten dort Gauthier und weitere Tanzschaffende Workshops, Kurse, ein Tanzcafé und mehr, also „Tanz für alle von 9-99“ gratis. „Colours in the City“ ist das Programm überschrieben jenseits des Theaterhauses, wo ab 26. Juni das Colours International Dance Festival über die Bühne geht.

Die Teilnehmer hatten offensichtlich ihren Spaß. Foto: Ferdinando Iannone

Gauthier möchte ganz Stuttgart in Bewegung bringen. „Tanz macht glücklich“, ist er überzeugt – und das sieht man denn auch auf dem Playground. Schon zuvor haben die ganz Kleinen fröhlich hungrige Löwen à la Bollywood und Ohren waschende Kaninchen auf der Suche nach Karotten gegeben, mit ihren Mamas, Papas, Opas und Omas den Torwart und Fallrückzieher geübt, zu Peter Fox’ Klängen eine Affenhorde gemimt, bevor es zum „House of Madonna“ ging. Mit „House of ...“ bezeichneten einst Voguing-Stars wie Willi Ninja ihre spektakulären Moves, inspiriert von den edlen Modehäusern und der Zeitschrift Vogue.

Es geht um das Einfühlen und Loslassen

Leidenschaftlich geht es dann mit Vera Lempertz weiter. Die Chefin des Tango Ocho in den Wagenhallen erklärt auf der Colours-Spielwiese, worauf es bei dem argentinischen Paartanz – längst Immaterielles Kulturerbe der Menschheit der UNESCO – neben den Schritten vor allem ankommt. Auf das Einfühlen und Loslassen: „Dem führenden Partner, der Partnerin folgen. Macht er oder sie langsam, langsam machen. Schneller, dann schneller. Eine Pause? Pause machen. Links zurück und zur Seite.“ Lempertz beginnt, wiegt mit ihrer Partnerin hin und her, schiebt sie schließlich gefühlvoll ein Stück über die Tanzfläche.

Die ist voll, zahlreiche Paare unterschiedlicher Konstellationen tun es den beiden nach, erst zur Musik aus der Retorte, dann zu Live-Klängen: Lempertz hat für den Milonga-Abend, der an den einstündigen Tangokurs anschließt, die Band Bluesette mitgebracht. Wie heißt es im Programm über den sehnsuchtsvollen Tanz? Er bringe zur „Insel der Träume“. Das sieht man so manchem Gesicht an.